Das war ja dann so, dass ich vor ca. 75.660 Minuten auf der sonnigen Terrasse mit einem weniger solchem Gemüt an einem Familienlogistischenfeinabstimmungstermin teilnahm. Alles nur wegen der Schule, in die Cabkid1 nun geht und die, wie bekannt, Ferienzeiten umsetzt und mich damit stresst. Anarchoherz, ich hör dir pochen, also bei mir jetzt, wegen des vermeintlichen Zwanges, den ich da so spür.
Egal.
Ich sagte zur lieben Frau: „Jut, ich mach dann die erste Oktoberwoche. Ich pack die Jungs und den ganzen Krempel für eine Woche ein und fahr mit denen nach Schweden, in dieses Haus da, mit Panoramascheibe zum See, mitten im Wald, beladen mit all dem ungesunden Essenszeugs und dann machen wir eine Woche Herrenurlaub. So mit Wandern, Angeln, Kanufahrt, Sauna und Tiefkühlpizza und all die Bücher, die ich immer vorhatte, zu lesen.“
Die Frau zeigte sich entrüstet: „Ohne mich?! In der Woche deines Geburtstages?!“
Hatte sie einen Punkt.
Egal.
Es scheiterte daran, dass ich dieses Haus nicht bekam und dass alle Alternativen preis-/leistungstechnisch nicht überzeugten, weswegen ich dann beschloss, den Zwangsurlaub damit zu verbringen, den Keller zu renovieren und die Garderobe um zu bauen.
Das war der Plan.
Dann kam der Freitag, der abstimmungs- und gewohnheitsgemäß meist nach Donnerstag und bestimmt vor Samstag kommt und in dieser Eigenschaft dem nachfolgenden Wochenende voranstehend die anschlüssige Urlaubswoche einläuten sollte, was ich jetzt nur erkläre, damit Sie wissen, dass es sich auf gar keinen Fall um einen gewöhnlichen Freitag, sondern um den v o r dem Urlaub handelte und an welchem um 19:00 Uhr ein freundlicher Hipster an der Tür klingelte und mir mitteilte: Das Wohnmobil ist da. AHA.
Cabwoman nämlich hatte, in aller Heimlichkeit und als Geburtstagsgeschenk, ein solches Gefährt gemietet, auf das meine härmende und gar grämende Seele, andächtig der verlorenen schwedischen Wonnen, vor Freude erblühen möge, wo sie doch nun die Freuden und Privilegien erfahrbarer Freiheit erleben sollte und das sogar in Schweden.
Nun ja.
Meine Campingkarriere endete seinerzeit so schnell wie sie begann, im Sommer 1988, als ich mit Hansen und Kampfi zum ersten Mal ohne Eltern unterwegs war und wir unsere Urlaubskosten anteilig durch nächtlichen Leergutdiebstahl zu refinanzieren versuchten:
Vom Hinterhof des Campingplatzkiosks stahlen wir 5 Bierkisten Leergut, die wir am nächsten Tag in die Finanzierung eines neuen Kastens einfließen ließen. Mit diesem Finanzierungsmodell waren wir im real existierenden Sozialismus der Zeit natürlich weit voraus, sozuschreiben Avantgarde der aufziehenden neuen Zeit und wurden bereits beim zweiten Betrugsversuch überführt und erhielten mit der Anmerkung, "ich war ja auch mal jung." zum Glück nur Platzverbot. Heute macht Nestle "sowas Ähnliches " ganz legal und bekommt natürlich keinen Platzverweis.
Als junge, arme Libertiner kam es uns überhaupt gar nicht in den Sinn, heim zu reisen. Wir suchten und fanden einen neuen Zeltplatz, der recht annehmlich war und zwar bis zu dem Tanzveranstaltungsabend, an dem wir uns eine wilder Pogerei mit der ortsansässigen Jugend lieferten und zwar u.a. zu diesem schönen "Lied", welches sinnigerweise in einer Textzeile den Verlauf des weiteren Abends skizzierte: „Zwanzig gegen einen, bis das Blut zum Vorschein kommt. Ob mit Stöcken oder Steinen, irgendwann platzt jeder Kopf.“
Jut, es waren nicht zwanzig, ehrlicherweise kann ich mich nicht daran erinnern, wie viele es waren, denn 1., euer Ehren, hatten wir uns ein kleines Bier gegönnt und 2. haben die uns so vermöbelt, dass kurz die Lichter aus waren. Ich erinnere nur, dass jeder von uns von zwei Typen jeweils links und rechts am Arm festgehalten wurde, während zwei andere sich einen Spaß draus machten, mechanisch auf unsere Physiognomie einzuwirken, sehr zur Freude umstehender junger Menschen.
Seit diesen Tagen war ich dann auch nicht mehr Zelten, habe ein gespaltenes Verhältnis zu Mecklenburg-Vorpommern und meine Zehnägel kräuseln sich, wenn ich den Akzent höre. Das Lied mag ich aber trotzdem noch.
An all das musst ich nicht direkt denken, als Schweden witterungsbedingt als mögliches Reiseziel ausfiel, aber ein bisschen eben doch. Egal. Hier die Top 4 der Womo-Reise:
1.
War gar nicht während der Reise, sondern danach, als Cabkid2 damit protzte, dass seine gekauften “Bärensteine“ viel mehr sind, als die von Cabkid1 auf Rügen gesammelten (Siehe Bild), was rein numerisch auch stimmt. Cabkid1 blieb aber entspannt und entgegnete: Na und? Meine sind aber mehr wert, weil ich die selbst gesammelt habe. Hach, will man da nur seufzen.
2.
Diese Sturmnacht, die wir im Womo auffem Darß verbrachten und das Ding gewackelt hat wie meine Zähne nach der Schlägerei damals. Der Regen dazu und die Enge der Gegebenheit, Umstände, die mir das Gefühl einer herzerweiternden Geborgenheit gaben.
3.
Eine Nacht auf dem Nordstrand in StPO, die so dunkel und sternenklar war, dass man das Gefühl hatte, man würde ein Sternenbad nehmen, während Raum und Zeit sich aufhoben. Ich frage mich immer noch, ob es dahinter was geben könnte.
4.
Die Nachtwanderung, welche die beiden Djangos unbedingt machen wollten und die dann recht schnell endete, weil ihre Stirnlampen die Szenerie so gespenstisch ausleuchtete, dass es überall Gespenster gab. Überall(!), Papa!
PS: Ich? Im Womo?..... würde ich wohl wieder machen.
PPS: Merci!
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