Mittwoch, 9. Dezember 2009
Ich, das Raubtier
Liebe Freunde,

seit drei Tagen mit Einstellungsgesprächen beschäftigt, das schlaucht ohne Ende, gerade bei soviel komischen Menschen. Egal, ich wollte dies hier schreiben:

Vor zwei Wochen, Frau Hora wird es bestätigen können, weil sie einen Teil des Telefonates seinerzeit mitbekam, habe ich mich schützend und vehement vor einen Mitarbeiter aus einer anderen Abteilung gestellt. Man wollte ihm kündigen. Ein Umstand, der gerechtfertigt wäre, den ich aber nicht in dieser Form mitgehen konnte und kann. Nach meiner Überzeugung hat jeder seine Chance zur Verbesserung verdient. Lange Schreibe, kurzer Sinn. Ich habe mich 1:2 durchgesetzte und dabei auch meinen Chef ausargumentiert.

Heute nun, so gegen 17.00 Uhr, nach einem bereits wirklich langen Tag, nach dem ich nur ins Hotel wollte, folgte das Korrekturgespräch. Da ich mich so für diesen Mitarbeiter eingesetzt hatte, wurde ich verpflichtet, daran teilzunehmen, allerdings als bad cop. Das geht, das ist Teil des Spiels, allerdings einer der ungeliebten.

Also saßen wir da vorhin, der eigentliche Chef des MAs, der Personalchef und ich. Intension des Gespräches war es, dem MA die Augen zu öffnen und Tacheles zu reden. Habe ich auch gemacht.

Menschen die mich immer nur als gutgelaunte Privatperson kennen, oder meine Familie, glauben mir manchmal nicht, dass ich auch eine gewisse Härte an den Tag legen kann. Meist will ich das auch nicht. Ich halte Kooperation für den richtigen Weg, in allen Belangen. Aber in dieser Situation ging es darum, dem MA aufzuzeigen, dass er mit seinem Job spielt und auf verdammt dünnem Eis tanzt.

Leider war der arme Kerl viel zu blöd, die Situation richtig einzuordnen und hat mir so akkurate Steilvorlagen gegeben, dass es eine Freude für jeden Verhandlungsführer gewesen wäre. Soweit so gut.

Was mich daran beschäftigt ist die Frage: Wo kam dieser Killerinstinkt bei mir her. Ich bin den MA wirklich hart angegangen, da war keine Rücksichtnahme, wie ein Raubtier habe ich mich auf ihn gestürzt und seine komplette Argumentation auseinandergepflügt und ihn mit seinen eigenen Worten so in die Enge getrieben, dass er Tränen in die Augen bekam.

Es wird mir jetzt bewusst, wo ich zwei Zigaretten geraucht habe und über diese Gespräch reflektiere. Im Treffen selbst war nix da, keine Gnade. Ein Teil, der mich in Rage brachte, war diese Dummheit des MAs und der andere Teil waren diese Ausflüchte, Lügenkonstrukte und diese Weichheit. Ich will lieber raufen als Männer weinen sehen.

Und dann kam der Punkt, wo der MA zu zittern anfing, er bleich wurde und ich wirklich dachte, der kippt mir gleich vom Stuhl. Der Personaler und ich fragten ihn, ob er irgendwie was brauchte, aber er wollte nichts von Hilfe wissen. Ab da habe ich drei Gänge zurückgeschaltet und das war immer noch ausreichend, dieses Gespräch völlig zu dominieren. Da war keine Gegenwehr und ich dachte Ein-. Zweimal, sein Chef müsste sich nun vor ihn stellen, doch es kam nix.

Egal, irgendwann war ich müde – es war bereits 20.00 Uhr- und wir fanden versöhnliche Worte des Abschlusses und doch fühlte ich mich danach schlecht.

Ich hasse den MA dafür, dass er mich in diese Rolle drängte, was nun aber auch egal ist, denn er wird mich mit Sicherheit richtig Scheiße finden, dabei war ich es, der ihm seinen kleinen Mädchenarsch bis nach Weihnachten gerettet hat. Aber das wird er nie erfahren.

Danach kam der Personalschef und meinte: Erst haben Sie heute morgen den Bewerber fast bis zum Wutausbruch gebracht und nun haben Sie so klare und sehr deutliche Worte gefunden, dass ich mich frage, warum Sie nicht in der Personalabteilung anfangen.

Im Leben nicht. Ich kann sowas nicht hauptberuflich machen und sollte der MA doch im März das Boot verlassen müssen, werde ich ihm diese Nummer heute erklären, weil so ein ganz kleines bisschen schäme ich mich. Echt.


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Sonntag, 6. Dezember 2009
Heimathafen 2
Bier und Regen. Chilli und grandioser Sieg. Ringelstrümpfe und kleines Glück. Grünes Kreuz als Rock. Charmant, begehrenswert. Volle Stadt, Nervenzusammenbruch, Frau, die souverän das Gefährt durch die Stadt lotst. Vertrauen, unendlich. Lachen, auch wenn es Grau ist. Freunde. Ein Duschvorhang. Es gibt nichts, was wir nicht könnten. Wir werden es immer probieren. Mehr gibt es nicht zu wollen. Nachtruhe wegen Verpflichtungen, morgen. Zähle die Tage bis zum Urlaub. Völlig erschöpft. Müde. Kann aber immer noch lieben. Sehr. Und das ist das Wichtigste. Amen.


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Dienstag, 1. Dezember 2009
In all den Berufsjahren...
...zum ersten Mal das Limit der Kreditkarte gesprengt.(London zählt nicht).

Man entwickelt Beklemmungen, wenn Selbstverständlichkeiten sich im süffisantem Lächeln des Tankstellenknechtes in Wohlgefallen auflösen.

Mitleidiges Lächeln geschenkt bekommen.

Mich gefragt, wo die Kohle hin ist.

Kurz überlegt.

Länger überlegt.

Kohle ist in Hotels, Flugtickets und Tankfüllungen. War ein langer, anstrengender Monat mit viel zu wenig Schlaf.

Zuviel unterwegs, zu viele Schlägereien, gerade jetzt.

Kollege muss nun mein Zimmer bezahlen. Ich hasse dieses Gefühl der Abhängigkeit. Luxusproblem. Wenn es sonst nichts gibt?

Gibt es nicht. Ausser: Bin gerade in Kopenhagen, ich werde seekrank, weil mein Bett im Wasser steht und es ist verdammt arschkalt. Mag daran liegen, dass es heute ausser Frühstück im Heimathafen noch nix gab. Wird es auch nicht, kann ja nicht bezahlen. Werde sehr dünn zurückkommen.

Vielleicht passt dann das Sakko wieder. Wir bleiben gespannt.


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