Donnerstag, 20. Oktober 2011
Mindestnachdenkbarkeit


Und vorneulich, im total teueren Hotel, schrie ein buntes Bildchen mich vom ebenso teueren Superhighendflatscreen an und ich dachte, Thrilling, Sexy, Digital... die meinen Bloggen und dann war es doch nur Pay TV und es muß die Frage erlaubt sein, warum es diese antiquierte Form der Zerstreung nur noch in so Nobelschuppen gibt? Das wundert mich tatsächlich.

Und vorgestern erzählte man mir den ganzen Tag auf NDR-Info, an zweiter und damit prominenter Stelle im Highendsupercommandsystem meines Autos gespeichert, dass es nun eine Initiative gibt, wonach man den Begriff Mindesthaltbarkeit auf Verpackungen von Lebensmitteln ersetzen möchte.

Es werden ca. 20. Mio Tonnen Lebensmittel jährlich in Deutschland unnötig weggeworfen und ein Grund hierfür sei, dass diese Bezeichnung, Mindesthaltbarkeit, missverständlich sei. Aha. Warum?

Ich glaube ja, dass man die Auswirkungen einer verfehlten Bildungspolitik nur bedingt mit Gesetzesinitiativen auffangen kann und nix anderes scheint mir hier der Fall zu sein.

Würde man dem ominösen Wutbürger, der immer nur dann wütend wird, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, weil er zu faul, oder zu dumm ist, mal beibringen, vorher nachzudenken, also ich glaube die Welt wäre dann friedlicher, schon allein weil es nicht mehr so viel Grund zur Wut gibt, z.B. über unsinnige Gesetze und Verordnungen.

Was aber, verdeutlichte man sich das>>linguistische Relativitätsprinzip<<, die Forderung nach der Änderung eines sich selbsterklärenden Begriffs über die Wahrnehmung der Umwelt von bestimmten Verbauchern bzw. deren politischen Vertretern aussagt, lässt mich schaudern.

In deren Welt, die nicht meine scheint, ist die Dummeheit gewollt und mit einem Gesetz zu steuern. Wie weit, liebes Volk, bist du bereit, deine Eigenverantwortung aufzugeben?

Ob der Vorschlag, die englische Variante mit Best before einzudeutschen und als Am Besten bis auf die Verpackungen zu bringen eine Lösung der Lebensmittelverschwendung ist, darf bezweifelt werden. Gerade bei uns, wo die Werbung dem Wutbürger doch immer erzählt, dass das Beste gerade gut genug ist, will man sich doch nicht mit weniger zufrieden geben.

Und dann gab es gestern im Radio die Diskussion, ob der Vorschlag von Herrn Ramsauer, eine generelle Helmpflicht für Radfahrer einzuführen, sinnvoll ist, oder nicht.

Argumentiert wird dieser Vorschlag mit einer Statistik, die besagt, dass 40% aller tödlichen Radunfälle auf Schädelverletzungen zurückzuführen sind. Aha.

Mich würde nun aber interessieren, wieviele Unfälle, egal ob tödlich oder nicht, darauf zurückzuführen sind, weil Radfahrer auf Straßen ausweichen und sich somit einem erhöhtem Risiko aussetzen müssen.

Ich frage das als Betroffener, weil hier in Hamburg eben nicht ausreichend und gut ausgebaute Radwege zur Verfügung stehen und weil ich glaube, dass auch in dieser Frage Ursache und Wirkung nicht berücksichtigt werden.

Wo aber Ursache und Wirkung leicht erklärt werden können ist in diesem Blog. Meine Abstinenz (Danke für die Mail) liegt einzig in der vielen Arbeit begründet.

Als schönstes Bild erinnere ich die Landung, morgens, 06.55 Uhr in CPH, als die Sonne gerade aufging und der Frühnebel über das Vorfeld kroch;

als die tausend Leute in München zum Oktoberfest wollten;
als wir uns in Oberbayern in so einem Landgasthof abgeschossen haben;
als die ältere Dame im Abteil mir bis Karlsruhe ihre Lebensgeschichte erzählte;
als die junge Zugbegleiterin ab HH-Hbf völlig erschlagen neben mir bis Altona saß und meinte, dass war nun ihre erste Fahrt;
als ich Herrn Kid besuchte und seine Frau Mutter kennenlernen durfte und dieses tolle Bild von der Sonne über der Alster machte;
als ich völlig übermüdet mit dem Taxi durch das nächtliche, verregnte Hamburg glitt und der Fahrer fragte, ob er die Musik leiser machen soll;
als ich mit Cabwoman und Mama den Drachen an der Elbe steigen ließ;
als das Navi mir sagte, in 578km, so gegen 06.35 Uhr bin ich Zuhause;
als ich mit der handvoll Derer, die mir besonders wichtig sind, an meinem Geburtstag um den Feuerkorb saß....

eigentlich mag ich alle und bin sehr zufrieden. Mit allem so, auch wenn das nun wieder total nicht en vogue ist. Ist mir aber auch egal.

Danke fürs Interesse ;-)








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schön, dass Sie mal wiede hier waren! :o)
und Sie waren sogar bei mir in der Nähe ...

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Oh, ich bin hier fast täglich, nur zum Schreiben reicht die Zeit manchmal nicht, oder die Muse, oder die Geduld.

Mannem, nicht wahr?

Das stand ich im Stau, auffem Weg nach Basel. Schön da.

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jo, Monnem ...
und auch von mir:
Nachträglich alles alles Liebe!

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Ah, MONNEM. Nun hab ich es wieder. Ich war mir nicht sicher, wie das ausgesprochen wird.

Dann wissen Sie ja vielleicht, an welchem Würstchenstand ich dieses Bild aufnahm:




DANKE!

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Da sind sich
die Mannemer, respektive Monnemer selber nicht ganz einig: So heißt die Stadt im stärker odenwäldisch beeinflussten Norden Monnem, im eher badischen Süden, etwa in Rheinau und Neckarau hingegen Mannem.

Ob dieses Parkhaus nun in Mannem oder Monnem steht, da muss ich als Exilant leider passen.

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Weder noch. Steht in Heilbronn, was ja quasi umme Ecke ist.

Und Danke auch für den Hinweis. Ich frag mich immer, wie Sie sich sowas merken können. Echt.

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Mein Gedächtnis,
das der Kommentator monnemer mehrfach rühmte, hat ja schon stark nachgelassen in den vergangenen Jahren. Über dieses Faktoid mit der unterschiedlichen Aussprache bin ich gerade erst vor ein paar Tagen gestolpert, das hatte ich gewissermaßen noch in der Browser-History.

Ach ja: Und Ihnen ex post alles erdenklich Gute zum Existenzjubiläum!

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bei uns auf der anderen Rheinseite sagt man auch so ... :o)

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Dann wünsche ich Ihnen noch nachträglich alles Gute!

arboretum überreicht einen Strauß Herbstanemonen.

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Merci. Da freue ich mich aber.

Macht Knicks und verbeugt sich

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Dachte schon, Sie feiern noch immer : )

Alles Gute hinterher.

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ein kleiner einwurf
zur soziolinguistik sei mir an dieser stelle gestattet. ich bin da nämlich experte und erzähle ihnen auch warum: seit ich lesen kann, lese ich, und zwar radikal alles. zum beispiel: lebensmittelpackungen. (weshalb ich im alter zwischen 6 und 12 nicht experte für dinosaurierarten war sondern für e-hastenichtgesehen-zusatzstoffe. die verzweifelten eltern kapitulierten irgendwann beim versuch gepflegter tischkommunikation, aber man soll ja sowieso nicht mit vollem mund reden.)

deshalb war mir der ausdruck "mindesthaltbarkeitsdatum" immer schon suspekt, weil sich irgendwann herausstellte, dass es da ja gar nicht um die haltbarkeit ging. trotzdem wurden völlig inkonsistent dinge weggeworfen oder weitergebraucht, nach einem für mich nicht durchschaubaren muster. so selbsterklärend war das also nicht.

als ich dann irgendwann englisch lesen lernte (sie ahnen, was passierte? s.o.;-), war mir huxflux© klar, dass "best before" und "mindesthaltbarkeit" zwei grundsätzlich andere dinge waren. die auflösung dieser semantischen ambivalenz können wir uns an dieser stelle nur vom sapir-whorf-antrieb erhoffen, oder womit auch immer dieses raumschiff durch die galaxien gondelt.

auch wenn linguistik als sozialwissenschaft oftmals nicht wohl gelitten ist - speziell unter sprachwissenschaftler*innen - glaube ich doch fest daran, dass auch hier das sein das bewusstsein bestimmt. von daher halte ich eine neue sprachregelung für eine gute idee.
man kann es wenigstens probieren, kostet ja nicht mal was. und wann kann man das schon von gesetzlichen regelungen sagen!

die generelle helmpflicht hingegen ist wahrscheinlich tatsächlich eine nur mäßig gute idee. vor einiger zeit wäre ich da auch noch anderer meinung gewesen, aber nachdem ich irgendwo lesen musste, dass dazu eigentlich überhaupt kein valides zahlenmaterial existiert (die obigen zahlen sind da beredtes beispiel - was ist zum beispiel mit den nicht tödlichen unfällen?) und auch der adac dagegen ist, bin ich deutlich skeptischer geworden. bei einer regelung für kinder unter zwölf jahren wäre ich allerdings zu kompromissen bereit...

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Zum Thema Fahrrad-Helmpflicht,
da hätt ich was für Sie. Nach dem Betrachten dieses Videos war ich fast soweit, meinen Helm an den Nagel zu hängen. Ich trage ihn natürlich weiterhin, aber mehr um meine Frau zu beruhigen (und weil ich mich ohne diesen blöden Deckel inzwischen tatsächlich etwas nackig fühle).

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@Vert: Ich begrüße deine ausufernden Kommentare sehr, sind es doch solche, die uns Blogger vom gemeinen Twitterer unterscheiden;-) Zur Sache, Baby, bleibt folgendes zu konstatieren: Nö.

Denn, das Wort Mindesthaltbarkeit, versehen mit einem Datum, sagte nur etwas darüber aus, wie lange etwas mindestens haltbar ist und eben nicht, ab wann es nicht mehr nutz-/genießbar ist. Ergo, kann jeder mal selber an der Milchtüte riechen, um festzustellen, ob die noch trinkbar ist, oder eben nicht.

Ich hasse diese sich von Eigenverantwortung freimachende Menthalität, die eine schleichende Verbotskultur begünstigt, in der wir für alles ein Regel und Vorschrift haben.

@ Mark: Ich glaube, ein Helm hat seine Berechtigung, auf jeden Fall schadet er nicht, aber auch hier plädiere ich dafür, dass eine jeder selbst entscheiden muss.

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ach ich finde es schon ganz sinnvoll; es geht ja nicht nur um milch. mir ist es schon ganz recht, dass ich, wie seinerzeit in der zivigemeinschaftsküche, darauf verzichten kann, die gefundene raviolidose zu öffnen, wenn das mhd auf mitte der achtziger datiert ist...

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"aber auch hier plädiere ich dafür, dass eine jeder selbst entscheiden muss."

Ich sehe das ganz genauso. Allerdings hege ich wenig Zweifel, dass wir es noch erleben werden, dass auch beim Spazierengehen der Helm zu tragen ist. Man könnte stolpern,ausrutschen, was auch immer. Nicht auszudenken.

Ansonsten geht da noch mehr. Warnhinweis auf Nussverpackung: "Achtung: Kann Spuren von Nüssen enthalten."

Usw.

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es gibt bei den befürwortern der helmpflicht für fußgänger auch überraschende negativallianzen.

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wo ich grad dabei bin:
der neologismus "wutbürger" ist ein politischer kampfbegriff zur marginalisierung vermeintlich gegnerischer position und bezeichnet nicht im geringsten eine irgendwie umrissene soziale gruppe. ich bin mit seiner verwendung an dieser stelle nicht einverstanden. das "auf-die-straße-gehen" mit seinem ganzen alt-68er*-habitus mag gelegentlich etwas gestrig daher kommen, aber hat in dieser angelegenheit auch gar nichts mit gesetzlicher regelungswut* etwaiger gutmenschen* zu tun.

es mag sein, dass die mehrheitsbevölkerung bekloppt ist, aber auch das werden wir durch die reine feststellung dessen nicht ändern können.

* hier noch ein paar weitere kampfbegriffe eher "liberaler" provinienz, falls da weiterer bedarf sein sollte;-)

ach, und alles gute nachträglich natürlich

- feuerkorb ist immer gut.

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