Montag, 26. Januar 2015
Ich weiß, wovon Ihr redet
Schalom. Und nun, Zeit gefunden gegen textliche monochrome Auslegware einen Wortteppich reich an Ornamenten zu bloggen. Oder auch nicht. Und das geht so:

Es rankten die Geräusche einer erwachenden Stadt hinauf zu uns, in den vierten Stock und fanden ihren Weg durch angekipptes Fenster; vorhangdicht prasselte Regen dagegen, die Szenerie stimmig zu untermalen. Damals schrieb ich ins Blog:

Dann haben wir aussichtslose Hoffnung gehabt, doch die Worte der Ärztin schlugen wie Fausthiebe auf unser Wünschen ein und meine größte Schmerz war, der Meinigen nichts von ihrer Trauer abnehmen zu können.

Klein und schwach sind wir, in den wahren Relationen betrachtet und froh können wir sein, wenn das Herz sich weitet und Zuflucht darin gegeben werden kann, aber auch gefunden.

Vielleicht war dies die Lektion, die wir zu lernen hatten. Vielleicht war es nur wie immer: Wenn ich was in diesem Leben will, dann muss ich dafür kämpfen. Werde ich. Auch wie immer. Fuck you, fate!


Haben wir dann auch. Eines schönen Tages also stand Cabwoman vor mir und meinte, dass das Haus ja nun fertig wäre und soweit alles geregelt sei und wir doch nun eigentlich das ganze Thema wieder angreifen könnten. Warum nicht, dachte ich und ließ Taten folgen. So zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht Wochen lang, allerdings ohne erhofftes Resultat.

Ganz ihrem Pragmatismus treu bleibend, suchte Cabwoman daraufhin die professionelle Hilfe ihrer Ärztin und kam mit der Aussage zurück, dass rein biologisch betrachtet bei ihr soweit alles in Ordnung sei und man nun empfehle, auch noch den Mann, also mich, also mich, also MICH(!!!), den es nun mal - Feminismus hin oder her - in diesem Sachverhalt noch immer braucht, auch zu untersuchen. Was macht man da? Sehen Sie.

Habe ich also mit etwas Unbehagen im Magen bei erster Adresse am Platz einen Termin gemacht. Die Vorstellung, dass ich der Hinderungsgrund der Realisation eines tief verwurzelten Wunsches sein könnte, stand diametral zu meiner Haltung, dass ich alles schaffe. Habe ich also mit mir gehadert und war entsprechend froh gelaunt, nämlich gar nicht.





In der fein eingerichteten Praxis dann, die mit allerhand Designer Krimskrams und trotz einer irritierenden Anzahl Holzschiffchen auf der Fensterbank wirkte, wie aus der noch herauszugebenden Zeitschrift “Schöner Praktizieren“ kopiert, also dort entspannte ich mich ein wenig, als der Herr Professor meinte: „Immerhin haben Sie schon eine Schwangerschaft herbeiführen können. Das ist grundsätzlich schonmal gut.“

„Aha.“

Er führte weiter aus, dass wir uns dem Thema klassisch nähern werden, Urinprobe, Blutprobe und Spermiogramm und danach sehen wir dann weiter.

Jut, dachte ich mir und war auf alles vorbereitet. Jetzt komme ich bestimmt gleich in den Extraraum, wo die zerfledderten Erregungshilfen rumliegen und verdammt nochmal, dass würde mich aber doch recht viel Überwindung kosten. War aber nicht.

Der Doc meinte nämlich, Urin geht schon jetzt, aber für Blut müsse man nüchtern sein und für das Spermiogram mindestens 3 Tage vorher – sozuschreiben - unvergossen gelebt haben. Ich sollte dementsprechend einen Termin für in drei Tagen machen. Da war ich aber was bassbaff froh, also jetzt wegen der Tatsache…. Sie wissen schon

Die Sprechstundendame war sehr nett und verständnisvoll ob all der Fährnisse des Themas und wahrscheinlich habe ich auch nicht fröhlich ausgesehen, als sie mir diesen Riesenbecher hinstellte und sagte:

„In drei Tagen dann, gleich früh zu acht Uhr. Wir untersuchen die Probe hier im Labor. Das Sperma muss frisch sein. Seien Sie pünktlich, weil die Laborantin nicht immer hier ist. Und bitte kein altes Sperma aus dem Kühlschrank vom Vorabend und bitte nicht frühstücken.“

„Aha.“ Hübsche Vorstellung der Umsetzung.

Der Tag kam, Cabwoman verabschiedete sich mit einem breiten Grinsen zur Arbeit und wünschte mir viel Spaß mit meinem Becher. Frühsommerlich besoffenes Vogelvolk zwitscherte unbedarft, Schulkinder hasteten zur Schule und ich saß mit knurrendem Magen und meinem Becher vor einschlägiger Internetseite zwecks Erbauung und Stimulans.

„Alles für die Wissenschaft, alles für einen höheren Zweck!“, hätte ich geantwortet, hätte man mich gefragt, was ich da tue und dann, wie soll ich schreiben, vielleicht so: Nach hingebungsvoller peristaltischer Handgymnastik gipfelte ich ins Döschen und dann war es auch schon vorbei und auch irgendwie ernüchternd.

Aber, es ist die Qualität, nicht die Quantität, die zählt.

Setzte ich mich also ins Auto und fuhr Richtung Praxis, die natürlich in dieser hippen Fußgängerzone liegt und weil es nicht sowieso schon alles irgendwie unangenehm war, hatte ich natürlich keine Tasche oder so etwas und war demnach gezwungen, mit einem Becher Sperma in der Hand ... naja. Hat ja dann unaufgeregt geklappt.

Vor Ort war natürlich die Praxis noch geschlossen, nur eine ziemlich gutaussehende Frau stand vor dem Gebäude und rauchte. Was tut man da?

Ich überlegte, sie einfach anzusprechen, so neutral wie möglich, fand es dann aber doof, was, wenn sie nicht die Laborantin gewesen wäre und überhaupt, hätte ich ja auch einfach warten können, doch leider gehört dies nicht zu meinen Stärken.

Während ich also überlegte, wurde ich von hinten angesprochen:

"Hallo, Sie warten bestimmt auf mich?"

"Häh?"

"Na wegen des Bechers. Es ist doch die Spermaprobe?"

Da war ich aber was bassbaff erstaunt, denn ich hatte den Becher, vor der schönen und rauchenden Frau zu verstecken, hinter meinem Rücken gehalten und nun sprach mich die Laborantin vom Typ Mutti einfach so an und hielt mir zu allem Überfluss auch noch zur Bergrüßung die Hand entgegen. Konnt sie sich nicht vorstellen, was die meine gerade gemacht hat?

Egal.

Ich folgte Ihr in die Praxis, sie entnahm die Blutprobe und entließ mich mit den Worten, dass ich in 2 Tagen anrufen sollte, um die Ergebnisse mit dem Herrn Doktor zu besprechen.

Habe ich gemacht.

Das Ergebnis war eigentlich positiv, da nix Gravierendes zu vermelden war, außer der Tatsache, dass diese Spermien doch etwas träge schienen.

"Aber das, Herr Cabman, ist absolut nix Ungewöhnliches und kann von der Tagesform abhängen. Wir werden eine Vergleichsprobe machen. Mein Rat in der Zwischenzeit: nicht rauchen, kein Alkohol, Stress vermeiden und viel frische Luft. Machen Sie bitte einen neuen Termin in einer Woche."

Habe ich zähneknirschend gemacht: Alles für die Wissenschaft, alles für einen höheren Zweck!

Die Woche verging, der Tag kam, selbes Spiel nur diesmal deutlich abgeklärter und mit Spermabecherbeutel.

Als ich zur Praxis kam, war diese bereits geöffnet. Ein Herr stand am Tresen und hatte Redebedarf, daher wartete ich in deutlicher Entfernung, als mein Telefon klingelte.

Es war eine anonyme Nummer weswegen ich nicht ranging, weil ich doch gleich.....

Als ich endlich dran war, wurde ich auch schon euphorisch begrüßt: "Ach, Herr Cabman, schade. Ich hatte versucht Sie anzurufen. Ich wollte Ihnen sagen, dass unsere Laborantin sich heute krank meldete, weswegen wir Ihre Probe nicht untersuchen können."

"Ach", antwortete ich verdutzt, "das ist aber schade. Bei all der vergossenen Liebesmühe..."

"Ich weiß, es tut mir leid." Sie reichte mir einen neuen Becher über den Tresen, war so nett mir meinen abzunehmen und sprach: "Nächste Woche? Selbe Zeit?"

"Leider geht das nicht, weil ich dann im Urlaub bin. Ich würde mich dann wieder melden, wenn wir zurück sind, um einen neuen Termin abzustimmen, ok?"

"So machen wir das und Ihnen einen schönen Urlaub."

Ich hatte mich dann tatsächlich nach dem Urlaub gemeldet, aber nur um mitzuteilen, dass wir in freudiger Erwartung waren und sich somit alle weiteren Bemühungen erübrigten, was nicht nur die Sprechstundenhilfe erfreute.

Den Becher habe ich immer noch und werde ihn niemals weggeben, weil er mich daran erinnnert, nicht aufzugeben und warum ich das hier schreibe?

Um den beiden Menschen, die sich durch ähnliche Lage wälzen, Mut zu machen und den anderen Hanseln, die unsereins immer nur nach den Resultaten unsere Handlungen bewerten und nie nach der Beschwerlichkeit des Weges dahin fragen, zu verdeutlichen: Leben heisst immer Kampf, es ist nur eine Frage wie man ihn führt.


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Unabhängig von dem erfrischenden Lesevergnügen eben, finde ich es gut, daß Sie dieses Geschichte teilen, um da Ihren beiden (und auch andren) Menschen Mut zu machen.

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Erfrischend? Frau Sid, Sie kommen immer mit Adjektiven um die Ecke, die ich erstmal verdauen muss. Erfrischend wie eine kühle Brise oder eher ein Zitronensaft?

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Sowohl als auch, also im Sinne von wohltuend, anregend, aufmunternd - suchen Sie sich eins aus : )

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Das
kann man natürlich machen. Wobei ich vermute, dass da auch Erfüllungsstress seine Hand im Spiel hatte.

Wissen Sie, Frau Pathologin meinte, aufgrund meines fortgeschrittenen Alters und der Kalkulation, wie alt ich wäre, wenn die Kinder Abitur machten, solle doch bitte das letzte Kind vor einem bestimmten Datum in Arbeit sein. Was haben wir nicht alles vor diesem Datum getan, es ergäbe einen abendfüllenden Film. Einen interessanten Film zeitweise.

Nun, was soll ich sagen? Ein Dreivierteljahr nach Abgabeschluss klappte es dann unverhofft noch einmal. Und brütet momentan noch vor sich hin bis Ende März.

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Da drück ich aber mal für den Endspurt alle Daumen!

Und ja, ich denke auch, dass Eigendruck bei diesem Thema eher hinderlich ist. Ein befreundetes Paar versuchte über Jahre ein Kind zu zeugen, ohne Erfolg. Und nun, wo die beiden eine alte Schachtel von Haus an der Backe haben und die dazugehörigen Renovierungskosten dazu und der Mann seinen Job verlor, genau da meldete sich der Nachwuchs an und wird in 3 Monaten erwartet. Hat auch keiner mit gerechnet.

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Ich hätte es ja eine schöne Geste gefunden, wenn Cabwoman Ihnen beim, ähm, Bechern ein wenig zur Hand gegangen wäre. Aber irgendwas sagt mir, dass meine Liebste mich damit womöglich auch allein gelassen hätte.

Unter uns gesagt hatte ich die marquise793 seinerzeit ja auch schon vorsorglich darauf hingewisen, dass es ein längeres Rumprobieren werden könnte, ich hatte die Vierzig überschritten, Rauchen und Radfahren galten auch nicht gerade als Spermien-Fitmacher. Aber sie sagte, ich solle mir da mal keinen Kopp machen, und was soll ich sagen, sie hatte recht, tatsächlich hat es im ersten in Frage kommenden Zyklus hingehauen. Ob ich für längeres Rumprobieren und ichweißnichtwasfürweitereMaßnahmen dauherhaft zur Verfügung gestanden hätte, weiß ich nicht. Vielleicht wäre ich auch zu dem Schluss gekommen, dann hatts halt nicht sollen sein.

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Oh. Ich glaube ich hätte da wohl eher ein Problem gehabt... ich meine in einen Becher....

Und ich bewundere Ihren Fatalismus in solchen Fragen. Ich tue mich immer schwer damit, Dinge zu akzeptieren, die nicht so laufen, wie ich das gern hätte. Da müssen schon alle Karten gespielt sein, bevor ich mich in für mich wichtige Fragen ergebe. Dennoch haben wir die Option Adoption hinlänglich diskutiert und auch das wäre ein gangbarer Weg gewesen. Genauso wie die Frage: Was machen wir, wenn der Doc uns sagte, dass Kind, welches wir erwarten, würde behindert zur Welt kommen. Das sollte man auch bedenken, denn generell gilt: Nur Fragen stellen, deren Antworten man auch verkraftet. Weswegen wir uns auch sehr schwer mit diesen Pränatalen Screenings taten.

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Kann ich gut verstehen. Nun ist Adoption (ein Paar aus unserem früheren Kollegenkreis hat diesen Weg gewählt) ja auch ein Heckmeck sondergleichen, da hätte ich zuvor sicher noch ein paar Becher mit Proben beim Doc abgeliefert, ganz klar.

Aber ich weiß von einem Fall hier in der Blogger-Nachbarschaft, wo es 18 (in Worten: achtzehn) Jahre und die Aufbietung aller denkbaren technischen Mittel gebraucht hat, um Nachwuchs zuwege zu bringen. Ich bewundere diese Beharrlichkeit abgrundtief, und wenn ich das Ergebnis sehe, wäre ich der letzte, der bestreiten würde, dass es das wert war. Aber wie gesagt, ob meine Kondidion so weit gereicht hätte, ich weiß es wirklich nicht.

Man muss dazusagen, dass unser Entschluss, es drauf ankommen zu lassen, schon sehr speziellen Umständen entsprang und auch eine ziemlich spontane Sache war. Es hatte seinen Sinn, dass es genau zu dem Zeitpunkt passierte, und vielleicht wäre das "window of opportunity", in dem alles so perfekt passte, auch gar nicht mehr lange offen gewesen.

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@Cab Nur Fragen stellen, deren Antworten man auch verkraftet. RICHTIG!!

Die Frage ist, muß man so ein Screening machen?? Und was sagt es dann? Außer daß man sich bis zur Geburt schlecht fühlt.
Ich meine das jetzt so: meine Mutter hatte vor Jaaaahren einen Arbeitskollegen, da wurde endlich nach ganz viel und lang die Frau schwanger. Bei den Untersuchungen wurde mehrfach zum Abbruch geraten, wilde Geschichten über Mißbildungen, was weiß ich.
Kind kam auf die Welt. Pumperlgsund. Kein einziger Schaden. Weder körperlich noch geistig.

Beim zweiten Kind dann nochmal gleiches Theater, aber da haben sie auch nicht mehr hingehört.

Ich will damit nicht die Diagnostik verdammen, zum Glück gibt es die. Aber wie Sie schon sagten - nur fragen, was man verkraftet. Der Rest findet sich meistens irgendwie.

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