Dann sind wir uns ja einig und ich gestehe, ich habe das Abo nur, weil ich es verpasst habe, das Probe-Abo abzubestellen und dann finde ich ja, darf man das überhaupt schreiben(?), die Kolumne von Herrn Martenstein toll.

Egal, mir ging es weniger um Die Zeit, als um die Feststellung wohin sich dieses Land entwickelt. Ich komme nicht umhin, einige Parallelitäten zu Vergangenem zu sehen. Der Taxifahrer von neulich, der eigentlich Rostocker ist, sagte: "Fühlt sich an wie DDR mit Bananen und Mallorca!"

Das finde ich im hohem Maße signifikant, denn in letzter Zeit habe ich Ähnliches öfters gehört von Leuten, die im Gegensatz zu mir tatsächlich den direkten Systemvergleich haben.

Nun war mir anno 89/90 schon ansatzweise klar, dass die Einverleibung des ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaats in das bunzrepublikanische Staatsgefüge langfristig eine gewisse DDRisierung Gesamtdeutschlands mit sich bringen würde. Aber es fehlte mir die Phantasie, mir vorzustellen, welche Bereiche das betrifft und welche Ausprägungen das konkret annehmen würde. Ich hatte naiverweise doch gehofft, dass vielleicht auch ein paar der Sachen, die drieben besser funktioniert haben, den Systemwechsel überleben. Tja, nun...

Tja, Herr Mark, Sie werden verstehen, dass ich mit meinen Erfahrungswerten dieser ganzen Entwicklung nicht sehr positiv gegenüber eingestellt bin. Ganz im Gegenteil und ich wundere mich, wann die kritische Masse der Empörten erreicht ist, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

Was genau sediert uns? Ich bin da noch nicht hinter gekommen. Und wo ist eigentlich die rebellierende Jungend? Verdammt nochmal.

It's all about the game and how you play it.
it's all about control and if you can take it.

Motörhead, the game

Niemand hat Lemmy thematisiert.

Denken Sie an den vielzitierten Frosch im Kochtopf: Solange die Temperatur immer nur ein bisschen erhöht wird, jammert der Frosch zwar über die Hitze, aber wird nicht aus dem Kochtopf springen - bis er hinüber und gekocht ist.

Die Jugend (und da nehme ich den eigenen Nachwuchs nicht aus) interessiert sich vor allem für die neuesten Handys und dafür, was irgendwelche unwesentlich ältere Plappertaschen auf irgendwelchen obskuren Youtube-Kanälen von sich geben - zu so spannenden Themen wie "world of simscraft" und dergleichen Gedaddel. Interesse für irgendetwas anderes zu wecken, und sei es nur temporär, ist bisweilen eine Sisyphus-Aufgabe.

Sie machen mir Angst. Und ein bisschen trostlos ist das Bild, das Sie da zeichnen auch. Youtube-Stars sind mir eh suspekt, genau wie bezahlte Gamer. Alle bekloppt.

Vielleicht überzeichne ich die Düsternis grad ein bisschen, aber mir stecken da in Sachen Erziehung ein paar Frusterlebnisse der letzten Wochen noch in den Knochen. Muss man nicht überbewerten, aber Töchterlein (11) kommt jetzt nun mal ins schwierige Alter, da gibt es kein Vertun.

Es war mir eigentlich auch Zeit meiner Vaterschaft immer klar, dass es irgendwann mal einen popkulturellen Bruch zwischen den Generationen geben muss - und so wie mein Vater früher "N*g*rmusik!" brummelte, wenn "Disco" oder später "Formel 1!" in der Glotze lief, so verständnislos stehe ich irgendwelchen Hoidois und Trullas gegenüber, die sich beim Daddeln von irgendwelchen unnützen Spielen selber kommentieren und die Videos davon ins Netz hochladen, wo sie Millionen Klicks generieren. Da komm ich einfach nicht mehr mir, was daran der Punkt sein soll. Ist aber in Ordnung, ich muss das auch nicht verstehen. Denn wenn ichs verstehen würde, dann wärs ja nix für die Jugend, nicht wahr?

Ich hoffe aber, dass die kulminierende "mir doch egal"-Haltung gegenüber diversen anderen Themen sich auch wieder auswächst, aber es wird dauern und viel Geduld brauchen.