Dienstag, 5. August 2014
To be strange
Schalom. Ich weiß, wir haben nie darüber gesprochen, aber eines meiner großen Laster war das Sammeln von Dauerwurstwaren und deren gelegentliches Umsortieren nach changierenden Rangiermerkmalen wie z.B.: Tag des Erwerbes aufsteigend, Tag des Erwerbes absteigend, MHD aufsteigend, MHD absteigend, Salzgehalt aufsteigend, Salzgehalt absteigend, Quersumme der LOT Nummer aufsteigend, Quersumme der LOT Nummer absteigend, Artikel EAN aufsteigend, Artikel EAN absteigend, oder auch mal gekoppelte Attribute wie Preis/Gewichtsrelation auf- bzw. absteigend, usw., usw., usw.

Sie sehen, da tut sich ein ganzes Sortieruniversum auf, besonders, wenn man ca. 4 Büchsen und 1 Glas Dauerwurstwaren sein Eigen nennt. Leider ist es nix, was man mit der Familie teilen kann.

Deswegen habe ich für Cabkid (Sie wissen schon, wenn der Vater mit dem Sohn) und mich was Neues gesucht. Unsere neuester Gemeinschaftsaktivität ist das Ausprobieren der Sonnenbrillenkollektion im DM und dem dazugehörigen Beömmeln mit Kommentaren wie: „Hö Hö Hö, wer kauft denn sowas?“

Haben wir gemacht:



Und dann musste natürlich die Einzelhandelskauffrau, die aussah wie Danny DeVito in Groß und Schön und mit Brüsten, versuchen Sie mal, sich das vorzustellen, rüber bölken: „Diese Brillen sind zum Kaufen da!“

„Wollen wir ja, wir können uns nur nicht entscheiden, bei all der Fülle geschmackvoller Angebote“, riefen wir zurück und ich dachte kurz daran, eine Brille zwecks Spaß mit der Inventur, zwischen den Haushaltsrollen zu verstecken. Habe ich natürlich nicht gemacht. Ich sammle jetzt nämlich Karma-Payback-Punkte. +3 Karma-Payback-Punkte (KPP)

Wo ich mich schnell entscheiden konnte, war dieser Fall im letzten Jahr, als ich die Firma verkaufte. Also nicht die Firma, sondern ihre feststoffliche Hülle mit allem was sie beherbergt: die komplette BGA, Topfpflanzen und sogar die angedeutete marokkanische Wischtechnik in zartnikotingelb mit einem Hauch Ocker, die mein Büro ziert. Alles verkloppt. Die größte Einzelvertragsverhandlung in meinem bisherigen Leben. Auch mal eine Erfahrung. Das Problem kam dann danach mit der Frage, wo ziehen wir hin? Da konnte ich mich lange nicht entscheiden.

Ich habe diese Frage dann zu meinem persönlichen Nachteil und zum Wohle der Belegschaft beantwortet und umgesetzt. Das ging nur, weil meine liebe Frau mitmacht. Danke! +1000 KPP. Auch für Dich.

Und nun freue ich mich ganz ehrlich, dass nach all dem Planungswahnsinn, der direkt in den Umsetzungstsunami wechselte, soweit alles geregelt ist, dass ich demnächst ein reinweißes Büro beziehe, mit genau einem Schreibtisch, keine Schreibtischlandschaft, bei deren Umrundung der Kaffee kalt wird, ohne Rollcontainer, ohne Yuccapalme, ohne monströse Besucherecke, ohne Hochschränke, ohne diesen ganzen Klimbim, mit dem sich meine Vorgänger umgaben.

Alles getilt und wird es so nicht mehr geben; nur einen Schreibtisch und zwei Sideboards. Hatte ich schonmal erwähnt, dass ich Ordnung und Aufgeräumtheit mag?

„Du übertreibst es aber mit deinem Minimalismus“, sprach die liebe Assistentin und weiter: „Du hast keinen Rollcontainer, keinen Mülleimer, keine Sortierablagen - eigentlich ist das recht karg. Dass du dich so wohl fühlst?!“

„Ich will mich nicht mit Dingen umgeben, die ich nicht brauche und ich will sie auch nicht bezahlen. Ich wette, wir könnten die Regel aufstellen, dass jeder Mitarbeiter im Monat 3 Dinge aus seinem Büro wegzuwerfen hat und niemand würde jemals in die Verlegenheit kommen, nix zu finden. Das werden wir mit dem Umzug ändern. Die Möglichkeit der individuellen Gestaltung endet an der Schreibtischkante eines jeden. Ich möchte keine Fensterbänke voll Kuscheltiere, keine Kaffeemaschinen und keine floralen Exilanten, die in nervenaufreibend bunten Übertöpfen in all ihrer Hässlichkeit rumprunken…“

„Das wird Diskussionen geben. Sie werden dich hassen.“

„Bestimmt. Ich bin aber willens, 750KPP zu investieren, denn weniger ist mehr.“

„Geh nicht immer von dir aus, aber meinetwegen. Obwohl du schon strange sein kannst. Denk aber nicht, dass du meinen Mülleimer mitbenutzen darfst!“

Sehen Sie? Das mein ich. Sie auch?

Habe die Ehre!


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