Dienstag, 20. August 2013
MACH2


Wenn Sie der Meinung sind, Samstagvormittag bei 7° und Nieselregen im IKEA ist eine nervliche Herausforderung, dann gehen Sie doch mal am ersten warmen Tag des Jahres, der dann auch noch Feiertag ist, in den Zoo.

Standen wir also vorm Teich und waren noch ganz gerührt ansichtig all der Kreaturen und anderen Menschen, als im Stechschritt eine Kleinstfamilie angebraust kam, ganz so, als gelte es, etwas zu gewinnen.

Sie war der Typ Miss Wizebsk 1995 mit ARAL-Sonnebrille, er mehr so der Pate von Steilshoop, aber nur im Gropiusring 1-25. Das Kind dazu war eigentlich recht hübsch, wenn man sich den Hello Kitty-Scheiß wegdachte und dann hörte ich es sagen:

"Schaut mal, ein Strauß!" und dabei zeigt das Mädel auf einen Pfau.

Die Eltern reagierten nicht. Immer noch nicht.

Das Kind wiederholte: "Ein Strauß!!"

Was macht man da? Man will sich ja nicht in die Erziehung anderer Menschen einmischen. Andererseits ist man aber auch Gesellschaft und damit auch für selbige verantwortlich. Hab ich also ganz kurz und auch nur ganz leise interveniert und das Kind berichtigt.

Sprach es mit großen Augen und einem kleinem Grinsen: "Ach ja, ein Pfau. Das hab ich wohl verwechselt."

Da wünscht man dem Kind direkt andere Eltern.




Und dann sagte der Ex-Chef, dass wir darauf anstossen müssten und fragte, ob er Champus bestellen sollte. Ich antwortete:

"Ich bin seit 4.30 Uhr auf den Beinen und habe ausser Kaffee und ein labberiges Toast noch nix zu mir genommen. Jetzt ein Champagner und ich bin hackedicht und dann lassen sie mich nicht ins Flugzeug..außerdem werde ich das mit meiner Frau feiern... bei einem Glas Rotwein... nachher..."

Verstand er und dann haben wir mit breitem Grinsen im Transitbereich des Kopenhagener Flughafens das letzte Mal gemeinsam gegessen...Salat und Kohlbrot...auf die Zukunft!




Ich flog dann nach Stockholm. Zu meinem Pech waren schon 25.802.589 andere Menschen, also ganz Skandinavien incl. Grön- und Åland vor Ort, weil nämlich Eishockey-WM war.

Deswegen war die Stadt voll, weswegen ich nicht das Stammhotel bekam, weswegen ich noch einen kleinen Taxiausflug machen musste, der fast so lange dauerte wie der Flug und als wir endlich am südlichsten Ende Stockholms ankamen, die zwei Stammleser werden es erraten, funktionierte keine meiner 5 Kreditkarten.

Völlig angenervt fuhren wir dann noch ein bisschen rum, einen funktionierenden Automaten zu suchen. Als das auch geschafft war, belohnte ich mit einem Glas Rotwein für umgerechnet 9,-€ und gutes Fernsehprogramm, von dem man sich wünscht, dass es auch in Deutschland ausgestrahlt werden würde...endlich mal ein Ratgeber, von dem man(n) auch was hat und zwar...ähm handfest.




Dann hatten wir, also zuerst meine Frau, beschlossen, dass Kind taufen zu lassen.

Zu Beginn haderte ich damit. Erst als der Steuerbescheid kam, aus dem hervorging, dass Teil meiner saftigen Nachzahlung die nun auch von mir zu entrichtende Kirschsteuer war, lenkte ich ein.

Gut nicht gleich anfänglich. Erst habe ich das Internet durchpflügt, um herauszufinden, ob ich nicht etwas gegen diese Steuer machen könnte…nicht wahr? Ich meine, ich bin noch nie in der Kirche gewesen, nahm keine Dienstleistung in Anspruch und sollte trotzdem mehrere Hundert Euro Steuer zahlen? Für gar nix und nur weil meine Frau in der Kirche ist? Also das geht massiv gegen mein Rechtsempfinden.

Habe ich also geforscht. Das niederschmetternde Resultat: Viele Brüder im Geiste zogen bereits bis nach Karlsruhe, was ja immer eine Reise wert ist, blieben aber erfolglos.

Wollte ich also die erstbeste Kirche anzünden. Das ist nur folgerichtig, aber auch strafbar, im Gegensatz zum staatl. legitimierten Diebstahl. Daher verfolge ich nun den Plan, durch Ausnutzung aller Angebote, nach Möglichkeit sogar zweimal, z.B. am Heiligen Abend zum Mittags- und Mitternachtsgottesdienst zu gehen, die Kirche in den Ruin zu treiben. Don´t mess with Texas Cabman.

Ergo: Taufe.

Weil wir den einen schönen Tag schon hatten, als wir im Zoo waren und weil alle tausend eingeladenen Menschen auch zusagten, hatten wir 7° Grad und Nieselregen, was die liebe Frau und mich vor die Frage stellte, wie wir das geplante Gartenfest denn nun in der Küche machen würden. Gar nicht.

Die Küche habe ich selber aufgebaut. Jeder Kratzer schmerzt da besonders.

Da kam die Frau auf die Idee mit dem Festzelt. Nach langer Recherche hatten wir verschiedene Preise der Anbieter auf dem Tisch und ich sach mal so: Ich kann gar nicht solange leben, wie ich müsste, um die Kirchennebenkosten der Taufe durch Gottesdienstbesuche wieder reinzubeten. War ich also dagegen und schon kurz davor, beim Lieblingsitaliener anzurufen, dass wir mal kurzfristig eine geschlossene Gesellschaft bräuchten.




Haben wir dann nicht gemacht, weil wir im Praktiker waren.

Da gab es einen Doppelpavillon, der mal 400,- € kosten sollte und nun auf wundersame Weise und durch Ausnutzung meiner Kundenbindungsprogrammextrarabattprozentpunkte* auf schwindelige 174,- € beziffert wurde, weswegen wir sofort zuschlugen, denn eine neue Küche wäre ja dramatisch viel teurer gewesen und so einen Pavillon kann man, wenn denn erstmal Eigentum, auch viel häufiger nutzen; z.B. verdrängt er, im Keller liegend, Raumluft, die im Winter nicht erwärmt werden muss…muss man alles mit einkalkulieren. Haben wir das Ding also gekauft und damit unseren kleinen Beitrag geleistet, dass Praktiker Konkurs anmelden musste.

Einmal aufgebaut war die schiere Größe dann schon beeindruckend. Da passen tatsächlich drei Bierzeltgarnituren rein.

„Wenn die BWLerei mal irgendwann nix mehr ist, können wir immer noch als Kleinschausteller mit eigenem Zelt durchs Land ziehen“, sprach ich zur Frau, die dies wieder mit einem kritischen Ausatmen kommentierte. Ich aber dachte an die "Kid`n`Cab Freakshow - Blogger stellen sich vor"...

Wurde dann trotz Stress ein schöner Tag und noch viel schönerer Abend. Danke an die, die auch die weitesten Wege nicht scheuten.



Ich flog dann nach Frankfurt.

Das Flugzeug setzte hart auf und bog mit dramatischen Schwung rechts Richtung Terminal ab. Als es zum Stehen kam, standen wir, der üblichen Routine folgend, alle hübsch auf, sammelten unsere Sachen zusammen und warteten auf unsere ehrenhafte Entlassung, als die nette Begleiterin plötzlich sprach:

"Aus technischen Gründen müssen wir Sie bitten, die hinteren Ausstiege zu benutzen."

Da habe ich mich noch nicht gewundert, wohl aber geärgert, weil ich es eilig hatte.

Als wir dann endlich das Flugezug verließen, zeigte sich uns eine Szenerie wie aus einem Katastrophenfilm. Das Flugzeug qualmte aus dem rechten Triebwerk und war umstellt mit diesen Monsterfeuerwehrwagen. Feuerwehrleute mit Helmen und Masken rannten aufgeregt rum und verliehen dem Ganzen etwas Gespenstisches.

Erst als der Bus, der uns zum Terminal bringen sollte, anfuhr, realisierte ich, dass da etwas vorgefallen war, was hätte anders ausgehen können. Hätte ich doof gefunden.

Ich finde eigenes Ableben generell doof und konnte mich noch nie damit arrangieren. Doch diesmal gesellte sich zum puren Egoismus, noch nicht genug gelebt zu haben, auch ein Gefühl der Verantwortung für Frau und Kind. Nicht wegen der Kohle. Da wären beide 200% abgesichert.

Es geht mir darum, dabei zu sein und den verdammten Unbill, der aufziehen könnte, einfach umzuboxen. Verstehen Sie? Gut. Ich nähmlich nicht.



Dann war ich auch noch im Süden. Kommt man leider nicht drumherum. Manchmal.

Der Kollege schrieb mir eine SMS, dass er nicht zum Früshstück kommen würde, da er die halbe Stunde gern länger schlafen wollte. Waren wir also direkt am Wagen verabredet.

Meinereiner ging, in Erwartung eines langen Tages mit schlechter Versorgungslage natürlich zum Frühstück. Es gab Rührei, Bratwürstchen, Schinken, Frikadellen, Käse, anderen Käse, Marmelade, Konfitüre, Nussnougataufstrich, Toast, Brot, Brötchen, Croissants, Kaffee, Tee, mehr Teer, O-Saft, Apfelsaft, Multivitaminsaft, Lachs, Forelle, Banane, Apfel, Kiwi, Orange, Müsli, Cornflakes, Chocopops und Feueralarm.

Zuerst saß ich da und dachte, verdammte Axt, dachte ich, dass ist doch Mist... ich bleibe einfach sitzen.

Wenn denn allerdings alle Mitfrühstückenden den Saal forschen Schrittes verlassen und die Saalaufsicht auch nicht zu Beruhigung beiträgt, geht man vielleicht einfach mal mit. Nicht das man wie das Toast endet.

Draussen dann große Aufregung, der ein oder andere wollte gern auschecken, wieder andere wollten nochmal schnell aufs Zimmer, den Trolly holen und wieder ganz andere standen in Schlafanzug oder das, was sie dafür hielten an der Rezeption rum. So auch mein Kollege.

Das Ganze stellte sich dann als Fehlalarm heraus, der nicht mehr auszuschalten war und mich hat beruhigt zu sehen, dass innerhalb von 4 Minuten sowohl Feuerwehr, Krankenwagen, Polizei und mein Kollege da waren. Hab ich ihm auch gesagt: "Mit dir kann man arbeiten, wenn es mal brennt." Fand er nicht gut.




Und dann waren wir, wie Herr Kid schreiben würde, bei der bekannten britischen Elektropopband mit düsterem Einschlag. Hatte ich mich sehr drauf gefreut, schon seit Februar, denn da rief ich die Frau aus dem Zug Richtung Berlin an und schrie fast: Kaufen, Kaufen, Kaufen...kann ja keiner wissen, dass diese Karten einen Arsch voll Geld kosten. War es aber wert.

Wann hat man schonmal die Chance, mit dem Fahrrad zur bekannten britischen Elektropopband mit düsterem Einschlag zu fahren? Ich mein...mit dem Fahrrad? Bis kurz vor die Tür, dorthin, wo arme Menschen aus Pinneberg, Winsen Luhe oder ähnlichen ländlichen Randlagen erst noch einen 1Stundenspaziergang vom Parkplatz aus hinmachen müssen, um dort, kurz vorm Eingang, erstmal ein völlig überteuertes Bier zur Stärkung zu trinken? Na? Sehen´se....

Das letzte Mal, als ich die bekannte britische Elektropopband mit düsterem Einschlag hätte live sehen können, wohnte ich noch in Stockholm und hatte ähnlich lange auf das Konzert gewartet. Habe aber dann die Karten meiner damaligen und Ihrem zukünftigen EX geschenkt. Ich wollte ja keinen Unfrieden nicht....Sehen`se, war die richtige Entscheidung, denn der Herr Gahan war 2013 viel besser drauf als er damals hätte sein können....Sie wissen schon wegen der geistige Wirkstoffe....wie man munkelt.

War ein wirklich gutes Konzert, wobei das schönste daran war, dass ich mit Cabwoman seit langer langer Zeit mal wieder nur als Paar unterwegs war....fühlte sich wohlig und amputiert zugleich an. So ähnlich wie ich mich nach den drei Bier, die ich hatte, denn die waren doch erstaunlich teuer. Dafür habe ich jetzt einen Sammelbecher vom Konzert der bekannten britischen Elektropopband mit düsterem Einschlag zu dem ich mit dem Fahrrad fuhr....war das schön: Schicke Frau im Arm, Bier trinken, mitgrölen und danach nach Hause eieren...als wäre man Zwanzig.

Video hier....yeah that´s right:





PS

Und nun, noch als kleines Goody on top, aber wahrscheinlich eher was für Liebhaber wie Frau Fragmente oder Frau Kittykoma das hier:



Ich versuche mich darin, dieses Lied dem Kind abends vorzusingen. Leider bin ich grottenschlecht im Singen, was nur dann schlimm wäre, würde ich damit Geld verdienen müssen, ähnlich dem Schreiben.

Hauptsache ist doch, wir haben Freude....

Und dann war noch viel mehr, aber ich will Sie echt nicht überfordern, echt nicht


... link (21 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 23. Mai 2013
Diätschnitte


... link (4 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 30. April 2013
No escapism here; all dark corners are revealed.



Ich denke das Kind wird später irgendetwas im Bereich Entwicklungsarbeit machen. Die Ansätze sind da.

Und wenn Sie bisher nicht wußten, wer Laurie Lipton ist, ist das nur schlimm, wenn Sie es trotz des charmanten Links hier nicht sofort und umgehend ändern.

Sie wissen schon, Bloggen=Bildungsauftrag und damit ist nicht die eines Rudels gemeint.



link

“No escapism here; all dark corners are revealed.”
- The Guardian - zum Thema Laurie Lipton



... link (10 Kommentare)   ... comment