Samstag, 18. Dezember 2021
Fractured moments N°10

San Francisco also.

Ein erstaunlich schöner Morgen. Tolles Bett, kein Faltgefühl im Rücken.

Ich stehe staunend am Fenster und schaue mir die sonnenbeschienene Bucht an.

Herr A. meint, wir sollten nicht im Hotel frühstücken, es wäre dort immer oll. Er empfiehlt ein Frühstücksrestaurant. Dort wird es später auch oll sein. Der gleiche Shit, nur in einem schöneren Ambiente.

Während ich in NY das Gefühl hatte, in einem Film zu sein, werde ich hier immer an Bilder von Edward Hopper erinnert. Den mag ich. Besonders für Night Hawks. Muss am Licht liegen. Das ist irre.

The sun may rise in the East at least it's settled in a final location

Wir reißen die Termine ab. Es bleibt keine Zeit für gar nix. Die Stadt verdient mehr Aufmerksamkeit, wir sind aber nicht zu touristischen Zwecken hier, werden nicht mal übernachten. Fahren weiter nach Sacramento.

"Herr A.", sag ich, "wenn ich schonmal hier bin, am Originalplatz von Mike Stone und Steve Heller, dann wünsche ich mir sehr, dass wir diese olle Brücke sehen und zumindest einmal über die Hügel ballern, du weißt schon, wie in den Verfolgungsszenen. Und wenn dann noch Zeit ist, muss ich unbedingt meine Füße in den Pazifik halten."

Und das nur wegen:
"Der Strand war voller Leute, und die Sonne brannte hell, doch der Wind in seinem Rücken war kühl, und als er in dem nassen Sand stand und zum erstenmal die Berührung des Pazifischen Ozeans an den Füßen spürte, so daß ihm Kälteschauer die Beine hinaufliefen, begann er zu verstehen, ..." *
Stammt aus meiner persönlichen Top 10 all time high Rangliste der weltbesten Bücher, die unverständlicherweise noch nicht verfilmt wurden. Kann ich sehr empfehlen für feine Lesestunden an den Feiertagen.

Herr A. lächelt beglückt, weil wir nun doch mal was machen, was nicht nach german efficency riecht und dann wendet er einfach und braust Richtung Brücke. Erstaunlich.

*

Ich wollte immer mal dem deutschen Weihnachtsrummel entfliehen und Weihnachten in der Karibik verbringen. Ein Sack voll Bücher, Reggae hören, den Cabwoman so mag, mit ihr am Pool abhängen und sonst nix. Ich bin ob dieses Wunsches nicht mehr sicher. Ein Weihnachtsbaum neben Palmen fühlt sich nicht richtig an.

*


Wer in den nachfolgenden Bildern eine alte Aufnahme von Herrn Kid findet, findet sie halt.


* Nunn, Kem:Wellenjagd, 2002, S. 39






















































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Freitag, 19. November 2021
Fractured moments N°10
Noch ein sonniger Morgen, noch ein Lager, noch ein Büro, diesmal mit einem riesigen Bildschirm.

Ich sagte zum Chef der Veranstaltung:

"Da hast du aber einen tollen Überblick."

Er lachte und meinte: "Ich habe viel mehr Kameras, eigentlich überall. Außer natürlich in den Restrooms."

Und nur um seine Aussage zu bestätigen, zappte er wild zwischen allen hin und her, es konnte einem schwindelig werden.

"Big Brother is watching you; new shared reality is ready to start, raise your stake!"

Wieder ein Lachen. Wieder ein Moment des Unbehagens, gerade auch Hinsichtlich der Äußerungen zum aufkommenden Sozialismus. Völlig irre. Alle.


*


Auto zurück, Uber zum Flughafen. Kleingeistige, uniformiert Menschen, die sich aufgrund dieser Uniform für besonders berechtigt halten; ich kann die nie ernst nehmen.

Premier Access, wir rutschen an allen vorbei.

Menschen, welche Menschen erklären, wie sie ihre Taschen zu leeren haben.

Man möge uns in Europa vor dieser Entwicklung bewahren: betreutes Denken, allein es fehlt mir der Glaube daran. Formalismus und Legalismus.

Allerorten Rechtsanwälte mit Versicherungsmentalität. Es gibt kein Vollkaskoleben und manchmal hat niemand Schuld.


*


Wir sitzen im Flugzeug. Ein Stewart kommt vorbei. Ich frage ihn, ob es möglich wäre, den Platz zu tauschen, da ich gern neben meinem Kollegen sitzen wollen würde und wir aufgrund des Flugzeugwechsels unsere ursprünglichen Reservierungen nicht beibehalten konnten.

Er antworte mir in einer Art und Weise und mit einer Überheblichkeit und Arroganz, die ganz dem Bewusstsein seiner vermeintlich gehobenen Stellung entsprach, die ihm wohl sein Uniförmchen verlieh, gerade so, als wäre ich ein spezialbegabtes Kind.

Also fragte ich ihn, was eigentlich sein Problem sei. Er blickte mich irritiert an.

Ich wiederhole meine Frage genauso arrogant und als wäre er etwas langsam im Kopf:

"Do you think I could change my seat after boarding is over?"

Wieder dieser Attitüde bei seiner Antwort, die exakt das wiedergibt, was er bereits sagte.

Keine Chance. Charakterlich deformiert. Später werde ich seine Purserin fragen und die wird einfach sagen: Sure. Und wieder ein Rammstein-Text:

Wenn getanzt wird, will ich führen
Auch wenn ihr euch alleine dreht
Lasst euch ein wenig kontrollieren
Ich zeige euch, wie es richtig geht




Bumpy and Shaking. Der Service wird eingestellt. Kein Verlust. Noch ein Glas Rotwein und dann hingeschaukelte Träume.


*


Aparte Landung. Von oben ist die Stadt bereits beeindruckend. Unser Host für die nächsten zwei Tage, hier genannt Herr A., fährt im vollausgestatten 7er BMW vor und entschuldigt sich gefühlt tausendmal, dass er exakt 1 Minute nach uns am vereinbarten Treffpunkt ankam. Was für eine Vorstellung.

"Did you have a good flight?"

"Sure."

"Let me load your luggage."

"That's really not necessary, I like to do it myself."

"No, no, you are my guest here in my country."

Und so wird das die nächsten 2 Tage gehen.

Noch mehr Zeitumstellung. Im Hotel angekommen, verabschiede ich mich todmüde. Gute Entscheidung, am nächsten Morgen werde mir die Beiden erzählen, dass sie bis 1:30 in der Hotelbar abhingen. Der Kollege sah auch so aus. Würde ich nicht mehr schaffen, ich werde alt.


*































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Mittwoch, 17. November 2021
Fractured moments N°9

Noch ein Morgen, dieser hier fühlte sich an wie A0. War also eine deutliche Entwicklung zum Positiven was das Faltgefühl anging.

Ein Frühstück, dessen Zweck darin bestand, Füllmasse zu stellen. Nahrhaft geht anders, aber das Wetter war toll.

Kurzes Telefonat mit dem Büro. Fast die Hälfte ist mit Erkältungssymptomen daheim.

"Corona?", frag ich.

"Keiner.", sagt die Assistentin.

"Fein."

Wir übernehmen den Wagen beim Verleiher und stellen uns in die Schlange derer, die aus der Stadt rauswollen.

Kilometer um Kilometer, auf dem Schoß sitzt Herr Professor Drosten. Keine schönen Aussichten in der Heimat. Achselzucken. Hier interessiert sich niemand für Corona.

Wir hielten kurz.

Tolles Auto auf dem Anhänger eines neben uns parkenden Pick Up.

Wahrscheinlich zu lange davorgestanden. Der Besitzer kam und äugte skeptisch.

Ich beglückwünschte ihn zu dem Wagen. Sein Gesicht erhellt sich und wir erfuhren, dass er den Wagen gerade zum Zwecke der Restauration erworben hatte.

"And then I will sell it again for three times the amount. Thats my business."

Es gibt sie noch, die guten Dinge. Manchmal verstecken sie sich nur hinter ihren Alterserscheinungen. Ganz wir bei mir.

Eine Promotion wünschte sich, dass wir unseren Geschwindigkeitsdämonen zähmen.

Was ist das für eine Aussage? 75% sind junge Männer?
In welchen Betrachtungszeitraum? Wie waren die Alterskohorten über die Grundgesamtheit verteilt? Wie verteilte sich die Anzahl der Fahrenden nach Geschlecht? Und überhaupt, wo bleiben eigentlich die Feststellungen zur Hautfarbe und Bildungsgrad? Ich frotzelte das so vor mich hin.

Der Kollege daraufhin: Was Du Dich immer so aufregst.

Warum? Wegen der propagandierenden Stimmungsmache. Egal.

Weiter nach Washington.

Wieder ein Lagerhaus, wieder schlechte Luft.

Der Typ, den wir trafen, ist Deutscher, Resident und wirkt alles in allem wie einer von der Gestapo. Ein Unsympath, der und uns die Welt erklärte.

Ich hatte eine Meinung zu seinen Ausführungen und vertrat diese auch.

Killerantwort von Gestapo-Heinrich:

"Aber hier interessiert niemanden, was man in Deutschland so meint. Meine Frau ist Amerikanerin und kommt aus Montana. Ein Staat, in den Deutschland locker reinpasst und dabei ist das noch nicht mal der größte. Da bekommt ihr einen Eindruck, wie wichtig ihr hier seid.", grinste er feist und lehnte sich in Erwartung einer Antwort zurück.

"Hoch die Fahnen und ignorant in den Untergang!", war die meine.

Der Termin war wenig erquicklich. Ärgerlich, dass wir dafür so viel Aufwand betrieben.

"Stell dir vor, wir wären geflogen."

"Besser nicht."

Wir prüften, ob wir noch schnell nach Washington reinfahren konnten, Konnten wir nicht, Heavy traffic everywhere.

Haben wir uns auf den Weg zurückgemacht.

Als New York in Sichtweite kam war, hatte der Anblick etwas von einer sich anbiedernden Dirne und der Text Rammsteins Songs Moskau passt hier ebenfalls"?"Sie zieht sich aus, doch nur für Geld, die Stadt, die mich in Atem hält."

Wir quälten uns durch Manhattan und als wir endlich in der Hotelbar saßen und der Waiter dann das Bier brachte, gab es nur noch eine Frage zu klären:

Wie hat er das gemacht, ohne es zu verschütten?





































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