Sonntag, 19. Juni 2022
Der Kaviar soll nu ooch teirer wer`n!

Waren wir heute bei einem Garagenflohmarkt, verbunden mit dem Tag der offenen Gärten und einer Haushaltsauflösung gegen Spende.

Die Besitzerin des Hauses, zu dem wir Zugang im Rahmen der Hausstandsauflösung erhielten, haben wir früher öfter in ihrem riesigen Garten gesehen, ihr freundlich gewunken und ihre toll geschnittene Hecke bewundert. Nun ist sie tot.

Ihre Tochter begrüßte uns mit den Worten: Ihr könnt alles mitnehmen, was ihr wollt. Es gibt keine Preise für einzelne Stücke, aber ich freu`mich über eine Spende für Dunkelziffer.

Und so betraten wir dieses schöne alte Siedlungshaus und atmeten den Geruch eines ganzen Lebens und ich dachte mir, so hat es bei Oma auch gerochen. Riechen alte Menschen alle gleich?

Ehrlicherweise braucht Familie Cabman nix, wir haben mehr als das, also zu Brauchendes. Wir waren eher ein bisschen neugierig, vor allem auf den Garten und ich bin immer auf der Suche nach dem Buch. Sie wissen schon: Dem Buch halt.

Augenblicklich suche ich: "Der bemalte Vogel".

In den einzelnen Räumen des Hauses waren Dinge zur Mitnahme hindrapiert, die meisten Schränke geöffnet und dennoch: ich hatte immer den Eindruck, dass die alte Dame hier gleich um die Ecke gewatschelt kommt; sah alles sehr lebensnah aus.

In einem der Buchregale lagen zwei Tuben Linola, originalverpackt und dazu die Quittung aus der Apotheke, bei der ich gestern selber erst Kopfschmerztabletten kaufte. Das Leben der alten Dame war eines neben meinem und doch in einer anderen Dimension. Die Quittung war vom März. Keine drei Monate her, da hat Oma noch auf Linderung durch Linola gesetzt. Der Gedanke sprengte meine Vorstellungswelt.

Erstaunlich auch, dass all der Tand und all die kleinen Dinge, die uns umgeben und mit denen wir unsere Leben meistern, es ermöglichen, es erschweren, am Ende einen kümmerlichen Anblick darstellen und so gar nicht wichtig sind, ihren Wert verlieren. Empfand ich jedenfalls.

Bis die Charakterhässlichen kamen.

Menschen, die durch die Reste eines Lebens latschen, dabei nur auf der Suche nach einem Geschäft sind und noch beim Begutachten der einzelnen Gegenstände Ebays Preise dafür prüfen und sich über die Dummheit der Tochter beömmeln, weil ja alles nur gegen Spende vergeben wird?

Das Kind, das seinem Vater sagt, dass das Buddelschiff aber teuer aussieht und er darauf antwortet: "Es kostet nix weiter, geht alles gegen Spende und wir haben schon 2,-? bezahlt." Und das Kind daraufhin meint, "dann nehmen wir das auch noch mit."

Was das war? Entzieht sich meiner Kenntnis. Ich drehte mich nicht noch mal um, wollte diese Egofaschisten, Ichlinge und Pharisäer nicht sehen, dachte stattdessen:

Das ihr euch nicht peinlich seid.

Schämt euch.

Sterbt früh.

Ich nahm dann ein Buch mit (Faszination des Unfassbaren, 1983) und eine Loseblattsammlung von Heinrich Zille (Mein Milljöh, Neue Bilder aus dem Berliner Leben, 1919). Für beide Druckwaren spendete ich 20 Euro. Nicht weil mir die Mitnahmedinge es wert waren, sondern der Zweck des Vereins. Sehr sogar.

Und Zille ist, naja, Zille halt und die Aussagen seiner Bilder & Texte von 1919 sind immer noch, oder eher schon wieder, sehr zutreffend, wenn man sie denn (mit Grüßen an die ihrer Privilegien Unbewussten) zu verstehen weiß:



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Freitag, 3. Juni 2022
Fractured moments N°12

An die eine Person, die sich hier durch das Archiv JRC ARTs klickt: Danke und schauen Sie immer mal wieder rein, ich hätte noch tausend Idee für weitere Einträge. Es ist nur die Zeit, die ich in dieser Zeit so viel habe, als zu normalen Zeiten.

Was sich hier paradox anhört basiert auf dem interessanten Gedanken, dass Zeit nix weiter ist als die Summe des unterscheidbar Erlebten. So gesehen, habe ich dann nicht zu wenig Zeit, sondern lebe Mach2.

Egal.

Die Geschichte zum heutigen Bilderreigen geht so:

Als ich vor ein paar Jahren die Entscheidung traf, die mir angebotene Verantwortung wahrzunehmen und meinen jetzigen Job antrat, saß ich am ersten Tag in diesem großen Einzelbüro und überlegte mir, dass es zu groß sei, das Büro, und das ich viel zu lernen hätte. Ich fragte mich weiter, wie ich am schnellsten lernen könnte und von wem. Die Antwort darauf war dann etwas unorthodox und aus heutiger Betrachtung doch die richtige: Ich holte mir den frisch ausgelernten Azubi ins Büro.

Die Silberrücken und Besitzstandswahrer empörten sich, die Personalabteilung war überfordert, das Fuhrparkmanagement recht hilfsbereit und die Vertriebler verängstigt. Ich indes lernte das Unternehmen aus unverbrauchter und unvoreingenommener Sicht kennen. Das war erfrischend.

Seitdem hat der junge Mann, der oft vor unserem Büro warten musste, da eben nicht alles für seine Ohren tauglich war, sich toll entwickelt. So was produziert Neid. Ältere Mitarbeiter sind überzeugt, hätten sie einen Mentor wie mich gehabt, wären sie heute mindestens Vorstandvorsitzende.

Quatsch, alles. Zuerst kommt: Wollen, dann kommt: Können. Und wenn diese beiden Punkte zusammengehen, dann wird es was, bei allem was man tut. Ehe, Job, Freundschaft, Energiewende, Tempolimit.

Der junge Mann will und kann, beweist es jeden Tag und ist dabei noch nett und das alles ganz ohne Studium.

Ich habe ihm jedenfalls einen drei Jahre dauernden Entwicklungsplan geschrieben mit dem Ziel: Jederzeit meinen Job übernehmen zu können.

Ein Teil dieser Planung sieht vor, sein Business-Englisch zu verbessern und andere Unternehmenskulturen kennen zu lernen. Deswegen habe ich ihm für dieses Jahr die Möglichkeit gegeben, für 8 Wochen in die USA zu gehen.

Wollte er, hat er bekommen und deswegen gibt es hier jetzt Bilder zu schauen, vom Treffpunkt, den ich mir wünschte, weil ich doch beim letzten Mal so wenig Zeit hatte:


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Mittwoch, 20. April 2022
Dieses & Jens

"Ob man das wohl zukünftig noch guten Gewissens darf, dieses Skifahren und dafür in die Berge reisen?", sagte ich eher zu mir, versonnen und verloren in Gedanken.

"Pah, ihr müsst sogar", rief Isolde, die rustikal grantelnde Hauswirtin mit einem Herz so groß wie der Baikalsee.

"Wie sollte ich sonst meine Rechnungen bezahlen? Und außerdem seid ihr ganz nette Gäste."

Na dann. Jedes Jahr eine gute Tat. Und die Jungs werden immer besser.


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"Und du glaubst, das Leben wird dann enden? Schau dich um, James, den Menschen ist es egal und sie leben den Augenblick", so der Mann aus Valencia.

"Sieht danach aus. Weil sie die Tragweite zukünftiger Entwicklungen nicht abschätzen können. Ist wie in diesem Video von der Tsunami-Katastrophe. Wobei... nicht ganz, die Welle dort war sichtbar. Blinde Menschen."


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Ich stand vor dem Fenster des Ladens und sang:

The butcher man was some lady, who really stole my...
Pass me some of that stuff, that slaughterhouse art
I lost my heart to a meathook
Meathook, meathook, meathook, meathook...


Der Mann aus Irland wußte sofort die Band. Wir sind ein Jahrgang.

"Ich könnte gut deine Hilfe hier gebrauchen," meinter er dann später am Abend. Und: "Könntest du nicht mal für eine Woche oder so vorbeikommen? Eine Trainingssession?"

"Ich muss den Boss fragen."

"Meinst du er hätte was dagegen?"

"Wieso er? Ich meine Cabwoman."


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Cabwoman und ich sind nun geprüft und können neben allerlei anderen Dingen auch den Partnercheck.

Partnercheck, sonst Partner weg, kündet eine makabre Werbung des Verbandes. Partnercheck...gilt für so vieles: Ehe, Nato, Gasversorger....

Die größte Überwindung für mich? Als ich unterm Hallendach hing, gesichert nur durch Cabwoman, die mal schlappe 20kg weniger wiegt und der Trainer dann rief: "Und jetzt mal abstürzen." Will ja alles geübt sein.

Nur 1 Millisekunde Zweifel, dann: Fatalismus, dann 1 Millisekunde freier Fall bis das Seil anzog und schon hob Cabwoman ab. Ich liebte sie danach direkt ein bisschen mehr. Man könnte das also auch gut als vertrauensbildende Maßnahme mit den Kollegen machen. Oder der Olaf lädt mal den Wladimir ein.


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Bin ich beruflich nicht unterwegs, ist die schönste Zeit des Tages für mich morgens um 05:00 Uhr, wenn ich mit dem Hund gehe. Keine Menschen, keine E-Mails, kein Mobil einfach nur der Wald, der Fuchs, der Hund und ich mit meinen Gedanken. Ich sage das den Mitarbeitenden dann auch immer so. "Folgende Idee, ich habe die heute Morgen schon mit dem Hund besprochen, wir machen das jetzt so und so."

Die meisten Ideen waren gut und haben uns als Unternehmen bis hierhin den Arsch gerettet, deswegen lacht auch keiner mehr, wenn ich mit dem Hund rede.


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Und dann war ich neulich in Berlin zu einer Veranstaltung eingeladen. Da gab es Menschen, die standen voll auf ?Z?. Ich stehe auf ?Peace? und habe mir das auch gleich mal als meinen Hauptsponsor aufs Sakko gebügelt. War gar nicht teuer, 3,50? für ne Willensbekundung und ein bisschen Freude. Ich glaube, das Überraschende war die Farbe des Badges; die war so passend und schmeichelt zart meinem Teint. Der Rest ist Haltung.




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