Freitag, 19. Oktober 2018
Zusammenkünfte


Das einzig Gute an diesen späten bis sehr späte Zusammenkünfte, …. Halt! Erst muss ich an dieser Stelle unbedingt das Anekdötchen zu dem schönen Wort Zusammenkunft preisgeben:

Schrieb ich dazumal also eine E-Mail an einen großen Verteiler und ausversehen auch eine externe, weibliche, wunderschöne und zu allem Übel auch noch sehr wichtige, da für mich mit relevanter Entscheidungskompetenz ausgestatteter Person und nutzte in eben dieser Email dieses zauberhaft seriös klingende Wort Zusammenkunft in einem Kontext, in dem die sprachlich Verrohten wohl eher ein Meeting einberufen wollen würden, als, sozuschreiben pronto, prompt und stande pede nach Versand der Elektropost eine Antwortschreiben im Posteingang dräute und zwar mit der mir bekannten Absendeadresse, deren Lesen mir bereits Pritzel bis unter die Haupthaarwurzeln bescherte, war es doch die der unerhört entscheidungs- kompetenzträchtigen Person, von der ich ja nicht wusste, dass ich sie versehentlich angeschrieben hatte und daher annahm, sie würde etwas vielleicht Hübsches entschieden haben, was, Sie werden es erwarten, in einer Erwartungskollision endete, denn ihr eigentliches Anliegen war es, mich darauf hinzuweisen, dass sie diese für sie nicht bestimmte Email erhielt und entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheiten nicht umhin kam, sie zu lesen und sich auch nur deswegen meldete, denn:

„Herr Cabman, wenn Sie sich auch bei anderen Dingen so kreativ und flexibel zeigen wie bei der Wortwahl, freue ich mich schon sehr auf unsere demnächst stattfindende Zusammenkunft. Mein Sekretariat wird Ihnen diesbezüglich eine Einladung senden.“

Und dann hat es richtig gepritzelt.

Also, das einzig Gute an diesen späten bis sehr späte Zusammenkünfte ist die Tatsache, dass sie noch viel später enden und es dann in der Regel kein Problem darstellt, automobil zügigen Fortschrittes dorthin zu gelangen, wohin man will. Oft einfach nur nach Hause.

So auch neulich, als ich von DO nach HH fuhr und irgendwo hinter MS mal p.u.l.l.e.r.n. musste und dafür einen dieser unsäglichen Parkplätze ansteuerte, weil es wirklich nicht, also richtig wirklich nicht warten konnte.

Aus hygienischen Gründen versuche ich diese Wald- und Wiesenparkplätze im Allgemeinen zu vermeiden, obwohl es natürlich auch in den blumig-frisch benannten Defäkalisierungsanstalten der Tank&Rast Tochter Sanifair monströs Unhygienisches zu beobachten gibt.

Zum Beispiel vorvorvorneulich, als ein sympathisch ungepflegter älterer Herr, Typ unterbezahlter bulgarische LKW-Fahrer, gekleidet im schlichten, dafür aber opulent zerschlissenen Strickpulli, dessen gewagtes Muster nur bedingt von seiner Adipositas ablenkte, aus der Toilettenkabinen quoll und dann, eingehüllt in einer olfaktorischen Herausforderung, die sich irgendwo zwischen totem Tier und Schwefelduft bewegte, an mir vorbei dröhnte, ohne sich die Hände zu waschen oder gar dem Desinfektionsspender auch nur Beachtung zu schenken.

Kurz darauf sah ich dann im Tankstellenshop, wie er sich aus dem Wurstwärmer eine Bockwurst mit seinen ungewaschenen Händen griffelte und mit eben diesen Händen auch einen Deckel für seinen Automatenkaffee nahm. Umstandsgemäß musste er dafür natürlich auch die anderen, dann verbleibenden Deckel, anfassen. Deckel, von denen wenig später vielleicht einer die zarten Lippen einer reißerisch schönen und reisenden Studentin berühren, die dann auf der Festivität zur Ehre ihrer geglückten Heimkehr vom Auslandssemester aufgrund eines Herpes ungeküsst bleibt. Das mag man sich gar nicht vorstellen. Diese Tragödie.

So.

Da kam ich also von dieser Parkplatztoilette und wollte nur huxflux©1 ins Auto, denn dort gab es die praktische Reiseflasche Sterillium und außerdem hatte es zu regnen begonnen, als ich auf dem schlecht ausgeleuchteten Parkplatz in kurzer Entfernung eine Person an der Tür meines Autos rütteln sah. Und gleich noch einmal.

Nun bin ich in solchen Sachen nicht zimperlich, muss aber gestehen, dass doch kurz diverse Szenarien durchs Kopfkino rauschten, angefangen vom totem Cabman an der Autobahn, bis Bild-Überschrift: Handlungsreisender vertreibt Autodieb. Bis auf die letztbeschriebene fand ich alle unappetitlich und auch unhygienisch.

Da kam ich schon ins Grübeln und dann zur allererst auf die Erkenntnis: Das ist nur ein Auto, man kann es leicht ersetzen. Ein Leben nicht. Ergo wirst du es aufgeben, das Auto, sofern nötig.

Derart erleuchtet ging ich klammen Herzens und mit geballten Fäusten in Richtung meines Wagens, rief die dunkle Gestalt in einer Entfernung von ca. 10 Metern an und fragte, ob ich ihr helfen könnte.

Es war zu dunkel, um auch nur ansatzweise etwas der Mimik zu entnehmen, wohl konnte ich aber erkennen, dass der Herr etwas zu adrett und bestimmt auch unpraktisch gekleidet war, um wirklich in räuberischen Absichten unterwegs zu sein. Obwohl, wenn man da so an bestimmte Politiker und die Vertreter der Hochfinanz, des Geldadels und anderen Profiteuren des industriellen Komplexes denkt….

Wie dem auch so, die Feststellung seiner Bekleidungsart entspannte mich ein bisschen.

Er schien mich gar nicht bemerkt zu haben, denn bei meiner Ansprache schreckte er etwas auf, drehte sich abrupt in meine Richtung, hielt mir auf eine fast entschuldigende Art eine Hand entgegen und entgegnete: Vielleicht. Irgendetwas stimmt mit dem Schlüssel hier nicht. Ich bekommene den Wagen nicht auf.

Nun, als ich das vernahm entspannte ich mich sehr, denn es war kein Räuber, nur ein weiteres verwirrtes Schaf aus Gottes großer Herde. Ich beschrieb ihm, dass der Wagen der meine wäre und um das zu untermauern, öffnete ich den Wagen mit der Fernbedienung. Es macht KlockKlock, es blinkte zweimal orange und all die feinen Lämpchen des Nachteinstiegpakets erhellten ein bisschen den Umstand, die Umgebung auch. Kann man als Sonderausstattung zu buchen. Bei den düsteren Zeiten und all der Hundekacke in HH empfiehlt sich das.

Ich ging zu meinem Wagen, der Mann indes schien noch immer etwas ungläubig, sagte: Entschuldigen Sie bitte, dass ist mir wirklich unangenehm.

Ich: Wahrscheinlich nicht so sehr wie mir mulmig war.

Er: Das kann ich mir vorstellen. Aber wo ist dann mein Wagen?

Ich: Wieso benutzen Sie nicht die Fernbedienung der Verriegelung?

Er: Die funktioniert nicht. Ich habe deswegen morgen einen Werkstatttermin.

Ich: Oh. Das ist natürlich doof…

Nachdem ich dann anbot, ihn bis zum nächsten richtigen Rastplatz mitzunehmen, oder jemanden anzurufen, fiel ihm doch noch ein, dass er auf der Seite bei den LKWs geparkt hatte. Er bedankte sich sehr höflich für das Hilfsangebot und beteuerte, dass ihm das wirklich schrecklich unangenehm sei.

Welch ein höflicher Verwirrter. Auch selten.


So. Nun ist genug geplaudert für heute, ich habe noch Wichtigeres zu tun:






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(1) huxflux© ist eine anwendungsrechtlich geschützte alternative Ausdrucksform, um die Hohe Endgeschwindigkeit eines Vorgangs, Gedanken oder Handelns deutlich zu machen, deren Nutzung einzig und ausschliesslich J.R. Cabman vorbehalten ist.



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Ich beschrieb ihm, dass der Wagen der meine wäre und um das zu untermauern, öffnete ich den Wagen mit der Fernbedienung. Es macht KlockKlock, es blinkte zweimal orange und all die feinen Lämpchen des Nachteinstiegpakets erhellten ein bisschen den Umstand...

Wenn daraus mal nicht eine Masche wird. Den Wagen für den möglichen Räuber auch noch öffnen! Mitwirkung an einer potentiellen Straftat! Aber zum Glück ist das meiste ja doch unspektakulärer als bei Aktenzeichen XY. Ich warte dort noch auf eine Personenfahndung nach einem Handwaschflüchter. Das wäre mal nützlich.

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Schöne Geschichten. :-)

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@Kid: Hah! Sie werden es nicht glauben, aber die schlaue wie ebenso hybsche Ehefrau, also meine, sagte etwas ganz Ähnliches. Am Ende ließ ich mich von den Klamotten und des Habitus der verdunkelten Person in meiner Situationseinschätzung leiten.

@Fr. Fabry:
Schön finde ich, wenn Sie es schön finden. Die Welt braucht viel mehr Schönes.

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