Mittwoch, 21. November 2007
Eine anzügliche Begebenheit zu Castrop Rauxel und etwas Soziales
Tärä!

Eigentlich wollte ich schon längst etwas Betörendes über Castrop Rauxel geschrieben haben.
Ich weiß, dies ist eigentlich ein Widerspruch in sich und doch, so nehme ich wahr, wird viel zu wenig über Castrop Rauxel publiziert. Damit ist jetzt Schluss, und ich lege vor:

Vor Castrop Rauxel sieht es genauso aus… wie dahinter auch und abends ist es beleuchtet. Das war es dann auch schon. Kommen wir nun zu der anzüglichen Begebenheit:

Stehe ich auf der Linksabbiegerspur und warte. Bleibt auf gleicher Höhe neben mir eine junge Frau mit einem Auto stehen, welches wahrscheinlich genauso alt war wie sie und wenn nicht das, hat es mindestens doppelt soviel erlebt, dem Anschein nach.

Sie grinst mich an. Was soll ich sagen? Es entspricht meinem Naturell zurückzugrinsen.
Sie lacht und schüttelt den Kopf. Na, da stell ich mich nicht an und lache zurück.
Sie bedeutet mir das Fenster zu öffnen. Klar. Mach ich. Dafür hat man die Fensterheber ja. Dafür, und um im unwahrscheinlichen Fall eins Druckabfalls diese zu öffnen, um für Druckausgleich zu sorgen, oder so.
Sie findet mich nett. Finde ich auch.
Sie lacht und fragt ob wir nen Kaffee trinken wollen. Nee. Ich bin nämlich auf dem Weg zum Termin und außerdem, genau das.
Ich wunderte mich aber trotzdem. Macht man das heute so?

Da dies wohl niemanden interessiert, schreibe ich was anderes.

War ich gestern und heute in Kopenhagen. Das ist schon die gute Nachricht, weil nun ich wieder in Hamburg weile.
In Kopenhagen gab es ein nettes Meeting. KAM-Meeting, denn wir sind in 16 Ländern tätig. Das bedeutet Koordination und Abgleich, da die Konzentration auf Kundeseite in großen Schritten voranschtreitet. Gern wird es Globalisierung genannt, was bedeutet: Es wird global gesourct. Glauben Sie nicht? Lesen Sie hierzu die Mitteilung, dass Edeka die Kette Plus übernommen hat und denken Sie mal 1 Minute darüber nach, wieviel Handelsketten Sie in Deutschland benennen können. Egal ob Discount oder nicht. Rechnen Sie dieses Ergebnis auf Europa um und Sie bekommen eine Vorstellung dessen, was einem heutzutage das Leben schwer machen kann. Deswegen so ein Meeting, halbjährlich.
Ich werde nun nichts über Ressourcenkriege zwischen den einzelnen KAM schreiben, interessiert sowieso keinen, obwohl ich eigentlich nichts spannender finde, ebenso die Marktentwicklung. Übrigens: Butter- und Mehlpreise sinken wieder, doch erwarten Sie nichts, dann werden Sie nicht enttäuscht …

Schreib ich was über die “social avtivity“.
Zu jedem guten Meeting gehört ein Part namens social aktivity De facto heißt das: An der Bar rumlungern, essen, an der Bar rumlungern und zwar genau in der Reihenfolge. So aber nicht gestern.
Gestern machte ich die Bekanntschaft mit der Holistic Massage.
Sagt Ihnen nichts? Nicht schlimm. Uns ging es auch so.
Zusammen mit den Mitgliedern aus meiner Gruppe betraten wir einen abgedunkelten und modifizierten Konferenzraum des Hotels. Zwischen allerlei Decken und Kissen erwarteten uns dort sieben verhutzelte ältere Tanten in Schluppen und Wollpullis.
Eine ziemliche groteske Situation: 7 Drehstuhldesperados mit Schlips und Anzug treffen auf 7 esoterisch angehauchte Freizeithexen. Toll. Das ist so richtig was für den Sohn meiner Mutter. Doch, ich will ja nicht narrow minded sein und ließ mich ganz und gar auf dieses Experiment ein.
Eine der beschriebenen Tanten wurde mir zugewiesen. Nun, ein Zwerg hätte neben ihr wahrscheinlich riesig gewirkt, sie ging mir gefühlt bis zu den Kniescheiben, doch man war der Auffassung, sie könne gut Englisch. Nur ein Trugschluss mehr, möchte ich meinen.
Also: Sakko aus, Uhr ab, Gürtel weg, Schlips weg, Schuhe aus. Letzteres war ein Erlebnis, besonders Belgien tat sich geruchstechnisch hervor.
Klappe zu, entspannen, Duftkerze riechen und hinlegen! Die hatten etwas leicht Diktatorisches.
Die liebe, gute Баба Яга zuppelt rechtsseitig an mir so rum, zieht an Fingern und Arm, drückt ein bisschen hier, noch viel weniger da, drückt auf der Fußsohle rum (wofür sie meinen vollen Respekt hat) und fragt mich nach 10 Minuten, ob ich in diesem Teil des Körpers eine Veränderung spüre?
Ähm. Honestly? Nö. Ich bin nur furchtbar müde, so vom Rumliegen.
Gut, sagt se da. Machen wir die andere Seite.
10 Minuten später fragte sie mit hoffnungsvoller Miene wieder: And now?
Was soll ich sagen? Sollte ich all ihre Hoffnung enttäuschen? Sollte ich der hässliche Deutsche sein? Ungehobelter Klotz gar? Sollte ich sie unverrichteter Dinge ziehen lassen? Diese kleine bemühte Person? Nein! Man muss den Menschen geben was sie brauchen. Also antwortete ich:

I’ve got a strange feeling, some kind of weightlessness…

Da grinste sie breiter als sie hoch war und meinte: Bei Manchem dauert es ein bisschen länger.
Darin liegt sehr viel Wahrheit.
Ich habe mich dann auch ganz artig bei ihr bedankt und die kleine Broschüre mitgenommen, was sie sehr gefreut hat.

Ich glaube Matze lacht noch immer über meine schamlose Lüge und dieser, unser letzter gemeinsamer Event, wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. Meine Traurigkeit ob seines Wegganges wurde mir da erst richtig bewusst.

Egal. Ich fliege morgen nach Amsterdam. Die Nr. 4 in Europa lädt zum “round table“,
eine jährliche Pflichtveranstaltung für handverlesene Lieferanten. Weihnachten steht vor der Tür, Jahresrückbetrachtung und Trallala.
Ich gehe jetzt Sachen packen, Taxi bestellen und morgen früh werde ich in Amsterdam mal anrufen und nachfragen, ob wir eine ganz traditionelle “social avtivity“ haben werden, oder ich Wechselsocken oder ganz anderes Zusatzequipment brauche werden. Denn:

You never know und mancher braucht bestimmt wieder länger. For sure.


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