Dienstag, 21. September 2021
Fractured moments N°6

Wieder mal ein Industriegebiet, wieder mal ein Lager. Ich glaube, ich habe mehr Lebenszeit in irgendwelchen Industriegebieten und schlechtgelüfteten Büros und Lagern verbracht als an bei den relevanten Landmarks der jeweiligen Orte.

Irgendwo zwischen Itzehoe und Idaho Kommt noch einer mit Jason DeRulo featuring Tyga-Flow hinter Toronto und kurz vor den USA saßen wir dann im Mini-Büro von Aleksandra, die russischer Abstammung ist, was man aber nicht hört. Bei ihrer Mutter dagegen, Modell herzliche Haubitze, klingt der Akzent so stark durch, dass man glauben könnte, in einer schlecht übersetzten Sitcom zu sitzen.

Aleks hat ein bildhübsches Gesicht, knalltolle Augen und einen Körper, der optisch gewogen, 190kg wiegt. Sie wirkte nicht glücklich auf mich, eher gefangen.

Das Gespräch schwang hin, her und verlief sehr zäh, nicht zuletzt auch, weil ein anderer Teilnehmer aus New York via Factime zugeschaltet war. Irgendwann war alles Relevante durch und Mama -Aleksandra lud zum Lagerrundgang ein. Haben wir gemacht und weil ich dabei kurz bemerkte, dass dort sehr viel Wert in Form von Kaviar rumstand, schenkte sie uns dann jeweils eine Packung für 200,- CAD each. Herzliche Haubitze halt und irgendwo in Toronto läuft ein Obdachloser rum, der wahrscheinlich keine Ahnung davon hatte, was er da geschenkt bekam.

Der Kollege verschwand noch mal schnell to the loo, während ich meine Sachen aus Aleks Büro holen wollte, als sich ein Gespräch zwischen ihr und mir entspann, in dem folgende Sätze vorkamen:

Cabman, you know, I hate people. They are too much for me, they talk too much, they gossip too much, actually I don't feel like it.

Is it going far for you if I tell you something like this?

You are the first nice person I meet here. Too bad I don't have much time, I have to go to the baby. Maybe you'll come again, I'll invite you to dinner.

Jeden einzelnen Satz beantwortete ich ziemlich kurz, auch erstaunt, weil ich wirklich überrascht war. Ich kannte diese Frau gerade mal 2 Stunden und eben noch hatten wir hart in der Sache gerungen und dann wurde sie sehr? ähm? persönlich?


Vielleicht postnatale Depression, mutmaßte ich als wir endlich wieder draußen im Auto waren.

Der Kollege: Wieso?

Sie hat doch vor 2 Monaten ihr Baby bekommen. Unglaublich eigentlich! 2 Monate und schon wieder im Job. Irre!

Der K.: Wußte ich gar nicht

Glaub ich dir sofort, du unterhältst dich mit den Leuten ja auch nicht, du redest nur.

Der K.:?!

Zuhören. Ist ein Teil einer Unterhaltung. Nicht ganz unwesentlich, aber oft unterschätzt. Von dir eigentlich immer ignoriert.

END of CANADA moments:





















































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Samstag, 18. September 2021
Fractured moments N°5

Cabwoman sendete die erstaunt klingende Frage, ob wir Sightseeing machen würden und warum wir denn nicht arbeiten würden. Ich schrieb zurück, weil es nur eine Stunde vom letzten Termin weg war und ich mich bestimmt geärgert hätte, es nicht getan zu haben. Ich lachte dabei ich innerlich, weil ich bereits die Entfernungsangaben der Kanadier übernommen hatte.

Erstaunlich an den Wasserfällen war eigentlich das nichts los war, also menschenansammlungstechnisch und der Kollege, der bereits mit seiner Familie hier urlaubte, war dann auch der Meinung, dass dies sicherlich mit Covid zusammenhängen müsste. Später an diesem Tag wurde aus dieser Mutmaßung eine Überzeugung.

Irgendwo in der Gegend der Wasserfälle habe ich Verwandte, die uns mal vor gefühlt hundert Jahren in der DDR besuchten. Das war oder ist ein entfernt verwandter Zweig der Familie, der nach dem Krieg den Weg über Hamburg nach Kanada geschafft hat und uns damals während des Besuches deutlich spüren ließ, wie erbärmlich er unser Leben fand. Nichts womit man Kontakt hält, auch wenn die aus
K A N A D A waren. Aus dem Westen, Mann!

Da stand ich also vor diesem Naturschauspiel und musste an diesen Besuch damals denken und daran, wieviel sich in der Zwischenzeit geändert hat, also nicht nur für mich persönlich, sondern global, national, technisch, gesellschaftlich, also überhaupt und wie unbedeutend das ist, wenn man sich vor Augen hält, dass diese Wasserfälle seit ca. 12.000 Jahren da sind. Sag ich ja immer, in den richtigen Relationen betrachtet ist Vieles nichts, zumindest nichts worüber mach sich aufregen sollte.

Auf dem Rückweg hielten wir an dem alten rostigen Wrack, welches wir bereits auf dem Hinweg sahen. Hybsch. Und wenn Sie wissen wollen, was es damit auf sich hat, schauen sie mal hier. Und schon wieder was gelernt.

Sehr viel später am Tag waren wir auf der Suche nach einem Restaurant.

Due to the Covid crisis, we have limited service. Have you made a reservation?

Wir haben dann sehr würdevoll in einem Abschleppschuppen zwischen allerlei Verliebten und solchen, die sich mutmaßlich später paaren wollten ein wirklich leckeres Essen gehabt. Und Beobachtungen...

























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Fractured moments N°4

Wir fuhren dann noch ein bisschen weiter raus, zum nächsten Termin. Im besten Hotel vor Ort checkten wir ein, luden ab und machten uns auf den Weg ins noch weitere Nix. Von meinem Zimmer konnte ich es bereits sehen.

Zum Ärger der Trucker fuhr der Kollege immer im Einklang zu den geltenden Vorschriften. Sind wir also auch des Öfteren überholt wurden.

Unsere Gesprächspartner wollten uns dann eine Freude bereiten und lud uns zum Essen im besten deutschen Restaurant im Ort ein. Wir wissen was sich gehört und freuten uns unbändig, auch als diese kulinarische Zumutung vorbei war.

Zum Trost luden wir uns selbst auf ein Bier in der Sportbar ein. Die Dame, welche uns widersinniger Weise (wir waren die einzigen Gäste) die Plätze anwies, wollte unsere Impfzertifikate scannen, was nicht funktionierte.

This will probably not work as this is an EU certificate, sagte ich zu ihr und zum Kollegen: Zeig ihr doch die detaillierte Variante?. Worauf sie sagte: Ach, ihr kommt aus Deutschland? Ich bin auch von da. Geht einfach rein, any place you want.

Haben wir gemacht, direkt vor den Screens, weil ich immer noch nicht die Regeln des Baseballs verstehe. Der Kollege meint, ich sollte mal ein Youtube-Tutorial machen?. No comment.

Später erzählte die junge Frau uns, dass sie jetzt 26 Jahre alt wäre, seit 12 Jahren nun schon Kanada wohnte, sich in den Sprachen verloren fühlt, das Land aber super wäre und sie könne sich nicht vorstellen, nach Deutschland zurückzukehren.

Solltest du auch nicht.

Am nächsten Morgen fuhren wir dann noch ein Stück ins Nix, diesmal aber in die andere Richtung. Wir trafen auf einen Gesprächspartner, der dort im Wald an die große Corona-Weltverschwörung glaubte, denn das kann alles gar kein Zufall sein und dann schloss er seinen Monolog mit den Worten: It doesn't help, we will continue as long as we can.

Dem war nix hinzuzufügen, denn das denk ich auch oft und als wir dann sehr viel später an diesem Tag in Toronto einrollten und ich an die Menschen dachte, die ich in den letzten 3 Tagen kennenlernen durfte, da fiel es mir auf: Die wirkten trotz allem sehr zufrieden. Das liegt bestimmt an dem sie umgebende Nix.
















































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Donnerstag, 16. September 2021
Fractured moments N°3

Ich stand auf dem Parkplatz vor dem Hotel und wartete auf den Kollegen, der seine Sonnenbrille im Zimmer vergessen hatte und betrachtete wohl ein bisschen zu lang diesen riesigen weißen Ford.

Ein Mercedes parkte daneben ein. Ein hutzeliges kleines Männlein mit angenommener Sonderausstattung Morbus Bechterew entstieg dem Wagen und fragte mich, was mich an diesem Auto so interessieren würde.

Nun, ich komme aus Europa, genauer aus Hamburg in Deutschland und fragte mich gerade, wie ich so ein Auto wohl in Altona parken könnte.

Der Mann lächelte und sagte: Wohl gar nicht, aber er freue sich mich zu treffen, denn dann könnte er mal wieder Deutsch reden, hatte er doch 34 Jahre für eine deutsche Firma gearbeitet und war jedes Jahr für mehrere Wochen in Deutschland.

You maybe know the company Zeiss?

Who would not know them? Based in Jena and the most beautiful thing about Jena is the name of the station: Jena Paradies

Dann lachten wir beide in bisschen und freuten uns über den kurzen Moment der gemeinsamen Erfahrung und dann musste er auch schon los, weil seine Frau ihn drängelte, endlich mitzukommen zum Pre-Voting, weil es ist ja Wahl hier und unser Hotel war das Wahllokal... man muss halt nutzen was man hat, wenn man im Nirgendwo nicht viel von allem hat, ausser große Autos.

Ich wünschte uns in DE einen solchen Wahlkampf wie er hier geführt wird.




















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