Montag, 16. November 2015
Danach
Da habe ich am Freitag einen wunderschönen Beitrag angefangen, dessen Beendigung und Veröffentlichung aufgrund von Abendbrot, Kinder bettfein machen, Geschichte von Alfons vorlesen, Aufräumen und danach unbedingt Fussball schauen zu wollen, außerplanmäßig auf Samstag verschoben wurde.

Dann geschah, was geschah und das Bild des weinenden Jungen, der neben seinem Vater in den Stadioninnenraum lief, zerriss mein Herz und ließ mich erkennen, dass andächtig meiner Fassungslosigkeit der Geschehnisse und das Leid, welches unvermittelt über Hunderte gebracht wurde, also in den wahren Relationen betrachtet, mein Freitagsbeitrag in die absolut zu vernachlässigende Bedeutunglosigkeit entschwebte.

Das war gestern.

Heute, als ich Cabkid in die Kita brachte und wir lachten, uns über Pupsuschis und Doofköppe beömmelten, reifte der Gedanke, dass mein kleines Leben vielleicht nicht das wichtigste ist, das einem Menschen gegönnt war, zu leben, man denke nur an Helmut Schmidt, aber es ist verdammt noch mal meins und ich werde mir die Freude daran nicht nehmen lassen, oder um es mit Harry Rowohlt zu sagen:

"Der Kampf geht weiter!"


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So ging es mir auch. Es ist der zweite harte Einschlag in diesem Jahr. Ich hab' meins liegenlassen und später doch veröffentlicht - es muss ja weitergehen. Sich die Freude nicht nehmen lassen, nicht leicht, aber was bleibt sonst.

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Es bliebe hysterisches Geschreibe und Geschreie, Resignation, nihilistisch angehauchte Schuldzuschreibungen, depressive Verstimmung, Regierungsbashing, am liebsten vorgetragen von Menschen, die nicht genug Verantwortungs- und Leistungsvermögen haben, ihr eignes kleines Leben zu gestalten, sich aber anmaßen, im großen Maßstab alles besser zu können und zu wissen.

Ich sagte zu Cabwoman: "Da kann man sich fragen, ob es richtig war, Kinder in diese Welt zu setzen. Es macht mir wirklich Sorge."

Sie, sehr bestimmt, sehr ruhig, entgegnete: "Wir werden sie zu selbstbestimmten toleranten Menschen erziehen, die es brauchen wird, um diese Welt zu einer besseren zu machen."

Und?

Es hat mich in all seinem Pathos sehr beruhigt. Auch ein Grund warum ich diese Frau sehr liebe.

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Das ist so ziemlich die beste Einstellung, die man zu dem Thema haben kann.

Bei aller gebotenen Trauer und verständlichen Wut halte ich es für existenziell, diesen Gefühlen nicht dauerhaft die Oberhand zu überlassen - diese Gewalt über unsere Gemüter möchte ich den Terroristen dann doch nicht zugestehen.

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Da schreiben Sie was. Leider verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass diese Haltung wenig bis gar nicht en vogue ist, weil zu wenig spektakulär, zu wenig polemisch, zu wenig reaktionär. Die Bombardierung der IS Stellungen durch Frankreich als Reaktion auf die Anschläge ist wahrscheinlich genau das, was der IS wollte. Aber was weiß ich schon.

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Es gibt eben schwerwiegendere Interessen, uns in einer permanenten Erregungsspirale drinzuhalten, und diesbezüglich gibt es leider eine Interessenskongruenz zwischen Terroristen, Massenmedien und Politikern.

Sich dem vermeintlichen Sachzwang zur Hysterisierung zu entziehen ist unpopulär, es ist überdies mit Anstrengung verbunden (auch wenn es von Leuten, die es nie versucht haben, gern so dargestellt wird, als würde man es sich damit toal einfach machen), man verlässt damit die Komfortzone des unreflektierten "wir sitzen alle in einem Boot"-Gefühls. Kurzum, da draußen, wo wirklich nachgedacht wird über Ursachen und Zusammenhänge, fühlt es sich halt ein wenig einsamer und kälter an als in der aufgeputscht blökenden Herde.

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Kenn ich. Das mit dem Zwang zur Hysterisierung.

Sie haben da absolut recht. Übrigens ein Grund, warum ich mich vom Hype jedweder Couleur fernhalte. Gerade auch hier bei den IN-Blogs. Ich will auch gar nicht mit allen in einem Boot sitzen. Manchmal ist schwimmen da gesünder.

Ich meinte das im verlinkten Beitrag übrigens ernst, dass ich daran glaube, dass es wie beim körperlichen Schmerz auch in mentalen Fragen eine Reizunterdrückung durch Überlagerung gibt. Die Frage ist immer nur: Welches ist die größte Sau, die wir durchs Dorf treiben können? Wofür habe ich die größte Aufmerksamkeit; ein Clown, wer glaubt es gäbe Multitasking und Multiattentionpayment.

Da gibt es einen ausgemachten Abgasskandal VW, der ausgerechnet von den USA aufgedeckt wird und zwar kurz nach dem einen recht großer Anzahl von deutschen Mitbürgern massive gegen TTIP demonstriert haben. Das hört sich unerhöhrt an? Es wurde gerade ein ganzer Verband (Russland) gesperrt und das Sommer-Märchen in Deutschland war, zumindest aus Sicht der freien Vergabe, genau das: Ein Märchen.

Es gäbe genügend, woran sich Deutschland abarbeiten kann, leider sind es nun Terroropfer und Flüchtlinge. Leider.

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Niemand hat das Recht Ihr Leben oder das anderer als unwichtig oder kleiner zu richten.
Es ist Ihres. Und damit ist es auch Ihre Pflicht, es so weitgehend glücklich und zufrieden zu leben, wie es eben geht.
Dazu gehört, den Kindern eine weitgehend unbeschwerte Kindheit zu geben. Wenn dazu gehört, einen Tag nach Tragödien zu lachen und rumzualbern, das ist das so - und kann nicht verkehrt sein.

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Da bin ich ja grundsätzlich bei Ihnen, diese Sicht war aber nicht des Gedankens Vater. Es ging mir darum, festzustellen, dass Dinge, die für mich wichtig sind, in bestimmten Relationen betrachtet, in Nichts verschwinden können, um dann festzustellen, dass man nur die Relationen verschieben muss, um die Wertigkeit des eigenen Lebens wieder als verdammt noch mal wichtigsten Faktor der Handlungsbestimmung des eignen Tuns zu erkennen. Oder anders:

Im Wald gibt es einen Baum mit einer wunderschön strukturierten Borke, die man niemals sehen wird, wenn man immer nur auf den Wald blickt. Verstehen Sie, was ich meine? Dann ist ja gut. ;-)

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Ja - hatte ich schon davor verstanden : ))

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