Dienstag, 5. Dezember 2006
18 Et weihnachtet sehr!
„Weißte, früher da war dat ja alles anders, ne“, meinte Pepe und hob zu einem großen Schluck an. Mit gierigem Kehlkopf spülte er sein Bier den Rachen herab und stieß das leere Glas auf die Theke. Mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen fokussierte er den großen Busen von Babs, der „Thekenmaus“, wie er sie immer wieder gerne nannte. Babs polierte fachmännisch ein paar trockene Gläser und ignorierte Pepes schmachtenden Blick.
„Also früher“, hob Pepe erneut an, „früher, da war dat alles viel einfacher, verstehste was ich mein? Da haste deine Familie gehabt und dann haste ordentlich gefeiert bis in die Puppen, ne. Da haste dir ordentlich einen hinter die Binde gegossen, zusammen mit dem Vatter und dann war dat alles gut. Heute“, rief Pepe und hob eine Hand in die Luft und zappelte mit ihr herum, „heute, da ist is dat nich mehr so. Da rennste auf der Straße rum mit so nem Handy in der Hand und schreist da rein und am anderen Ende is dein Vatter und der schreit in sein Telefon, so nen Ding mit Wahlscheibe, wie früher, ne. Aber der schreit nich, weil du wat Böses sachst, sondern, weil der denkt, du hörst den nich, weil du bist ja ordentlich weit wech, ne.“ Pepe schüttelte den Kopf und schaute in die Runde.
In seiner Stammkneipe war nicht viel los. Nur ein paar vereinzelte traurige Gestalten saßen an den Tischen und schauten in ihr Bier. In das „Holgereck“ kamen viele nur, um zu trinken und zu vergessen. Dass das Zweite besser mit dem Ersten ging, dachten viele, und kamen hierher und tranken und vergaßen. Auch Pepe trank, aber er vergaß nie, sondern erinnerte sich. Er schaute dabei immer wieder auf die Brüste von Babs, der „Thekenmaus“, wenn er sich erinnerte und dann grinste er und trank. Das war Pepes Leben. Pepes Leben neben Hartz IV und neben der Zweizimmerwohnung, die er zusammen mit seiner Frau bewohnte. Seine Frau, die Gundi, die sah den lieben langen Tag Talkshows. Das war nichts für Pepe, also kam Pepe ins „Holgereck“ und trank und erinnerte sich und schaute Babs auf die Brüste.
Babs hatte sein leeres Glas bereits gegen ein volles getauscht. Pepe drehte sich wieder zu ihr und bedankte sich erst mit einem Lächeln, dachte dann aber, dass er seiner „Thekenmaus“ nicht nur mit einem Lächeln danken sollte, sondern ihr auch sagen müsste, dass er dankbar sei, denn Babs wurde von vielen Männern angelächelt, die sich aber nicht bedanken, sondern bitten wollten. Um Sex und so. Pepe dachte natürlich auch, dass man mit Babs Sex haben könnte, aber dann dachte er auch immer schnell wieder an seine Frau und dann war gut.
„Babs, du bist echt ne Gute, weißte dat? Ne, echt, ich mein dat mit ganzem Ernst und so. Du bist echt ne gute Seele und man sollte dir dat immer danken, wenn du nen Bier machst, denn du machst nen Bier mit ordentlicher Krone und mit nem Lächeln auf’m Gesicht und so. Da hab ich schon ganz andere gesehen, die machen das nich so freundlich und mit Krone, so wie du.“ Pepe hob anerkennend sein Glas und nahm einen großen Schluck.
„Weißte, Weihnachten, dat erinnert mich immer an früher, weil, dat is halt immer so ne Familienkiste gewesen, ne. Sa saß der kleene Pepe am Tisch mit seiner Mudder und seinem Vatter und mit dem Bruder und dann gab et ordentlich wat zum Kauen. Obwohl wa nich viel Geld hatten, früher, ne. Aber dat haben wa heute ja auch nich so wirklich. Aber früher, da hatten wa noch weniger gehabt und trotzdem hat dann die Mudder so nen Braten auf’n Tisch gestellt und allet war gut! Da hatten wa Spaß und dann haben wa ordentlich einen getrunken und mein Vatter hat sich nach drei Bier auf die Couch gelegt, weil der immer müde wurde vom Bier. Und wenn der Vatter dann eingeschlafen war, dann hat die Mudder erst die Geschenke und dann den Likör rausgeholt, weil, der Vatter, der sollte erstens nich merken, dat die Mudder noch mehr Geschenke hatte und zweitens auch nich, dat es noch Likör gab, denn Likör, den konnte der Vatter saufen bis er umfiel. Mann, dat war immer ne Geschichte, ne.“
Pepe schaute tief in sein Glas, als ob er dort seine Familie entdecken könnte. Hinter ihm rumorte es an einem Tisch. Eine Frau stand auf und kam zur Theke herüber, einen Zwanziger in der Hand und zahlte wortlos ihre Zeche. Babs verstaute das Geld in der Kasse und machte sich wieder an das Gläser polieren. Pepe dachte sich, die Frau, die würde er auch ganz gerne mal… Aber dann dachte er wieder an seine Frau, die Gundi, die zuhause saß und Hähnchenschenkel briet, damit Pepe, wenn er nach Hause kam, was zu essen hatte.
„Mein Vatter, der kam früher auch mal als Weihnachtsmann durch die Tür, so mit ner Mütze auf’n Kopp und so nem roten Umhang um und nen kleenen Sack in der Hand. Da war immer nie wat drin gewesen, aber dat hat er auch nie sagen müssen, denn mein Bruder und ich, wir standen dann da mit weiten Augen und starrten, und ich, der Kleene, ich hatte dann meistens auch Angst und so. Einmal, da hab ich mir ordentlich in die Hose geschissen gehabt. Also, jetzt so echt, ne. So richtig. Vor Angst. Dat war auch dat letzte Mal gewesen, dat mein Vatter den Weihnachtsmann gemacht hat. Obwohl dat immer ne schöne Sache gewesen war, ne.“
Babs wischte teilnahmslos über die Theke. In den Lautsprechern der Stereoanlage knistere „White Christmas“ und Babs lächelte selig, als sie Crosbys Stimme hörte, denn dieser Song erinnerte sie mal an Weihnachten. Nicht, weil Weihnachten war, sondern wegen seiner Bedeutung. Aber das konnte Pepe nicht verstehen und auch kein anderer hier. Also wischte Babs die Theke, während Pepe sein Bier austrank und Geld aus seiner Hosentasche zog.
„Babs, ich werd dann mal“, sagte er und legte einen Zehner auf den Tresen. „Der Rest is dann für dich, ne. Kannste behalten und dir wat Schickes kaufen, wenn die Läden wieder auf haben. Ich muss dann mal. Gundi macht Hähnchenschenkel, die Gute. Die Gundi, also meine Frau, ne, die is auch ne Gute. Dat sach ich der heute Abend auch und dann geb ich der mal wieder nen ordentlichen Kuss. Aber nich eifersüchtig werden, Babs, ne!“
Pepe zwinkerte Babs zu, die schmunzelnd abwinkte und das Geld in die Kasse steckte.
„Allet Gute zu Weihnachten“, sagte Pepe und dachte an seine Gundi, die zuhause Hähnchenschenkel briet und auf ihn wartete und gleich einen ordentlichen Kuss bekommen sollte. Pepe lächelte und trat in den viel zu milden Heiligen Abend.


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Das war doch der Cab selbst oder? Oder der Kumpel vom Bufflon? Manchmal denk ich ja, der Bufflon ist eh die zweite Hälfte da vom Cab. Oder so.

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Aber der Dialekt klingt eher rheinisch...

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Herr nyxon die 2.

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ok, ruhrisch, nah dran :-)

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Ach, Herr Cabman! Hätten Se doch die Damen noch ein bisschen weiterraten lassen! Dat wär' bestimmt noch ne duffte Sache geworden, ne?

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