Samstag, 10. November 2007
Ilsebil salzt nach...
und Cabman geht baden.

Kaum zu glauben, oder? Ja ich gestehe, ich sah fern, 2 Tage hintereinander. Doch, so war mein Anspruch, etwas Gehaltvolles sollte es sein: ARTE, Kulturzeit.
Und was hörte ich, bzw. sah ich da?

Günter Grass, der alte Ranzen, gewinnt den von der Initiative Deutsche Sprache ausgelobten Preis: "Schönster erster Satz", für den Beginn des Romans "Der Butt"
-> "Ilsebil salzt nach."

Wie doof ist das denn?

Geradzu konkurrenzlos überlegen dagegen muss folgender Satz anmuten:

Unsereins hat seinerseits zeitvertreiblich seitenweise Ordner beseitet, welche vorher seitlich, von links nach rechts, beschriftet werden wollten sollten, was meinereins abseitig zeitlicher Seitenhiebe zeitlich passend beseitigte.

Hier klingt doch die ganze Tragödie des Prekariats durch, oder?
Leid und Elend, Sexlosigkeit und Verzicht, Freudlosigkeit und Vereinsamung, alles drin in dem Satz.

Ich fühle mich betrogen.

Püppiee (!), wir gehen jetzt.

nee, mein katerchen, DU gehst jetzt duschen, weil badewanne hamm wa nicht und ich bin ja schon sauber.




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Ich finde den Satz sehr aufschlußreich. Immerhin wissen wir jetzt, warum der Koch die Ilsebilse nahm. Immerhin war Salz in früheren Zeiten kostbar, und eine Frau die davon reichlich ins haus brauchte war Goldes wert...

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Nee, das war doch der eigne Herd!

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@eric: Böse Zungen würden behaupten, dieser Satz ist gar kein richtiger Satz, weil kein Komma darin vorkommt.

@die liebreizende und unbeschreibliche Diagonale:

tanz hui, tanz hui, dreh dich fein, dreh dich fein
stürz nur nicht den Ofen ein, Ofen ein,
denn im Winter wärmt er nett, wärmt nett,
nicht jeder hat ein Federbett, Federbett.

Diese wunderschöne Lied musste ich mal lernen (im kommunistisch orientierten Musikunterricht). Es unterstreicht deine Argumentation. Schenk ich dir, weil de immer so lieb bist;-)
so, und nu krieg ich da Lied nicht mehr aussem Kopp und wenn ich das nachher auf diesem Workshop die ganze Zeit über singe, hast du schuld!

tanz hui, tanz hui, dreh dich fein, dreh dich fein
stürz nur nicht den Ofen ein, Ofen ein,
denn im Winter wärmt er nett, wärmt nett,
nicht jeder hat ein Federbett, Federbett.

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@cab: Ich kann auch sehr lange Sätze schreiben in denen kein einziges Komma vorkommt.

Und das Gedicht solltest du mal in Dschibuti vorbeischicken ;o)

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Hach, wie nett! Danke für das Lied! Und gerade heute ist es so passend, wo wir bei der fiesen Kälte und dem fiesen Wind und Sturm, der hier in der letzten Nacht die Stromversorgung ganzer Stadtteile lahm gelegt hat, den Ofen angemacht haben. Dennoch werde ich sicherlich recht bald mein Federbett aufsuchen, das ich sogar noch zusätzlich besitze. Und Kommata kann ich auch ganz viele einbauen.

... udn übrigens kann so ein gar lustig Liedchen sicherlich zur guten und entspannten, lernfördernden Atmosphäre in so einem Workshop beitragen. Trau Dich!

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Bei Ihnen in der Dusche schäumt's aber ordentlich!

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Zu diesem grassen ersten Satz
zitiere ich mal ausnahmsweise einen Kommentar, den ich anderswo tätigte:

Die Wahl ausgerechnet dieses Satzes hat mich auch nicht wenig erstaunt. Ich habe den Roman offen gestanden nicht gelesen, und dieser Satz weckt bei mir auch keine Lust, daran was zu ändern.

Ich würde ja, wäre ich Romanautor, nicht so mit der Tür ins Haus fallen, sondern lieber erst mal einen ganz großen Bogen schlagen: “Die Erdkruste war noch nicht lange erkaltet, als sich die ersten Mikroorganismen im Urschlamm regten - und nur wenige Milliarden Jahre und ein paar Erdzeitalter später (die Erde erbebte schon lange nicht mehr unter den Schritten der mächtigen Dinosaurier) begab es sich eines schönen Tages, dass Ilsebill den Salzstreuer griff…”

Aber gut, ich bin ja auch kein nobelgepreister (oder würde man sagen: nobelgepriesener?) Romanautor, sondern nur ein Blogger…

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Na ja,
immerhin ergeben Titel und erster Satz doch schon beinahe ein eigenständiges Epos. Der Butt: Ilsebil salzt nach.
Ich vermute mal, Grass konnte an dieser Stelle aber einfach nicht aufhören. Vielleicht ist die Auszeichnung in diesem Sinne ein Wink mit dem Zaunpfahl, es das nächste mal zu tun... :o)

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Der für mich schönste erste Satz ist ja folgender:
Ich, der Unterzeichnende, gebe hiermit zu Protokoll, dass ich in jenem Apfel saß, den die Schlange Frau Adam angeblich empfohlen haben soll.
OK, der stammt zwar aus dem Buch "Ein Apfel ist an allem Schuld" von Ephraim Kishon und ist im Orginal gar nicht deutsch, aber da ich selten Bücher deutscher Autoren lese (erst recht keine "Klassiker" der Literatur) und Kishon immerhin größtenteils selbst die Übersetzung seines Buches übernahm, gilt das mal...

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ich hab erst überlegt, ob auf dem bild eine aufnahme vom all zu sehen ist und das in der mitte ist das große loch aus nichts, dass kürzlich entdeckt wurde. :-)

"Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt."

Ist Lyrik, klar, für mich aber bis dato ungeschlagen.

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Mein Vorschlag für den besten Satz aller Zeiten:


Jede Faser seines Fortpflanzungsorgans bebte


TC Boyle, Wassermusik EDIT: Es war natürlich "Grün ist die Hoffnung"

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Der zweite Satz ist besser: "Bevor gezeugt wurde, gab es Hammelschulter zu Bohnen und Birnen, weil Anfang Oktober." (Zitat: Der Butt, erstes Kapitel, überschrieben: Die erste Brust.)
Soviel vorweg: Wenn ein unbekannter Autor diesen Satz verbrochen hätte, er wäre niemals in die engere Auswahl gekommen. Dennoch ist der Satz genial.

Zur Erklärung: Was muss der erste Satz eines längeren Prosawerkes bewirken? Wohl das, was die erste Seite bewirken muss: Die erste Seite muss neugierig machen, muss zum Weiterlesen animieren. Und der erste Satz ist nunmal die Einleitung zur ersten Seite.

Wenn der erste Satz schon alles enthält, lege ich das Buch weg, etwa in dem Beispiel von Herrn Cabman. In seinem Beispielsatz ist alles enthalten: Das gesamte Leid der Prekarier. Ich kenne das alles schon, weiß wie sie leben, also lese ich nicht weiter. Glück ist abhängig von dem jeweiligen Standard. Jede Schicht empfindet ihr Glück. Und mancher, der sich nur sonntags ein paniertes Schweine-Kottlet leistet, ist beim Verspeisen desselben vielleicht glücklicher als einer, der jeden Tag Steak in sich sinnlos reinfuttert.

Bei "Ilsebil salzt nach" allerdings wird nicht nur die Neugier nach dem geweckt, was danach kommt. Sie salzt ja nach, hat also schon vorgesalzen. Der Leser wird also nicht nur auf die Zukunft fixiert, sondern er will auch wissen, was vorher war, ist gespannt, zu erfahren, was sein wird und was war - und befindet sich zudem gerade in der Gegenwart, wo er ungewollt Anteil nimmt, wird also auf drei Zeitebenen in den Roman gezogen.

Nur, damit sich der geschätzte Herr Cabman in seinem geschätzten blog nicht ganz so überschätzt betrogen fühlt.

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Das ist viel dran. Außerdem fällt auf, daß auch der schönste erste Satz der US-Literatur nur drei Worte hat: "Call me Ishmael." (Und es geht auch um einen Fisch Meeresbewohner!)

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Für mich lautet der beste Romanbeginn:
"Tom!" Ist von Mark Twain, mein erstes Buch.

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"Im Sommer 1963 verliebte ich mich, und mein Vater ertrank."
Simmons, Salzwasser

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Malcolm Lowry schrieb den verfilmten Trinkerroman: Unter dem Vulkan. Aber bekannt wurde er durch eine Geschichte, die in den Lektoraten durch den ersten Satz begeisterte: "Mein erster Mord geschah in einer Windmühle".

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Lieber tamerlan, Prinz Prospero oder wie auch immer.
Gern nehme ich die gelehrigen Worte auf, die von jemandem stammen, der von seiner Schreibe "lebt". Es tut mir leid, dass ich mit diesem wenigen Können und Ergfahrung, die ich mein eigen nenne, so anmaßend war. Dennoch möchte ich Ihnen eines der ganz ganz großen Geheimnisse des Lebens verraten:

Wenn eine Speise nachgesalzt wird, hängt es meist damit zusammen, dass sie vorher unzureichend gesalzen wurde.
Dieses mag auf der Zunge des Schmeckenden liegen, wie alles, was mit Geschmack zu tun hat, es ändert aber nichts am Faktum.

PS Extra für Sie habe ich nochmal den Til bemüht. Erwarten Sie aber nicht, dass ich ihn ins Layout einbaue, denn ich finde die Aufgeräumtheit des Coves recht angenehm.

Habe die Ehre

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Lieber Herr Cabman,

wie vorgesalzen wurde, damit ein Nachsalzen nötig oder unnötigerweise vorgenommen wurde, können wir nicht mehr eruieren. Der Till ist super. Und dass Sie diesen für mich extra bemüht haben, freut mich sehr. Sie sind ein kleiner Schelm und deshalb mag ich Sie ausgesprochen gerne. Bleiben Sie so, Sie sind richtig!

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Ja, bleiben Sie so, Sie sind das Salz in dieser Buchstabensuppe!

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