Freitag, 8. Juni 2007
The fucking hotel life
Hotelflur Dänemark, gestern



„Du kennst mich zu gut“, sagt Matze, den ich nun schon über 8 Jahre kenne. So manche Niederlage haben wir eingesteckt und so manchen Sieg davon getragen. Einer auf den man sich verlassen kann.
„Wie geht es Manu?“ will ich von ihm wissen.
„Beschissen. Ich glaube, ich habe ein ernsthaftes Problem.“
„Wieso? Neulich, in Berlin, schien mir alles in Ordnung.“
Und er redet los, es bricht aus ihm heraus wie ein Wasserfall. Er erzählt mir davon, dass sie nicht mehr so viel miteinander reden, weil er zu müde ist wenn er nach Hause kommt, vom unerfüllten Kinderwunsch, was Manu sehr enttäuscht. Aber immer, wenn sie ihre guten Tage hat, ist er nicht da und ist er da, ist er manchmal zu müde. Er redet davon, dass sie nichts mehr miteinander unternehmen, der Hausbau stockt und davon, dass er in letzter Zeit nur noch gereizt ist.
„Ist mir auch aufgefallen. Du bist viel am Meckern.“
„Stimmt. Es fiel mir schon selbst auf und das ist ein schlechtes Zeichen. Ich kenn mich.“
„Ursachen?“
An dieser Stelle geht es weiter, der Stress, die Verantwortung, die Zielvorgaben.
„Ich weiß, alles ziemlich tuff. Aber nichts, was wir nicht meistern könnten, oder?“
„Eigentlich nicht, doch die Grundvoraussetzungen fehlen. Aber das weißt du ja selber.“
„Ja. Nur zu gut.“
„Ich glaube, ich hätte gern einen anderen Job.“
„Und was hält dich davon ab?“
„Ja. Gute Frage. Was hält mich eigentlich davon ab? Ich habe derzeit 5 Angebote. Doch nichts davon überzeugt mich wirklich.“
„Tja. Weißt du, ich glaube das ist dein Problem. Frag mich! Ich war in ähnlicher Situation. Das Lähmendste an dieser Geschichte ist die Ungewissheit. Glaub mir, hast du erstmal eine Entscheidung getroffen, dann fällt ein Großteil der Spannung ab.“
„Ich kann keine treffen. Ich weiß nicht wohin und was.“
„Dabei kann ich dir nicht helfen. Die Frage ist: Was willst du erreichen? Warum würdest du wechseln? Willst du es, weil dich alles in der Firma annervt? Willst du es für Manu? Willst du mehr Zeit für sie und mit ihr haben? Mehr Verantwortung? Mehr Geld?“
„Ich glaube, ich wäre mit meinem Job zufrieden, wenn ich nur 1-2 Tage reisen müsste. Wenn ich Manu die Garantie geben könnte, viele Entscheidungen nicht allein treffen zu müssen, wenn ich da wäre und wenn mein Job nicht auch einen Großteil meiner privaten Zeit fordern würde.“
„Aber dann ist es doch einfach. Such dir was bei dir in der Nähe und trage weniger Verantwortung. So gut werden wir nun auch nicht bezahlt, als das dieser Schritt erhebliche finanzielle Einbußen fordern würde, oder?“
„Nein. Ach, ich weiß auch nicht, warum ich mich so schwer tue.“
„Kann ich dir verraten. Es sind unsere Eitelkeit, das geile Gefühl bestimmen und bewegen zu können und die Tatsache, dass du und ich keine nine-to-five-people sind. Wir wollen alles und manchmal ist das zu viel. Es funktioniert einfach nicht. Weißt du, als ich die Antike fragte, wo der Knackpunkt bei uns war, da sagte sie, es hätte schon in Hamburg angefangen, damals, als ich aus Belgien kam und sie mich fragte: Wenn du wählen müsstest, zwischen mir und deinem Job, wie würdest du dich entscheiden? Weißt du was ich antwortete? Ohne nachzudenken? Mein Job. Die Antike meinte, dass war der Anfang vom Ende.“
„War es ja auch. Wir geht es ihr eigentlich?“
„Oh, recht gut. Sie hat eine komische Beziehung aber einen gut bezahlten Job.“
„Und wie geht es Morphine?“
„Auch gut. Natürlich ist sie im Stress, aber das sehr gute Resultat ihrer Zulassung hat ihr Auftrieb gegeben.“
„Sie ist aber auch wirklich nett und ich war sehr beeindruckt, was sie alles über Bücher und Autoren wusste.“
„Ja, ich bin auch immer verwundert und ehrlich gesagt auch ein wenig neidisch. Ich würde das auch gern können.“
„Du sprichst wenigstens Sprachen. Ich kann gerade leidlich Englisch und das einzige, was mir zu Büchern einfällt ist Erich Kästner.“
„Wieso, magst du den?“
„Nee, meine Eltern wohnen in der Erich-Kästner-Strasse. Wie macht ihr das eigentlich? Ich meine, ihr seht euch auch nicht oft, oder?“
„Nee. Ist noch immer eine Wochenendbeziehung. Im Augenblick funktioniert es aber, wenngleich ich sie gern öfters sehen möchte.“
„Aber es ist doch schon ein Fortschritt gegenüber zu Stockholm?“
„Das bestimmt. Der Trick an der Sache ist, dass ich mir vorgenommen habe, eben nichts für die Firma zu tun, wenn wir zusammen sind. Letztes Wochenende war das erste Mal, dass ich in ihrem Beisein etwas für die Firma tat. Nur kurz und doch elendig lang.“
„Und zukünftig?“
„Zukünftig würde ich gern mit ihr zusammen wohnen.“
„Meinst du das klappt?“
„Ich werde alles daran setzen.“
„Kann sie denn akzeptieren, dass du selten daheim bist?“
„Ich denke schon, zumindest sagt sie es.“
„Und wenn es wieder so weit kommt wie bei der Antiken?“
„Einmal verkehrt machen ist Lernen. Zweimal ist dumm. Ich werde nicht dumm sein.“
„Meinst du ich wäre dumm?“
„Oh ja. Du wärst dumm. Manu ist ein Top-Frau.“
„Ich weiß. Ich hätte sie sonst nicht geheiratet. Ich hätte gern, dass alles so ist wie vor 2-3 Monaten.“
„Dann tu was dafür.“
„Du kennst meine Alternativen. Würdest du mitkommen?“
„Das kommt darauf an.“
„Eigentlich sind wir doch geile Macker in dem was wir tun.“
„Ja, eigentlich schon. Die Tatsache vernachlässigend, dass uns etwas entgeht, etwas wie Freundeskreis, regelmäßiges Training und politisches Engagement, eine gute Beziehung,
alles was uns als Person auch reifen lassen würde, dann sind wir geile Macker.“
„Irgendwie traurig. Aber immerhin sehen wir etwas von der Welt, sind in Bewegung."
„Yepp. Immer bis zum nächsten Hotel, dessen Aussicht geniessen und weiter."
"What a fucking hotel life."
"Geht doch mit deinem Englisch."




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