Dienstag, 9. Dezember 2008
Eine Frage auf Ehre und Gewissen
Törö, damit haben Sie nun nicht gerechnet und ich sowieso nicht und daher weiter im Programm und zwar stilvoll und lehrreich:

Ein ukrainisches Sprichwort besagt: Eine Geschichte die mit Roter Beete anfängt, endet meist mit dem Teufel, womit auch geklärt ist, weswegen es so wenige Geschichten gibt, in denen diese gustiöse Bekömmlichkeit als Opener gewählt wurde - ganz im Gegensatz zur Deutschen Bahn.

Einst forderte Kaiser Gerd-ich-färbe-meine-Haare-nicht-und-mach-jetze-in-Energie-Schröder die Totale Mobilität, wegen der Jobs und so und hat damit ja auch tatsächlich einen Boom ausgelöst und zwar bei Scheidungsanwälten, denn nichts ist so ehe- und beziehungsschädlich als das Fehlen von gemeinsam verbrachter Zeit, gemeinsamen Ritualen, gemeinsamen Erlebnissen, Riechen, Schmecken, Fühlen, eben einer Bindung.

Sollten Sie das nicht glauben, fragen Sie mal einen Skialpinen-Fahrer, was der so von guten und festen Bindungen hält. Es hilft überhaupt nichts, wenn Sie den besten Ski und die besten Stiefel haben, aber keine g´scheite Verbindung zwischen beiden. Am Ende feiert nämlich Ihr Ski unten im Tal bereits, während Sie noch immer oben etwas ziellos zwar, aber immerhin gut bestiefelt, rumkullern.

Womit festgehalten werden:

Abfahrtsgeschwindigkeit von Stiefel und Ski sollte synchron verlaufen, dann ist man erfolgreich.

Auch so ein Ansatz, über den man mal nachdenken könnte. Sind scheinbar alles Naturgesetze.

Also, als Gerd - Freunde dürfen Gerdman sagen- forderte, rief ich begeistert JA, bin ich doch bis zur Bewegungslosigkeit mobil, denn ich besitze eine Bahncard 50.
Verzückt zückte ich mit zuckrigem Grinsen und zuckender Hand zuckelig die Eintrittskarte zum Reich der 1. Klasse und begab mich sodann auf meinen Platz und damit auf die Reise und zwar nach Vorösterreich.

Vorösterreich ist der Landstrich, von dem Don Alphonso meint, es wäre so toll dort zu wohnen. Nun, da möchte man ihm direkt ins Gebirge rüber brüllen:

Sei unbesorgt, Werter Don, man kann auch in albernen Aberglauben sehr alt werden.


Und das war bisher gar nicht das, was ich schreiben wollte, daher vielen Dank, dass Sie bis hierhin mitmachten und nun, wie angekündigt, der Teil mit der Frage auf Ehre und Gewissen:

Also, gestern, schon etwas später, im Abteil: Wir gaben uns dem Surren der Räder, dem unregelmäßigen Dong Dong der Schienenstöße und unseren Gedanken hin, denn kein Mucks war zu hören, als ich störend angesprochen wurde.

Ein rauschbärtiger ältere Herr und lupenreiner Deutscher, wie man ganz unschwer an seinem kolossalem russischen Dialekt raushörte, fragte mich, ob ich etwas zu Essen oder Trinken haben wollen würde.

Ja, antwortete ich, einen Kaffee, Bitte.

Daraufhin entschwand das Väterchen und zwar mit ICE-artiger Geschwindigkeit, also vermindert, wegen des kleinen Triebwagenschadens, dessentwegen ich mir aber keine Sorgen machen sollte, es bestünde keine Gefahr, wir würden nur länger brauchen.
Aha. Gleiches galt für auch für meinen Kaffee, das nennt man wohl Synchronisierung von Arbeitsprozessen.

Keine Ahnung, was Väterchen unterwegs so trieb, vielleicht Bohnen pflücken, aber als er endlich ankam, war der Kaffee schon runter gekühlt auf schluckfreundliche 5°, was jetzt numerisch übertrieben, sachlich aber durchaus richtig ist.

Was bin ich schuldig, wollte ich wissen.

2,90 Euro, Bitte.

Ich reichte eine Fünfeuronote (geiles Wort, so geschrieben) und sagte:

Machen Sie bitte 3 Euro.

Hat er auch gemacht und mir tatsächlich 3 Euro Wechselgeld gegeben. Ich finde, das ist ein toller Service für Reisende der 1. Klasse: Wunschwechselgeld (gefällt mir - so geschrieben - noch besser als ACHTUNG: Fünfeuronote), oder?

Frage nun: Wie hätten Sie gehandelt? Hätten Sie Väterchen auf seinen Fehler aufmerksam gemacht?

Oder hätten Sie, weil Sie und Ihr Kaffee 40min. Verspätung hatten, sich grausam an der Bahn gerächt und sich einen Wertvorteil von 1,00 Euro ergaunert?

Wenn Sie mir Ihre Meinung schreiben, verrate ich Ihnen, was ich machte.

PS Ich schreibe das gerade im ICE nach Bremen. Wie liegen in der Zeit und die Internetverbindung ist auch stabil. Kaffee gab es heute innerhalb von 4 Minuten. Geht doch, manchmal und schon gar nicht alles.

Ach, fuck, nun doch noch der:




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