Sonntag, 21. Juni 2009
Der bärtige Mann


Es war einmal, nur sicher können wir uns dessen nicht sein, denn es könnte ja auch sein, also in diesem Augenblick, ein Mann.

Er lebte man Rande des Dorfes in aller Bescheidenheit und für sich. Sein Nachbar war der Dorf-Managing-Direktor, der zum Zeichen seiner Macht sogar einen Zaun hatte, der zwar weder sein Grundstück geschweige denn das ganze Dorf umfasste, aber immerhin: es war ein Zaun, zwei Meter lang, prächtig gestrichen und wenn mal wer anders Chef des Dorfs werden sollte, konnte man den Zaun einfach wegtragen. Das wussten natürlich auch die Kinder, weswegen der Zaun häufig, besonders nach samstäglichen Feiern, ganz woanders stand. Dann wurde der Dorf Managing-Direktor immer ganz hysterisch.

Es war im Dorf allgemein üblich, dass die Frauen, wenn sie denn einen Mann ansprechend fanden, ihm eine Nachricht zukommen ließen, in welcher ihm erlaubt wurde, die entsprechende Frau zu jagen. Glückte die Jagd und gelang es dem Mann die Frau zu fangen, erwarb er damit einen Hochzeitsanspruch.

Nie, so konnte man den Dorf-Annalen nachlesen, wurde einer Frau die Jagd auf sie abgeschlagen, wohl aber gab es Männer, denen nie die Jagd erlaubte wurde. Einer davon war unser bärtiger Mann, den wir auf nachfolgendem Bild im Plausch mit dem Dorf-MD sehen. Es muss ein Festtag sein, denn der MD trägt seinen Spitzhut, ein Zeichen, das sein Verheiratetsein bezeugt. Vielleicht erwartet er auch nur Regen, wer kann das schon wissen.



Ob des Fehlens einer paarungsvollen Ergänzung seiner selbst, ging der bärtige Mann seinem Tagwerk allein nach: Pflügen, Grubbern, Sähen, Jäten, Mähen. Und danach wieder von vorn: Pflügen, Grubbern, Sähen, Jäten, Mähen, zwischendurch bisweilen die Kuh des Nachbarn streicheln und dann wieder von vorn: Pflügen, Grubbern, Sähen, Jäten, Mähen. Weil sich das Ganze nicht nur langweilig liest, sondern in seiner gelebten Häufigkeit auch ist, nutzte der bärtige Mann die Zeiten zwischen seinen Hauptbeschäftigungen zur Zerstreuung und Erbauung.

Eines seiner liebsten Hobbys war hierbei das Angeln. Oft sah man ihn spät abends am, oder besser im Dorfteich auf der Jagd nach dem sagenumwobenen Buckelfisch. Dieser Fisch soll seit Äonen im Teich leben und das Verspeisen seiner Schwanzflosse versprach ewiges Leben und Glück. Kein Wunder also, dass sich Generation um Generation an seiner Erlegung versuchte, doch zu geschickt war seine Tarnung, die er mit den Jahren perfektionierte. Oder können Sie ihn auf nachfolgendem Bild ausmachen? Sehen Sie, deswegen ist der Buckelfisch nicht zu fangen.

Was wir aber recht gut erkennen können, ist der untere Moskito, der nach fehlgeschlagenem Versuch eines erfolgreichen Stichs mürrisch davon fliegt, während der obere mit Topspeed und dabei rufend:“Alles eine Frage der Geschwindigkeit!“ ebenfalls die Regenjacke zu durchdringen versucht. Er hat wahrscheinlich noch nicht mitbekommen, dass ihm einer seiner Schuhe dabei abhanden gekommen ist, was wir ihm auch nicht sagen müssen, ich Ihnen aber erklärt haben wollte, damit Sie nicht meinen, diese Bilder wären fleckig, nicht wahr?



Eines Tages, der bärtige Mann befand sich fraglos fanglos wie immer auf dem Weg nach Hause und dachte über Dieses und Jenes nach, als sich noch gar nichts ereignete, aber drei Meter weiter, da hörte er ein Kreischen.

Abrupt blieb er stehen, schaute sich nach allen Seiten um, um die Quelle des Schreis auszumachen und erblickte die Sonnenblume Gundula, die aber gar nicht schreien konnte, weil ich vergessen habe ihr einen Mund zu malen und dann, endlich, fiel sein Blick auf einen sich windenden Wurm zu seinen Füßen.

„Danke“, so rief der Wurm sehr angestrengt, weil er ja kleiner ist und deswegen eine große Klappe haben muss, was man auch von Bloggern und andern Menschen kennt, „dass du mich verschont hast.“




„Nanü.“ Wunderte sich der Bärtige und wollte weiter wissen:
„Wieso kannst du denn Sprechen?“

„Ich bin der Wunder-Zauberwurm Anne Rose, ich habe nichts zu sagen, dass aber reichlich und befinde mich auf dem Weg…ähm, wieso erzähl ich dir das?“

„Weil ich dein Leben verschonte?“

„Achso, ja, klar. Also ich bin total wichtig und befinde mich auf dem Weg zur Redaktionssitzung, dahin, wo die anderen W….“

„Ok. Ok., verschone mich bitte, ich bin schon traurig genug. Also, hopp, zieh weiter…“

„Momentmal, wieso bist du denn so betreten, hm?“

„Ach weißt du, du siehst ja selbst, ich sehe aus, wie ich aussehe und keine Frau diesseits oder jenseits der Dorfgrenze will mich ehelichen. Das macht mich traurig.“

„Na, mein Lieber, das ist nun kein Grund, traurig zu sein. Durch die Rettung meines Lebens, hast du dir einen Wunsch verdient. Also, was wünscht du dir?“

„Ist das wahr? Dann wünsche ich mir natürlich eine mich liebende und wunderschöne Frau.“

„Ok.“ Sprach der Wurm und kramte ein Stück Papier hervor.
„Ich kann deinen Wunsch erfüllen, aber vorher musst du dies noch unterschreiben.“ Dabei hielt das Papier unter die Nase des Bärtigen, der da las:

Der Wunsch wird "so wie er ist" erfüllt, dies bedeutet: mit der Äußerung eines Wunsches erklären Sie sich ausdrücklich damit einverstanden, auf die Ihnen gesetzlich zustehende Garantie bei Wünschen sowie auf die Sachmängelhaftung zu verzichten. d.h. das Wunscherfüllungsresultat wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung geliefert.

„Ich weiß nicht, was das bedeutet, aber ok.“ Sprach er und unterschrieb.

Es machte Zack Zisch Bumm und ein Blitz dröhnte auf die Erde hernieder und mit ihm begann es zu regnen, womit der MD auf Bild eins recht behalten hat und wir im Rahmen dieser Geschichte festhalten können: wenn es regnet sollte man wenigstens verheiratet sein.

„Aber,“ so rief der bärtige Mann, „..was ist denn jetzt mit meiner Frau?“

„Die,“ entgegnete der Wurm, der sich bereits wieder auf den Weg gemacht hatte,„…die wohnt hinter den dreieinhalb Bergen, sie zu erreichen, musst du über sechs Brücken gehen und sieben Eichen sehen. Drei Boote sollst du nutzen und auch ihre Schuhe putzen, denn Sie hat es mit Vögeln und gern auch Feten, ihr Name lautet Anne-Marie von Hansteeten.“

Und dann war der Wurm entschwunden.

Der Bärtige aber, der fasste neuen Mut, wusste er nun, dass es einen Ort gab, wo eine Frau auf ihn wartete, wenn er doch bloß einer Mitschrift der Wegbeschreibung gemacht hätte….


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