Donnerstag, 14. Januar 2010
Do you speak Danish?


Vor ein paar Wochen, wir lagen uns in den Armen, berauscht von der Unfassbarkeit dessen, was uns da widerfuhr, da sprach ich, die Nacktheit meines Körpers an ihre kuschelnd, sanft in ihr Ohr: "Es ist zu groß, es wird Betrübliches, uns Beschäftigendes aufziehen. Ich bin sicher, denn das Universum strebt immer nach Ausgleich."

Sie schmunzelte seinerzeit, zog mich dichter an sich heran und entgegnete: "Kannst du dich an den Spruch an meinem Kühlschrank erinnern?"

Ja, klar konnte ich. Dort hängt ein Magnet mit einem Zitat Kafka`s:

Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis. Vielleicht ist keines da.


So beließ ich es dabei, wollte nicht mehr ans Ungemach denken, lieber lieben, geliebt werden und wir lebten die Tage entlang in der Bescheidenheit unserer Freude über das Miteinander unserer beiden Seelen.

Die Widrigkeit in diesen Zeiten war einzig das Faktum, dass das Fassungsvermögen eines handelsüblichen Tages nicht genügte, die Bedarfe, gegeben durch unsere Verpflichtungen, unsere Wünsche, unserem Wollen, unserem Dürfen, aufzunehmen und so fanden wir uns oft zu später Stunde wieder, lachend und Pläne schmiedend, für die Zeit, die da kommen möge und unsere Zukunft sein würde. Alles war so klar, auch wenn wir oft übermüdet waren.

Und dann kam der letzte Montag.

Frau Novemberregen schrieb hier im Cove mal sinngemäß: Der nächste Sprungturm kommt sowieso. Es scheint, als behielte sie recht. Es scheint, als liefe mein Leben in 3 Jahresschritte ab.

Letzten Montag wurden mein Chef und ich von Martin aus Dänemark besucht. Ihn kenne ich schon ziemlich lange und wir mögen uns auch sehr. Martin ist seit 1. Januar Mr. Ganzwichtig. Deswegen war er auch da: Wichtige Dinge bereden.

Wir aßen gemeinsam zu Abend. Danach ein paar Bier. Irgendwann verließ Chefchen uns und Martin und ich blieben allein zurück. Martin fragte mich, ob ich wirklich heiraten wollen würde. Ja, war meine Antwort. Er freute sich sichtlich für mich.

Dann hat er die Katze aus dem Sack gelassen und dieses Biest hat sich seit dem in mein Herz verkrallt und will einfach nicht loslassen.

Martin hat mir einen Job angeboten und zwar in Kopenhagen. Sie müssen wissen, dass dies ein Novum wär. Noch nie hat ein Nicht-Däne eine wirklich verantwortungsvolle Position im HQ begleitet.

Ich wäre der Erste, es wäre eine spannende Aufgabe und es wäre ziemlich viel Verantwortung. Die will ich auch haben, die Verantwortung, auch wenn ich nörgele, stöhne und bisweilen unter dem Druck zu zerbrechen drohe, aber ich will lieber bestimmen, als das ich über mich bestimmen lasse.

Insofern reizt mich der angebotene Job unheimlich. Über Geld müssen wir nicht reden. Geld ist nicht wirklich ein Motivator, denn ich verdiene genug, um nicht unglücklich zu sein. 5000€ mehr auf Jahresbasis reichen nicht, die Opportunitätskosten eines Wechsels in eine neue Firma zu deckeln. Es gibt einen Gehaltslevel, der erreicht werden muss, was in der Regel auch der Fall ist.

Bei beschriebener Position kommt aber die neuerliche Auslandserfahrung dazu und die Tatsache, dass ich noch tiefer in die Struktur der Firma eindringen könnte, noch mehr firmenrelevantes Wissen erwerben würde und mich damit auch für andere Positionen qualifizieren könnte.

Ja. Das sind so Gedanken, die ich mir machte, nachdem ich mich mit Martin am Montag abgeschossen habe und eh nicht schlafen konnte. An diesem Montag eben, an dem mich auch die SMS der Liebsten erreichte, dass sie nun auf dem Standesamt war und alles regelte, der Termin steht. Baff.

Ich befinde mich in einem Dilemma, dessen Lösung ich nicht sehe. Vor ein paar Monaten wäre das alles kein Problem gewesen. Ich hätte „Her mit dem Vertrag!“ geschrien und wäre huxflux nach Kopenhagen gezogen, bei der Chance? Man fährt auch nur 30 Minuten bis nach Malmö.

Aber.

Es gibt die Frau an meiner Seite, meinen Heimathafen, Mädchen No. 1. Ich werde keine Entscheidung ohne sie treffen, keinen Entschluss fassen. Wie könnte ich? Wo ich mir so sicher wie noch nie bin, wo ich sie heiraten werde, wo sie die Mutter meiner Kinder sein wird. Wie um alles in der Welt könnte ich ihr Wollen und Tun vernachlässigen? Gar nicht.

Ich will keine Frau an meiner Seite, die von mir abhängig ist. Ich will eine starke, selbstbewusste, mich einnordende Frau, eine, die weiß was sie will und wie sie es sich holen kann. Eine, mit der ich, wie heute Morgen, um 06.15 Uhr schon Lachen und Rumalbern kann. Ich hab sie. Ganz in echt und sie riecht auch gut.

Also redeten wir darüber, gestern, vorgestern, alle Tage ein ewiges im Kreisdrehen, ein Gedankenspiel. Und dann weinte sie. Sie weinte, weil es sie zerreißt, denn so gern würde sie mir diesen Weg eröffnen und so unwohl fühlt sie sich bei dem Gedanken, in Kopenhagen zu leben.

Auch ich habe mein Bedenken. Es geht nicht um Geld. Es geht darum, dass ich ihr ein erfülltes und schönes Leben bieten will und wie könnte sie das haben, ohne Job, ohne Freunde, ohne Familie und ohne mich, wo ich doch viel unterwegs sein würde?

Heute gleichen die beschriebenen Faktoren mein Fehlen aus, heute kann sie mal schnell zu ihrer Freundin, einen Tee trinken, reden, lästern. Aber in Kopenhagen? Einsamkeit kann tödlich sein, ich weiß dass. Einsamkeit killt Beziehungen, fragen Sie mich.

Sehen Sie, das ist mein, unser Dilemma. Halten Sie mich nicht für dumm oder gar unrealistisch. Ich weiß, dass ich nicht alles haben kann und nur noch knappe 14 Tage stehen zur Verfügung, um eine Entscheidung kundzutun. Können Sie sich vorstellen, wie dies in mir rouliert?

Jepp, Mädchen No. 1 hat recht. Es zerreißt einen und das Universum grinst sich eins, aber eines wird nie geschehen:

Unser Kind wird nicht in Kopenhagen geboren. Egal was kommt, unser Kind wird ein Hamburger Jung oder ne söte Deern.

Schiff Ahoi! Ein Leben lang!
;-)


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