Sonntag, 22. Juni 2008
Money makes the world go round - 2
Am Abend des Tages ging da Nachricht des Geldscheinverlustes als Breaking News um die Welt. Von Deutschland über Paris nach New York und weiter nach Tokio - an immer mehr Orten der Welt trat dieses Phänomen auf, welches sich anfangs nicht erklären ließ und seine Brisanz dadurch erhielt, dass es sich mit unbeschreiblicher Geschwindigkeit verbreitete.

In den ersten Tagen waren es ein paar Millionen Euro an Schaden, die sich nach einer Woche bereits auf Milliarden erhöhten. Es gab Nachrichten von Geldtransportern, die gefüllt zu einer Bank losfuhren, jedoch leer ankamen. Bankautomaten, die ohne dass eine Auszahlung vorgenommen wurde, schon nach wenigen Stunden out of cash waren. Lebensmittelketten weigerten sich, Bargeld anzunehmen, weil es immer einen Verlust darstellte. Doch niemand hatte je gesehen, was mit dem Bargeld passierte, oder wo es verblieb.

Und wie immer, wenn ein reales, aber unerklärliches Phänomen auftaucht, das Menschen aus der Sicherheit ihrer Gewohnheit reißt, reagieren sie konsterniert, panisch. Einige sahen in den Vorgängen den Zorn Gottes, die gerechte Strafe für Gier und Kapitalsucht. Andere hielten es für den Beweis, dass die Menschheit ein Experiment sei und der Experimentator nur sehen wolle, wie sie reagierten. Es war nicht der Umstand, dass kein Bargeld verfügbar war, der die Menschen in längst überwunden geglaubtes Verhalten verfallen lies, sondern vielmehr die Angst vor der Unerklärbarkeit der Vorgänge.

Als man schließlich einen neuen Bakterienstamm entdeckte, der die eigentümliche Mischung aus Baumwolle und Farbstoff des Geldes als Nahrung nutzte, war es bereits zu spät. Die Geldbestände der Welt waren fast vollständig vernichtet, es verlor seinen sichergeglaubten Status als universelles Tauschmittel, denn niemand wollte mehr Bargeld akzeptieren.

Die klugen Köpfe der Welt stritten darüber, wie es zu der völligen und restfreien Vernichtung von Geldscheinen durch die Bakterien kommen konnte. Manch einer hielt es für unmöglich, auch wenn die Fakten eine andere Sprache sprachen. Schnell wurden Mutmaßungen einer globalen Verschwörung laut und einige sahen in den Vorgängen eine staatliche Manipulation, die aber nie bestätigt werden konnte.

Es wurde kein Substitut für Geld geschaffen, zu anfällig und anachronistisch hielt man diese Form des Warentauschs ohnehin. Stattdessen beschlossen die Regierungen der führenden Industrienationen in eiligst einberufenen Sitzungen eine komplette Revolution des globalen Handels, nämlich die totale Vernetzung - das uneingeschränkte bargeldlose Bezahlen. Dies war sicherlich eine Lösung, aber eben nicht für die weniger entwickelten Staaten.
Und während diese sich mehr und mehr zu einer Tauschgesellschaft entwickelten und ihre Bewohner nahezu völlig der Möglichkeit von der Schaffung Wohlstands beraubt wurden, beschlossen die 1. Welt eine Einheitswährung: E-Coin.

Dessen Einführung begann mit einem Chaos aus langen Schlangen aufgeregter weil ungeduldiger Menschen. Und als mit den Jahren das Öl und damit der Kunststoff ausgingen und eine Vereinfachung der Handlungen gefordert wurde, pflanzte man den Menschen einen Nano-Chip ein. Auf diesen fand sich die Identität, Krankheitsgeschichte, Kontostand - einfach alles, was über einen Menschen zu wissen galt.

Anfangs wehrten sich die Datenschützer natürlich vehement, ließen sich dann aber doch von der Sicherheit des Schäuble Schlüssels überzeugen, was ein kapitaler Fehler war. Die hierdurch entstandene Transparenz des Menschen, die Analysierbarkeit des Individuums und seiner Identität mündeten alsbald in regionale Aufstände derer, die unter der Herrschaft des E-Coins standen.

Doch all das sollte an diesem Tag kaum vorstellbare Zukunft sein. Dieser Morgen begann mit der Ungeheuerlichkeit der absoluten Ratlosigkeit, die auch nicht von Klaus abfiel, als er abends vor dem Fernseher sein angeschriebenes Brötchen kaute und die Nachricht des sich anbahnenden Umbruchs vernahm.


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wie ich eben schon sagte: in deinem herzen bist du ein kleiner rebell und man fragt sich, wie du das beruflich machen kannst, was du so machst.
mein querkopf.

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Quer ist das neue Schwarz und macht sexy. Und zur Frage: Einfach sich selber nicht ernst nehmen.

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aber bitte nicht zu sehr queer. sonst wird´s doch wieder rosa. ;)

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*gefällt*
Egal, ob schwarz, quer, oder rosa: eine richtig gute Geschichte...
Möchte bitte ein halbes Zwiebelbrot geben eine halbe Flasche Apfelschorle (naturtrüb) tauschen.

Halligen

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Apfelschorle ist leider aus. Ich hätte aber noch die kleine Fan-Ausstattung Holland im Angebot. HAHAHAHA;-)

PS Danke!

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Nehme ich...
Die Trikots werde ich einfach neu bedrucken und als Vereinsausrüster-Shirts des WSV (Saison 2004/05) bei Ebay verticken.
Davon kann ich mir dann wieder Liter von Apfelschorle zurück tauschen.

;o)

PS: Gern geschehen.

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Das könnte ein gelunger Auftakt für ein noch gelungerneres Buch sein. Bitte weitermachen!

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Ach Frau Diagonale, ich bin ein fauler Sack, der am liebsten gleich zum Ende kommt, um das schöne Gefühl zu bekommen, etwas geschafft zu haben. Mir fehlt die Ausdauer, gerade auch die Zeit und und und und....

Aber trotzdem: DANKE!

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Gruselig. Aber gut getextet. Wie gewohnt :o)

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Genau . "Unheimlich" gute Geschichte. :)

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@Mondfrau: DANKE, ich übe noch und warum gruselig?
@AURORASK: Leider nicht aus dem Leben wie bei Dir. Aber mein Leben ist auch nur halb so spannend.

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Wutt? Wo liest du denn?
Wenn mein Leben nur halb so spannend wäre,wie du denkst wie es sei,dann wäre es immernoch doppelt so spannend,als wie es ist.
Aaaaalso...ist es halb so spannend wie deins. Ätsch.

Jetzt raff ich meinen eigenen Satz nicht mehr,nach 20 mal lesen........

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HAHAHAHA, solche Sätze gefallen mir.

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Merci für die Auflösung :)

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Für Sie, Frau Fishy, mach ich doch fast alles. Weisste doch;-)

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Sehr schön, Mr. cab. Und am Ende stürzen wir beide aus dem Lumpenproletariat in einer einzigartigen und nie dagewesenen Revolution all diese Salonbohemians und Geldfetischisten. Jawoll, das tun wir.

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Könnten wir auch ein paar Super-A-Blogger stürzen? Ich meine ja nur, wo wir doch eh schon dabei wären und man muss ja schonend mit den Ressourcen umgehen, oder?

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the happening! ;-)

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