Samstag, 25. April 2009
Ahoi, Herr KaLeu



Jetzt bin ich ein Pirat,
sieh mein Schiff in voller Fahrt,
ich halte Dich gefangen...

Mysteryland/Die Ärzte




Uhu Uhu.

Als mittelmäßiger Freibeuter der Herzen überlege ich ja wirklich, ob ich mich nicht lieber auf ordinären Raub bzw. Piraterie verlegen sollte - vielleicht Alsterpirat. Zusammen mit Herrn Kid?

Denn wie dieser Tage nur überdeutlich wird, scheint dies eine lukrative Geschichte zu sein. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob sie im Rahmen ihrer Tätigkeit bei einer Bank oder an der Somalischen Küste Pirat werden. Lohnend scheint es allemal.

Diese Woche, als ich der einzigen Relevanz harrte, nämlich dem Spiel HSV gegen Bremen, suchte ich NTV, bzw. dessen Programmplatz, um vorher noch Nachrichten zu schauen. Nachrichtensender sind bekanntlich immer auf den hinteren Plätzen von Hotelfernbedienungen zu finden, wohingegen die No. 7 recht häufig ausgenuddelt ist. Das allein sagt auch schon wieder viel aus und NTV war gar nicht erst programmiert.

Beim Durchzappen bin ich dann aber bei BBC hängengeblieben und habe die wirklich sehr kleine, jedoch beachtliche Meldung mitbekommen, die !Hoppla! nun kommts, ”Geberkonferenz” hätte beschlossen, Somalia 200 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen.

Jut, mag da so manch anderer Transferempfänger denken, wie soll ich damit aber die Boni bezahlen?

Gar nicht, denn das ist andere Baustelle, verstehste?

Und weiter im Text:

Den Namen „Geberkonferenz“ halte ich ja schon mal für überaus aus passend, denn dann wissen die Empfangenden auch gleich, wo sie sich im Gefüge der Staaten einzuordnen haben und vor wem es zu knien gilt. Es sollte klar sein, dass die wahren geschichtlichen Zusammenhänge sich etwas anders darstellen (wenn nicht, fragen Sie mich, ich habe darüber eine Hausarbeit geschrieben) und die daraus resultierende Benachteiligung eines ganzen Kontinentes mit all ihren verheerenden Auswirkungen bis heute anhält.

Auch das dieser Woche vergebene „Geschenk“ an die Somalier ist bei genauer Betrachtung nichts weiter, als die Fortführung dessen, was vor langer Zeit begann.

Es gäbe genügend Krisenherde auf dieser Welt, deren sich die Geberstaaten annehmen könnten. Jedoch keiner von denen bedroht die wirtschaftlichen Interessen der vorbenannten Staaten so immens wie die Piraterie vor Somalischer Küste. Ein Schelm, wer nun böses denkt. Dennoch sollte man vielleicht mal laut nachfragen, warum denn ausgerechnet Somalia die Hilfe erhielt?

Gutgläubige Menschen, die einen Hang zu Selbstgebackenem haben und immer total korrekt im Bio-Supermarkt einkaufen, werden nun vielleicht argumentieren, dass diese Hilfe besser sei als keine. Das wäre, würde es die Argumentation zur Bewilligung der Hilfe nicht geben, sogar richtig.

Freundlich wie die Geberkonferenz ist, wurde nämlich gleich klargemacht, wofür es die Gelder gibt: zur Ausrüstung des Militärs, denn die haben noch nicht mal gepanzerte Fahrzeuge, die Armen.

Somit ist es ja nur gut und richtig in die Bewaffnung zu investieren, denn es ist eine gelebte Tatsache mit langer Tradition, dass der gemeine Afrikaner viel lieber Panzer, AK47 und allerlei anderes Kriegsgerät hat, als eine funktionierende Infrastruktur, Bildung oder gar einen Teller voll mit Nahrung.

Und wenn man es noch ein wenig mehr positiv sehen möchte, tun die Geberstaaten auch gleich noch was gegen die Krise im eigenen Land: Selten hörte man davon, dass die Krisenherde dieser Welt mit Waffen aus Afrika ausgerüstet wurden. Wie auch. Glaubt man den neuesten Zahlen, exportieren die fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (China, Frankreich, Großbritannien, Russland und, allen voran, die USA) 90 Prozent der Waffen.

Eine Karte der Top 10 der exportierenden Nationen sieht man hier.

Und das schöne an so einer Entwicklungshilfe ist ja, sie hört nie auf. Fraglich, ob es nicht ehrlicher gewesen wäre, hätte man den Somalier gleich ein paar gepanzerte Fahrzeuge aus alten NVA Beständen geschickt?

Ich weiß, es ist müßig, sich über solche Dinge aufzuregen. Dennoch sollten wir uns nicht die Köpfe verdrehen lassen und die Dinge auf Ursache und Wirkung beleuchten. Mag sein, dass wir die Situation nicht ändern können, wir werden aber auf gar keinen Fall dümmer. Denn Sie wissen ja:

"tickt erst mal einer, dann ticken auch zwei
und ticken mal 2 sind bald alle dabei"


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Während meines Studiums nahm ich mal an einem Ethnologie-Seminar teil, das hieß "Krieg im Horn von Afrika". Damals herschten dort schon seit mehr als 100 Jahren Krieg, mehr oder weniger ununterbrochen. Jetzt dürften es wohl 125 Jahre sein, und ich glaube nicht, dass sich daran so schnell etwas ändern wird, auch nicht mit 200 Millionen Euro - fürs Militär.

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Da gebe ich Ihnen recht, Frau Arboretum. Die Frage, die dahinter steht, ist aber auch, wäre eine Änderung von allen Seiten erwünscht? Und um diese Frage spekulativ zu beantworten, muss der alte Cicero herhalten, der da schrieb: Cui bono? Das ist alt, aber noch immer gültig.

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Danke für die deutlichen Worte. Man kann sich sowas nie genug vor Augen halten und anderen am Besten gleich mit. Lieber sowas ab und zu mal direkt auf den Tisch, als das politischkorrekte Müsli aus dem Biosupermarkt.

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Yes. Es gilt ja nicht, eine Revolution zu starten, sondern nur, die Augen und Ohren aufzuhalten. Und natürlich mitdenken.

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Na, der Fairness halber muß man sagen, dass die Militärausrüstung offenbar nicht direkt dem - ohnehin inexistenten - somalischen Staat zugute kommen soll, sondern den Friedenstruppen der AU (was immer man davon halten mag). Lächerlich hingegen folgende Aussage (vor allem im Zusammenhang mit Frau Arboretums Kommentar): "The United Nations also wants representatives from some 30 nations expected at the conference to come up with a 100-day plan to rebuild stability in Somalia." (von Voice of America) Ein 100 Tage Plan zur Stabilisierung? Nicht zu fassen. Und ich wünsche mir Weltfrieden und daß die Polkappen nicht länger schmelzen.

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Sie haben recht. Ich habe mit Absicht nicht explizit die AU erwähnt, weil es meiner bescheidenen Meinung nach überhaupt keinen Unterschied macht, wie die Bezeichnung der Waffentragenden ist. Es ist und bleibt der Fakt: Waffen statt Brot.
Gerade heute gab es in den Nachrichten die Meldung, dass Deutschland in den vergangenen Jahren seine Waffenexporte um 70% erhöhte und damit die Nummer 3 im Ranking der Waffenexporteure ist. Von einer Krise kann in diesem Bereich keine Rede sein.
Fraglich, ob unsere Regierung diesen Aspekt einbezieht, wenn sie von den aktiven Friedensbemühungen spricht?

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Der Link zur Geberkonferenz funzt nicht so richtig (zumindest nicht mit dem elendigen Firefox, den ich hier leider habe). Liegt wohl am RSS, wenn man den letzten Zusatz entfernt, dann gehts: http://diepresse.com/home/panorama/welt/473073/index.do


Ja, Somalia. Das ist sowas wie das Afghanistan Afrikas (und das nicht nur was das Chaos angeht: Hie wie dort gibt es Strukturen, mit denen heutzutage im wahrsten Sinn des Wortes kein Staat zu machen ist. Hier nennen wir es Stammespolitik, dort Clanpolitik und beide funktionieren (eher: nicht) ähnlich und beide darf man gescheitert nennen).
Und vielleicht sollte man mal erwähnen, dass Kriegsmaterial eben auch älter wird (wie eben auch Autos) und dann modernisiert so eine Armee eben (ganz egal, woher sie stammt), tun wir ja auch, indem wir neue Autos kaufen und dann muss der Altschrott halt weg: Sei es der Dreiergolf oder ein ausgedienter Panzer, das Prinzip ist ähnlich. Der Zielort nicht selten auch.

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Mein Link funktioniert, und ich nutze auch den Fuchs. Merkwürdig.

Ich kenne mich zu wenig aus, in dieser Materie, um mir ein Urteil zu erlauben, ob etwas funktionieren könnte, oder nicht. Ich bin mir aber ziemlich sicher, das das Urbedürfnis der Menschen nach Sicherheit, Frieden und einen vollen Magen wohl an jedem Ort dieser Erde gleich ist. Warum also nicht daran appellieren? Warum kein Waffenembargo gegen verhängen?

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