Freitag, 21. Juli 2017
Oh, nett, ein Dramolett


Am Hamburger Flughafen siehst du diesen Titel und die Menschen, die selbigen kaufen und denkst dir, wenn ihr das braucht, wird das nix mit der kreativen Problemlösung. Ich mein, wenn es schon insoner Zeitschrift steht?




In Spanien gelandet, denkst du dir, diese Bizz-Trips zur Ferienzeit solltest du dir echt sparen. Wegen der Hitze, wegen der Leuten, wegen...



Du rumpelst über Straßen, die sich Autobahn nennen und denkst dir, die, die diese Trips immer mit Urlaub gleichsetzen, also die Buchhaltungsdamen, sollten jetzt hier sein. Die Klimaanlage des BMW kann nur ganz oder gar nicht.



Du endest in einem trostlosen Industriegebiet....



...in einem noch viel trostloseren Meeting-Raum. Die Verhandlung ist wegen rudimentären Englisch auf der anderen Seite zäh. Ich denke an den Pool im Hotel.



Im Internet sah das Hotel hybscher aus und wirkt real dann alles in allem etwas vormodern. Der Pool, so wußte Paco, der Portier, zu berichten, ist leider nicht nutzbar. Reinigungsarbeiten.



Am nächsten Morgen kämpfst du dich durch kreischbunt gekleideten, urlaubendenten Ausbund menschlicher Existenz zu deinem Gate. Das Flugzeug ist da. Der Pilot irgendwie nicht. Du wirst nicht pünktlich wegkommen und dir schwant Übles.



Du machst einen auf VIP, was immer man darunter verstehen soll, und damit machst du das Beste aus der Situation. Nach einer Stunde hin und her wird ein Ersatzpilot gefunden. Du sitzt im Flugzeug und rechnest die Zeiten durch, könnte noch passen, das mit dem Anschlussflug.



Du landest in Madrid und irgendwie wird dein Trolly zuletzt entladen und du weißt, dein Flugzeug nach Hause is gone with the wind.

Du stürmst auf den Info-Schalter zu und wieder begegnet dir rudimentäres Englisch.

Nach Hamburg? Morgen wieder.
Nach Frankfurt? Morgen wieder.

Du denkst: What the heck?

Die engagierte Person zeigt dir drei Varianten auf:

Madrid-London-Hamburg,
Madrid-Paris-Hamburg,
Madrid-München-Hamburg.

Du hörst dich fragen: Welche Variante ist die schnellste? Die Engagierte meint: Paris.

Eine halbe Stunde schneller als London. Jut, denkst du dir, wenn du aber in Paris Probleme hast, sprechen die noch weniger Englisch als hier.

Du entscheidest dich daher für London und fragst, wer für den ganzen Ärger gerade steht. Also für die finanziellen Folgekosten.

Sie lächelt.

Sie gibt dir einen Gutschein im Wert von 20€ für ein Flughafenrestaurant. Den spendest du einer netten Familie, die ebenfalls noch zu warten hatte und gehst in die Lounge.



Noch ein Wasser, danach Kaffee und jede Menge Zeit, die du nutzt, um schonmal die restliche Woche terminlich umzubauen und die Familie zu informieren. Die freut sich, denn so bist du ungeplant daheim.



Ein Flugzeug steht bereit. Der Pilot ist auch da. Du kommst pünktlich weg und freust dich auf einen entspannten Abend mit der Familie.



Du fliegst London an und alles läuft nach Plan. Du likest das. Du landest und suchst deinen Anschluss-Flug auf der Anzeigetafel. Der wird nicht angezeigt. Stattdessen allerorten Sicherheitshinweise und Security-Heinis die wild rumbrüllen. Du denkst: Gib kleinen Charaktären ein bisschen Uniform - ein Bewusstseinsleibchen - und schon entsteht er, der Faschismus. Hat sich seit dem gefühlt verschlimmert. Mind the gap.



Die schiere Zahl der Sicherheitshinweise wirkt eher verunsichernd.







Und dann fasst du dich an den Kopf, weil es immer noch Menschen gibt, die das nicht verstehen und bei der Kontrolle dann den Verkehr aufhalten.
Are your ready?
Are your ready?
Are your ready?
Are your really ready?



Als du endlich durch bist, wird auch dein Flug angezeigt.



Noch ne Lounge.



Mit schickem Ausblick



Und Kaffee.



Du schnatterst mit deiner Frau, sie sendet dir ein Bild und du bekommst eine Ahnung, warum das mit Hamburg gerade alles nicht so will. Noch machst du dir keine Sorgen.



Blow me up

Aus einer halben Stunde Verspätung werden dann fast zwei. Es ist dir egal, weil es kein Bewandtnis mehr hat. Du willst nur nach Hause.

Hinter Amsterdam und kurz vor Bremen, decouragieren dunkel dräuende Dampfkonvoluten dein Denken der datierten Demission dekretorisch. Prompt kommt die Durchsage des Piloten: Anschnallen, kann bumpy werden. Es gwittert rechts, es blitzt links, gefolgt von einem "Oh" der Dame vor dir. Sonst nichts, ausser bumpiness.

Der Landeanflug in Hamburg wird abgebrochen, dass Flugzeug steigt wieder, es meldet sich der Pilot: Zu windig, zu gefährlich, ein paar Flugzeuge vor uns wurden nach Berlin umgeleitet, wir fliegen noch ein paar Schleifen über der Stadt, in der Hoffnung, dass sich eine Möglichkeit für eine sichere Landung auftut.

En Chorale stöhnt die soignierte Soiree der klassenbewußten Aeronauten solipsistisch und die Möglichkeit des eigenen Ablebens ignorierend, über derlei als übertrieben empfundenes Getue.

Du aber allein hoffst: Nur nicht Berlin.

Und du weißt auch: Zuversicht ist eine Frage der fachmännischen Lüge, oder des Glaubens.

Es wird Hamburg und zwar bump`n`shaky. Obwohl du ja schon ein- bis zweimal geflogen bist, wird es eine dieser Landungen, die du nicht vergisst.



Regen.

Noch immer Regen.

Aussenposition.

Ein Bus wird kommen.

Gleich.

Kommt.



Wenigstens musst du dann nicht durch das ganze verdammte Terminal hampeln, tröstest du dich.

Der Bus füllt sich zügig, alle scheinen nach Hause zu wollen. Wir fahren am Terminal vor. In 20 Minuten bist du daheim.

In 20 Minuten könntest du daheim sein.

Es kommen 4 Flugzeuge kurz nacheinander an und alle Passagiere müssen durch die Grenzkontrolle.

Glück derer, die in einem der ersten Busse saßen.

Pech derer, die im Regen warten müssen.


Blow me up
100 Jahre Gemeinsamkeit, macht aber keine Freunde. Endlich bist du durch.

Kein Taxi. Wieder warten. Du läufst in das andere Terminal. Der Hamburger Flughafen ist ja eher provinziell, alles gut fußläufig zu erreichen.

Du gehst zu der Drop-Off-Zone der Taxen im Abflugbereich und hast Glück.

Der Fahrer grinst, letzte Tour für ihn, deine Adresse liegt auf seinem Heimweg. Er sagt, er können wegen des Wetters nicht schnell fahren. Ist dir egal. Die Familie schläft, der Wein atmet und wartet sowieso, auch unbekümmert.

Es ist 00:28 Uhr als du deine Haustür öffnest und zum erstenmal an diesem Tag: absolute Stille.

Duschen.

Wein.

Milliarden Regentropfen.

Regenstakkato

Adagio

Nichts


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Und ich dachte, als ich neulich in einem Zug nach Berlin saß und in Hamburg 70 Minuten auf einen Lokführer warten mußte, ich hätte etwas erlebt. Also bemerkenswertes. Aber dann kommen Sie wieder weltmännisch daher und zeigen uns kleinen Leuchten, wie echte Delays gehen. Tapfer.

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Ach, Herr Kid, Sie belieben zu scherzen. Sie und kleine Leuchte. ... is klar. Wegen Transportmittel??! Echt?

Bei mir gehört das Fliegen ja quasi zur Arbeitsplatzbeschreibung und ich schreib darüber ja kaum noch, weil es langweilt. Also mich. Und die Besonderheit einer solchen Verspätung liegt für mich in ihrem Ursprung: Ein Pilot, dem ich keinen Vorwurf mache, beeinflusst das Leben von vielen anderen und zwar nachhaltig.(Bitte keine Blödheiten wegen Germanwings jetze.) Und es ist ebenfalls recht hübsch zu sehen, wie die technische Machbarkeit scheitert, wenn Mama Nature mal wirklich die Muskeln spielen lässt.

Vorneulich stand ich am Startbahnhof HH Hbf. und wartete 20 min. auf den Zubringer aus Kiel. Diese 20 min waren genau die geplante Umsteigzeit in Osnabrück für die Bimmelbahn nach Quakenbrück, fragen Sie nicht, was ich da wollte. Haben wir dann entgegen allen Beteuerungen der Bahnmitarbeiter nicht aufgeholt. Wie auch. Die Bahn kann noch nicht Warp-Geschwindigkeit. Warum die Belange der aus Kiel Zugebrachten höher eingestuft wurden, als die der Hamburger, die pünktlich da waren, wurde nicht erklärt.

Versuchen Sie dann mal in Osnabrück auffen Freitag Abend einen sachkundigen Bahnmitarbeiter zu finden. In Osnabrück. Sehn se. Ich bin dann Taxi gefahren. Hat die Bahn gezahlt. Auch merkwürdig. Vielleicht saß jemand wirklich WICHTIGES, also ein VIP, im Zubringer....

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Ach herr cabman, Sie und ihre jobs ;)
Dachte ebenso wie herr kid letztens, heilige scheisse watn stau und theater und überhaupt. Und denn kommse mit ihrer geschichte.
Neue job wie der alte bei Ihnen?

Schön mit dem gutschein, den sie verschenkt hsben. Find ich klasse :) dafür mag ich sie!

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AAAAAAAH, FRAU LUNALLY!!!!!!

da war ich gerade (also vor 4 Monaten oder so) noch am Nachsinnieren andächtig der alten Zeiten, so mit Bonafide und Cosmomente und Ihnen und Büffel und was weiß ich wen nicht noch alles und dann kommen Sie hier so unvermittelt vorbeigeschlunzt und schnuckeln hier sonen Comment hin als wenn es nicht der erste seit.....2 oder 3 Jahren ist. Ich bin entzückt. Wär ja nett, würden Sie jetzt auch wieder ein bisschen bleiben tun.

Job: Same same but different. Ich kann ja sonst nix.

Ich hoffe es geht Ihnen gut?

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Sehr gut gehts. Neuer job (das was Sie machen auf der untersten Ebene glaub ich, wollte das so.) Umgezogen, zum Herzensmann. Sogesehen näher ran an Sie glaub ich, kommt drauf an wie man fährt. Tolle nachbarn ham wir. Leben leben würd ich so sagen :)

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Hört sich an wie: Alles richtig gemacht. Glückwunsch, wenn es so sein sollte. Bleimse jetze auch, oder ist das wie das letzte Mal so ein Aufflackern und dann husch husch ins Körbchen?

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Will see. Solange ich ideen hab, schreib ich. Wenns wieder zwang wird, nich.

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Wer soll'se denn zwingen? Die Vorstellung dessen, dass Sie ner Vorstellung gerecht werden müssten? Pff.

Machen'se ma. Ich würd mich freuen wenn se noch ein büschen da bleiben. Und wenn nicht, ist das zu akzeptieren.

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Ne das nicht. Eher aus mir selbst raus, wieder angefangen, wieder liegen gelassen. Unso.

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Danke für Kurz- wie auch Langfassung.
Immer spannder zu lesen, als selbst zu erleben. Oder mal so, mal so.
Das Wichtigsten: Sie kamen gut zu Hause an! Fein.

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Es ist immer, wirklich immer, das Allerbeste für mich: Heimkommen. Im eigenen Bett schlafen....

Danke!

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Kann ich voll nachvollziehen. Vor allem im eigenen Bett aufzuwachen und somit wirklich da zu sein (emp)finde ich meistens sehr sehr fein.

Ich hatte ja mal kurz den Verdacht, daß Paris deswegen nicht in Frage kam, damit die Grafik ausgewogener wird *fg*
Wobei ich ja wegen DutyFree* event. auch diese Entscheidung getroffen hätte. Zudem gilt es noch auszunutzen, einzureisen, bis dann die Modalitäten verändert werden. Allerdings - mit der UK Variante steht man halt bei der Einreise um einiges länger, als einfach mal flott nach dem F-Aufenthalt durchzuschlendern ; )

Allerdings gefällt mir die ganz Beschilderung.
Da kann dann niemand mehr sagen hab ich nicht gewußt.
Obwohl auch vor/neben/nach mir genug Menschen waren, die dann doch beim Handgepäckscheck sehr viel auspacken mußten *Kopf schüttel*


* Tee. Es geht einfach mal wieder nur um Tee *lach*

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Das mit dem Tee verstee ich nicht. Und nein, es war wirklich nur der Gedanke an das Zeit-Verständigungsmöglichkeiten-Verhältnis. Hätte es Wien in der Konstellation wie London gegeben, tja dann wäre es natürlich Wien geworden, bei all den Mozartkugeln....

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Da hätte ich Sie kurz am Flughafen besucht (& weitere Postabenteuer gespart) ; )
Ich weiß, Transitraum, da wärs nicht so gegangen etc...

Tee - den Tee, den ich viel trinke, gibts in England in mehr Varianten als hier erhältlich. Bzw. wenn es dann die "Sonder"formen gibt, lassen die sich das extra zahlen.

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