Donnerstag, 21. Dezember 2006
Vom Segeln und Kämpfen
Und der Flieger steigt, steigt, immer höher, der Sonne entgegen. Die Welt wird kleiner, kleiner, die Sorge aber nicht. Wolkenfetzen rauschen am Fenster vorbei; Zuckerwatte, ich will sie probieren, lass mich Kind sein, nur kurz. 45° Steigwinkel, es geht aufwärts, lift me like a child to touch the sky. Höher, schneller und weiter, weg, weit weg von hier nur nach da. Dann kommt die Südkurve, du liebst es wenn du auf der Nordstartbahn die Reise gen Süden beginnen. Noch im Steigflug eine enge Kurve und du hängst mit dem Kopf über der Welt. Sie ist lächerlich klein, man muss nur die richtige Perspektive haben. Und endlich lässt du das Grau des Wolkenreichs hinter dir, popst einfach ins Licht und noch immer geht es aufwärts. Der dicke Deutsche neben dir riecht schon am frühen Morgen. Nur nicht zu erkennen geben; nicht das er mit dir redet, bei dem Mundgeruch. Ich freu mich über die Sonne, genieße das gleißende Licht.
Sinkflug. Langsam, unheimlich langsam nähern wir uns dem Ziel. Wir pflügen durchs Wolkenmeer, es scheint als reiten wir auf ihm. Und wieder würde ich sie gern anfassen, nur einmal. Die Sonne taucht in den Wolken auf und ab wie ein Ertrinkender in stürmischer See. Dann verschwindet sie, unvermittelt. Grau hat dich wieder, Wolkenfetzen bilden kleine Wirbel dort an den Flügelspitzen, ich will es wirklich mal anfassen. Und dann siehst du sie, erst erscheint sie wie ein großes schwarzes Loch, für manche ist sie es auch, dann bilden sich Konturen. Ich suche Anhaltspunkte, erkenn ich was? Die A7? Da liegt sie wie eine träge Schlange. Wie oft hast du da im Stau gestanden? Häuser gewinnen an Größe, rauchende Schlote, Zeugen geschäftigen Werkens. Wir sinken, immer weiter, Kurve, Anflug und du wartest auf das Plopp des Fahrwerkes. Da ist es. Gleich bist du da. Da. Meine Stadt, wir haben uns wieder.
Hamburger Slang umspült dich, du fühlst dich wohl, du verstehst auch leise Gesprochenes, der AD lässt auf sich warten, alles wie immer. Den Kaffee bezahlst du in Euro, deine letzten vom vorherigen Besuch. Und alles fühlt sich warm an und auch wehmütig, wie oft bist hier gewesen? Hundertmal, tausendmal? Menschen getroffen und wieder vergessen, da drüben mit deinem Hund spazieren gewesen, mit Zig lange Diskussionen geführt, im Regen getanzt und gesungen. Eine andere Zeit, nicht schöner, nur anders.
„Das Schiff liegt am Sichersten im Hafen.“ Sagen Leute, die am Liebsten Schiffe kucken. Sure. Nur dafür ist es nicht gemacht. Ein Schiff muss raus auf die Weltmeere. Nur so entdeckt man neue Häfen, vielleicht schönere, vielleicht siehst du neue, interessante Menschen, entdeckst gar exotische Früchte, vielleicht lernst du etwas Neues, etwas das dich voranbringt. Denn sicher ist nur, dass du das alles nie bekommen wirst wenn du stets sicher vertäut im Hafen bleibst. Ich segle gern durchs Leben; hab viele Häfen gesehen, viele verloren. Gebranntschatzt von Piraten, die da Gefühlslage heißen, zerstört vom größten Piraten, der sich Schnitter nennt; hab den Kurs zurück vergessen in all den Jahren. Es gibt sie noch, die Häfen, doch ich finde nicht zurück, will ich oft auch nicht; manchmal bin ich auf Kaperfahrt, bin dann selber Pirat des Herzens, oft bin ich Einhandsegler. Macht mir nichts. Kenn ich. Mein Psychoprofil ist zu 100% deckungsgleich mit Marias. Typ einsamer Wolf. Zielorientiert, kein Teamplayer, stark. Stimmt, immer und manchmal, in stillen Minuten, sehe ich darin Schwäche. Und manchmal in den strahlenden Minuten, ist es eine Stärke, die ich brauche. So wie am Montag, als ich mit dem AD im Meeting saß. Uns gegenüber Drei, wir Zwei, aber nur körperlich, den ich kämpfte sie allein nieder. Der AD blieb stumm und deswegen wird er nie ein Shooter, auch wenn er es sich so sehr wünscht. Ich habe denen den ganzen Vertrag zerpflückt. Ich konnte ihn fast auswendig. In 7 von 8 Punkten habe ich bekommen was ich wollte. Ich war glücklich, für so 2 Minuten, denn der nächste Shootout wartete, ich muss weiter segeln, fange die Zeit wo es geht. Ich fühl mich gehetzt. Zeit ist das einzige, was wir wirklich verlieren können. Sie ist weg, unwiederbringlich. Der Rest ist eine Frage des Engagements. Hast du es nicht, aber grosse Wünsche, solltest du es entwickeln, right? Dein Kopf ist nur eine Festplatte, sie gibt nur wieder, was du drauf speicherst. Negativ gedacht = negativ gesprochen. Deswegen denke ich in 20 Fusscontainern, während die Einkäuferin im Schuhkartonformat spricht. „Wenn sie den Umsazt x erreichen, werden Sie auch vom Vorstand ins Kasino eingeladen.“ Sagte sie kalt lächelnd. „Geben Sie mir ein Jahr.“ Und sie schaut entgeistert. Ob ich das hinbekomme? Keine Ahnung, aber ich kann mir vorstellen wie es wäre, wenn wir es erreichten. Damit ist der erste Schritt getan, der wichtigste eigentlich, es weiß nur keiner. Alles beginnt im Kopf, alles endet da. Dazwischen liegen ein paar Missverständnisse.
Und dann düste ich durch die Pampa, Thüringen. Niemand will da wohnen. „Du bist ein zynischer Arsch.“ Sagte Karin. „Aber ich arbeite gern mit dir. Ich habe viel Spaß.“ Und darauf kommt es an. Macht es dir Spaß, ist es keine Belastung, schaffst du mehr, right?
Und heute bin ich München. Wenn wir das hier über die Bühne bringen, kann Leonard einpacken. Der Champagner gehört schon mir, Leonard weiß es auch. „Anything else?“ fragte er letzte Woche in der schwedischen Pampa. Ja, eine neue Herausforderung bitte, denn ohne Wettkampf fehlt mir die Motivation. Nee, sagte er, das wäre ihm zu teuer. Da hat er schon aufgegeben, bevor er es durchdacht hat. Bad Shooter, bad performance. Siegen ohne dafür zu kämpfen, ist in etwas so interessant wie bloggen ohne Kommentare. In diesem Sinne, allen einen erfolgreichen Tag, bei was immer ihr da tut.
PS Büffel, das Buch ist auf seinem Weg.


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Gespenstische Ruhe hier...

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Leider, ja.

PS: Ick freu mir. :-) Schönet Fest, wa.

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