Mittwoch, 26. November 2008
Hoch die Fahnen
Eben bei meinem nigelnagelneuen Kranken Gesundheitskassenberater gewesen.

Doofes Büro hatte der und Mundgeruch. Ansonsten war er aber nett.

Grund des Besuches war der anstehende Wechsel in die "Private". Nicht weil ich schnöde wäre, weiß Gott nicht, denn ich habe mich vor 2 Jahren bewusst für die Gesetzliche entschieden.

Nachdem es aber nun so ist, dass es sich äußerst schwierig darstellt, bei den "guten" Ärzten einen Termin zu bekommen, bei manchem schon die Ansage zu vernehmen ist, wir nehmen nur noch Privatpatienten, bestimmte Leistungen erst gar nicht erbracht werden und mit einer Preisanhebung im Januar 2009, die sich gewaschen hat (verwunderlich an dieser Stelle, wieso man bei Milchpreisen den organisierten Wiederstand zu spüren bekommt, in dieser weitaus größeren Frage aber nicht), also unter besonderer und kritischen Würdigung all dieser Fakten, wechsle ich nun, denn ich bin es mir wert, wobei ich bei höherer Leistung wesentlich günstiger wegkomme, auch so Paradoxem, welches sich mir nicht erschließt.

Als wir dann nun so saßen, gutgelaunt und mit schlechtem Kaffee versorgt, und tausend Szenarien besprachen, entwickelt ich so ein leichtes Gefühl der Beklommenheit, ich fühlte mich plötzlich krank. Irgendwie. Fragen Sie mich nicht. Muss an der Umgebung und den Themen gelegen haben, oder an dem Telefonat mit meiner Therapeutin aus Berlin, die sich mit Grippe rumschlägt und mir heute wenig überzeugend erklären wollte, auf welche weiblichen Attribute Mann so abfährt, oder an Frl. DeVille, oder an der generellen Vorstellung, dass es in diesem Land zu viele Kranke gibt.

Ich bin ja schon länger der Überzeugung, dass für so manchen bunten Bürger eine Art „Betreutes Denken“ eingerichtet werden sollte. Traurig, dass sich die SPD als eine solche Institution etabliert und schön, dass man mir noch nicht vorschreiben kann, eben dort einzutreten.

Kann ja aber noch kommen, denn gegen eine solche Entwicklung gäbe es nur eine Versicherung: Den Verstand, doch der scheint dieser Tage bei so manchem Menschen ungenutzt, keine Wunder, bei dem Wetter und kein Wunder, dass man dann auch z.B. eine Entscheidung aus Gründen des Gewissens nicht akzeptieren kann. Hängt nämliches beides Zusammen.

Wenn man selber beides nur in verkümmerter Form hat, kann man sich natürlich nur schwer vorstellen, dass es sehr wohl Menschen gibt, für die dies ein Bewertungsmaßstab darstellt.

Die Fähigkeit zur differenzierten Betrachtung scheint mir aussterbend, die Diskussion darüber auch und das ist ja schon der erste Schritt, entweder in den Untergang, oder in die Totalitarität, oder beides, dann aber in anderer Reihenfolge und das macht wirklich krank. Gut, dass ich nun einen Anspruch auf ein Einzelbettzimmer habe.


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die sache mit anspruch haben auf und tatsächlich bekommen, das ist so ein ding. ich hatte noch nie einzelzimmer oder chefarztbehandlung, obwohl meine ehemalige private das auch versprach.
die kürzeren wartezeiten, das stimmt. und du kriegst alles verschrieben, was du willst. sogar nahrungsergänzungsmittel und rezeptfreien scheiß.
aber gesund werden muss man immer noch selber. im regelfall eine kopfsache.

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Ausschliesslich eine Kopfsache. Du weißt ja, von der Tante, die wir beide so mögen: Der Körper ist die Leinwand deiner Seele. Alles psychosomatisch.

Peter musste gestern in London ins Krankenhaus: Bandscheibenvorfall, nur klein, ganz klein.

Ich will gar nichts verschrieben haben. Ich will das Gefühl der Sicherheit einer guten Behandlung, wenn es mal nötig ist.

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Ich erlaube mir,
noch einen Aspekt zum Thema PKV beizusteuern, den die meisten nicht auf dem Schirm haben, wenn sie sich über die ach so sozial ungerechte Zweiklassen-Medizin erregen (und das im Prinzip ja auch völlig zu Recht):

Dass sich die Ärzteschaft gegenüber dem Privatpatienten vor allem deswegen so überaus serviceorientiert und beflissen zeigt, weil die Leistungen für Privatpatienten i.d.R. nun mal zum zwoeinhalbfachen Satz abgerechnet werden, ist der Allgemeinheit einigermaßen bekannt. Aber nicht unbedingt, was das auch für Konsequenzen haben kann: Der Arzt hat viel größeres Interesse, Sie als möglichst siech und krank zu deklarieren, um Ihnen alle möglichen Leistungen andienen zu können. Sie werden als Privatpatient also im Zweifelsfall nie mehr genau wissen: Diagnostiziert der mir hier ein Leiden, das sich für ihn und seinen Praxisbetrieb besonders lohnt, oder geht es mir wirklich so schlecht, dass das alles Not tut, was der mir hier angedeihen lassen will?

Und habe ich diese Überlegung hier nicht schon mal irgendwann zum besten gegeben - oder hab ich grad ein déjà-vu?

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Ich glaube Sie haben ein déjà-vu.

Und was Ihre Bedenken angeht: Ich kenne diese Gefahr, oder wie Gunter Dueck es neulich auf dem Kongress sagte:

Meine Frau ist in der Gesetzlichen und immer gesund, ich bin in der Privaten und brauche irgendwie immer 3 Tage Untersuchung, weil man ja nie wissen kann.

Ich werde mich zu wehren wissen.;-)

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Ah gut,
Sie wissen Bescheid, genau dieses Phänomen meinte ich. Mich selber betriffts jetzt nicht so stark, weil ich zwar PKV-Mitglied, aber (wie mein Vater) chronischer Arztschwänzer bin. Ich hatte mich zwischenzeitlich auch mal paar Jahre ohne KV durchgeschlagen, und der einzige Arztbesuch in der Zwischenzeit war die Pflichtuntersuchung für die Wiederaufnahme in die KV. Aber gut, jünger werde ich ja auch nicht, und so sorglos wie zu vorfamiliären Single-Zeiten lebt man auch nicht mehr in den Tag hinein.

Ich hätte, da mir Chefarztvisitenpipapo und Flatscreen-Heimkino im Einzelbettzimmer nicht wichtig sind, im Prinzip auch kein Problem damit gehabt, in die GKV zu gehen. Aber deren Selbständigentarif kann ich nicht bezahlen, der scheint sich an Zahnärzten und Steuerberatern zu orientieren, aber nicht an freiberuflichen Zeilenschindern.

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Naja, wissen Sie Herr Mark (übrigens Lob und Anerkennung für die von Ihnen kreierte Phrase "Genickschuß-Rhetorik", ich liebe sie und konnte Ihnen in der damaligen Diskussion nur beipflichten), auch ich bin nicht darauf versessen gewesen, zu wechseln, aber man wird ja fast gezwungen.

Und das Gute bei dieser Geschichte ist, man bekommt 5 Monatsbeiträge zurück, wenn man 12 Monate die Kasse nicht in Anspruch nimmt. Aber glauben Sie mir, ein kleiner Hossenschisser wie ich, ich hatte ja schon alles: Herpes, Krebs, Nierenversagen und Herzstillstand, also ich werde trotzdem zum Doc gehen.

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Bei mir ist es
auch nicht so, dass ich die Beitragsrückerstattung schon fest einplanen würde. Für so robust und unverwundbar wie ehedem halte ich mich längst nicht mehr. Ist halt wie beim Auto, da überlegt man als denkender Mensch ja auch, ob man wegen jeder Bagatelle die Versicherung bemüht oder ob man einen Kleinschaden nicht vielleicht besser aus eigener Tasche zahlt, weil das auf lange Sicht eventuell billiger kommt als das Hochgestuftwerden.

Und danke für das Kompliment. Auf das Schlagwort "Genickschuss-Rhetorik" bin ich tatsächlich ein bisschen stolz, weil es das, was mir da aufstieß, ziemlich punktgenau auf die Zwölf traf. Und es war sehr interessant zu sehen, wer da mitging und wer da aufjaulte.

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Der Arzt hat viel größeres Interesse, Sie als möglichst siech und krank zu deklarieren, um Ihnen alle möglichen Leistungen andienen zu können.
Dieses Phänomen hat übrigens einen netten Namen: pekuniäre Indikation.

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HAHA - "Betreutes Denken" - jetzt habbich Kaffee auf der Tastatur!

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