Montag, 15. Dezember 2008
Hours at the butcher


Und dann war da noch das schwermütige Mädchen russischer Abstammung. Sie rief an und stellte fest, dass wir und viel zu selten sehen würden.

Ja, sprach ich, da hast du recht.

Ob wir das ändern wollen. Heute?

Warum nicht.

So fuhr ich durch das vorabendliche Hamburg, hin zur Kunstausstellung, welche sie heute betreute, auf welcher sie auch ausstellte.

Als wir uns wiedersahen, war unsere Vertrautheit sofort da. Keine Berührungsängste. Ich fand sie sah gut aus. Ich mochte dieses Wollkleid an ihr und Kapuzenpullis, unter denen sich ein solches Lächeln versteckt, finde ich eh toll.


Ich sagte ihr das auch alles und sie schimpfte mich dafür. Es hatte sich also nichts geändert, außer der Tatsache, dass sie vor einem Jahr noch fast an ihrem Single Dasein zu Grunde ging. Heute ist sie glücklich mit ihrem Graphiker, dafür unglücklich mit dem Job.

Aber wieso, wollte ich wissen, als JAD in einer angesehenen Agentur solltest du doch rundum zufrieden sein?

Von wegen, antwortete sie. Ab da plapperte sie drauf los wie nur sie es kann und ich hörte einfach zu, denn manchmal braucht es nicht mehr. Sie wollte Ratschläge und Tipps, aber ehrlich, ich konnte ihr keine guten geben. Ein bisschen was zu Verhandlungstaktik mit der doofen Chefin, aber ansonsten fehlen mir leider die Erfahrungen, obwohl ich ihr gern geholfen hätte, denn ich mag sie sehr.

Irgendwann befand sie, es wäre nun genug, ich wäre ja schließlich wegen der Kunst da und dann nahm sie mich an die Hand und zeigte mir im Keller der alten Metzgerei all die Bilder, von ihr und ihren Freunden und sogar von Nico Vogel, dem Bruder des Schauspielers.

Ja, sprach ich, gemessen daran, dass ich eigentlich ein Kulturbanause bin, finde ich einiges wirklich gut.

Sie grinste.

Besonders die Bilder von Siona Grether fand ich faszinierend, denn die sind mit Kugelschreiber gezeichnet:



Also, meinte ich nach der Tour, meinst du ich darf Photos machen?

Na klar.

Auch Bloggen?

Warum nicht?

Und dann ging ich zum Wagen, holte die Kamera und machte die Tour nochmal für mich (und Herrn Kid;-)), während sie da am Eingang sitzen blieb und ihr Skizzenbuch vollmalte.







Sie meinte dann, ich müsse auch etwas ins Gästebuch schreiben und weil die Öffnungszeit rum war, schloss sie ab und wir konnten Rauchen. So saßen wir dann an dem Tresen und kritzelten das blöde Buch voll. Wir lachten und hatten reichlich Spaß. Auch und gerade, weil wir uns selber nicht ernst nahmen und wegen der wahnwitzigen Fotos, die wir dabei von uns machten.

Sie kochte mir einen Tee, so wie sie früher einen Kaffee für mich machte und selber pfiff sie sich Bier rein.

Zeichne mich, sagte sie.

Kann ich nicht.

Kannst du wohl.

Und so machte ich. Dabei kam eine recht merkwürdig anmutende Variante eines vermummten Weihnachtsmannes raus (Kann ich ja nichts für, dass ich keine Kapuzenpullis malen kann). Und sie beömmelte sich.

Ich habe keine Ahnung, rang sie nach Luft, warum jemand wie du mit jemandem wie mir abhängt?

Wieso bist du mein Freund? Wollte sie wissen.

Ich verstehe nicht was du meinst?

Ich meine, dass du immer so rational bist und eigentlich kein Interesse haben dürftest, an einer so versponnen Person wie mir.

Tja. Weil das, was du vordergründig siehst, auch nur ein Teil von mir ist und daneben noch tausend andere James stehen und ich die Vermutung habe, dass diese anderen James einen weitaus größeren Teil darstellen? Weil ich dich vielleicht dafür bewundere, dass du bist wie du bist? Weil ich dein Lachen mag und deine Art, die Welt zu sehen? Weil du mir Dinge gibst, von denen du gar nicht ahnst, dass sie mir fehlen könnten? Vielleicht deswegen und weil du so verdammt sexy tanzen kannst.

Sie lachte, legte den Arm um mich und sagte: Danke, manchmal bist Du nur süß und ich rufe dich immer nur an, wenn ich Problem habe.

Besser als gar kein Kontakt.

Das sollten wir ändern, oder?

Unbedingt!



Und so redeten wir, rauchten, malten Bilderchen und irgendwie fühlte sich das alles so wohlig an. So richtig. Die Firma war weit weg. Ich habe heute, entgegen der Planung, gar nichts gemacht. Die Vorstellung, morgen in einen Meeting-Marathon zu springen und am Dienstag ein ganztägiges Sales Meeting zu haben, behagt mir nicht. Es ist auch gerade nicht wichtig. Vielleicht hat sie recht, merkwürdig ist es schon, aber ich fühlte mich, dort, ganz allein mit ihr und all den Bildern, mehr als wohl.

Du siehst aus wie ein kleiner Junge. Sie grinste dabei.

Und dann ging auch dieses Treffen zu Ende. Wir räumten auf, teilten noch eine Zigarette und ich schloss für sie die Galerie ab.

Danke, dass du mir zugehört hast.

Jederzeit, das weißt du doch.

Ja, aber ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen, weil ich dich vergesse, wenn es mir gutgeht.

Das ist kein Grund zur Sorge. Ich bin selber mit mir beschäftigt. Ruf mich aber an, wenn du mit deiner Chefin gesprochen hast. Ja?

Versprochen. Du, James?

Ja?

Wollen wir nächstes Wochenende mal wieder Tanzen gehen? So wie früher? Ich lade dich ein.

Sehr gern, aber wenn, dann lade ich dich ein, so als Wiedergutmachung, weil ich dir heute kein Bild abkaufte.

Sie lachte: Du bekommst die eh geschenkt.

Ich hatte gerade Geburtstag.

Ja, ich weiß. Wer hat dich angerufen?

Du.

Reicht das nicht?

Es ist die Luft zum Atmen.

Du bist so eine Charmeur!

Ja. Und du weiß damit umzugehen. Soll ich dich wirklich nicht nach Hause fahren?

Nein Danke, ich gehe lieber zu Fuß.

Dann mach’s gut.

Du auch.

Eine Umarmung, ein Winken und die Nacht breitete sich wie ein Teppich vor mir aus: Weich und leicht zu begehen.
Nächstes Wochenende gehe ich dann mal mit dem schwermütigen Mädchen Tanzen und freue mich, ganz ehrlich.





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Ah, Danke fürs Mitnehmen. Ich war zufällig heute ganz in der Nähe, auf dem Weg zur Oberhafenkantine. Aber von dieser Ausstellung wußte ich gar nichts.

(Und, ja. Freundschaft. Die kleinen Momente, ganz wichtig.)

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Yes! Auf die Freundschaft!

Die Aussetllung heißt: Fahrtenschreiber

Sie läuft noch ein bisschen.

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;)

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Hier gibt es nichts zu Lachen. Gar nichts. Das ist alles Arbeit.;-)

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