Dienstag, 9. Juni 2009
Ich, der Wähler, vollmundig undmündig?


Joho. Nun, dank der Wahl am Sonntag, weiß ich endlich, warum das nichts wird mit meiner A-Blogger-Karriere:

Es gibt allgemein zu wenige Leser von Blogs und damit zu wenige Leser des Coves. So zumindest ist meine Lesart dieser Forderung von Dritte-Bank-Bundestagsabgeordneten Jörn Thiessen, der da meint, in Deutschland eine Wahlpflicht einführen zu müssen, deren Nichtbefolgung mit einer Strafe von 50,-€ belegt ist.

Nun weiß man ja, dass nach Niederlagen der Katzenjammer immer besonders groß ist. Wer wüsste das nicht besser als ich, nicht? Die Frage ist allerdings, wie man damit umgeht.

Mir, lieber Herr Thießen, riechen Ihre Einfälle ein wenig zu sehr nach Rechtfertigungsargumentation, sozusagen die Eröffnung eines Neben- kriegsschauplatzes. Wissen Sie, Ich bin nicht der Wahl ferngeblieben, weil es so schönes Wetter gab hier in Hamburg, ganz bestimmt nicht, wie Sie hier nachlesen können.

Es fehlen allein die Alternativen in der Politik und meine Stimme ist zu wertvoll, als das ich sie einer Partei wie den Piraten geben würde. Diese Partei wurde mir nämlich diverse Male vorgeschlagen, als ich mich informierte, mit wem ich -rein präferenziell- denn gut könnte.

Leider kam die Fraktion, die Sie vertreten, überhaupt gar niemals vor, womit man diesem „Wahl-Omat“ auch eine gewisse realitätsnähe bescheiden kann, denn das, was Ihre Partei so macht, ist für mich gar nicht sexy. Trösten Sie sich aber, Sie sind in guter Gesellschaft, denn ich fühle mich auch in keiner der anderen zur Disposition stehenden Parteien gut aufgehoben.

Insofern ist meine Nichtwahl nur konsequent und wahrscheinlich das Glück Ihrer Partei, denn der Fehler Ihrer Denkart ist, dass Abschneiden der SPD in einem Zusammenhang mit der Wahlbeteiligung zu sehen. Stellen Sie sich vor, all die, denen es so geht/ging wie mir, wären zu Wahl gegangen und hätten die Piraten gewählt. Was wäre dann Ihre Argumentation gewesen? Wahlen erst ab 30 Jahren?

Wissen Sie, Herr Thießen, bevor so nun wieder dem Volk, bzw. dem Wähler absprechen, rational handeln zu können und mit Strafe und Zwang zu erreichen versuchen, was Ihnen durch politische Arbeit nicht gelingen will, sollte sich Ihr Verein vielleicht erst mal mit Inhalten auseinandersetzen. Vielleicht schaffen Sie es ja, mich und die anderen zu begeistern? Wäre das nicht der sinnvollere Weg?

Schauen Sie, ich bin ja nicht besonders klug und gehöre auch nicht der intellektuellen Elite an, aber aus meiner bescheidenen Arbeit mit meiner Abteilung weiß ich: Es steuert sich leichter, wenn die Leute an Bord aus Überzeugung mit rudern. Das sind übrigens Basics aus Personalwesen I (Stichpunkt: Motivation), nur mal so erwähnt, vielleicht hat Ihr Verein ja ein Problem mit den Basics? -> Siehe Fall Ypsilanti?

Und by the way, Herr Thießen, was wäre Ihre nächste Anordnung, wenn sich herausstellen sollte, das alle Ihrem Wahlbefehl folgen, aber ungültige Stimmen abgeben? Werden Sie sich das Ergebnis dann so hinzaubern, wie Sie es gern hätten? Wie genau, Herr Thießen, sieht Ihr Demokratieverständnis aus? DDR-light?

Gehen Sie doch bitte schonmal ein paar Luftballons für die Bundestagswahlen aufblasen, da stören Sie nicht.


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Hätte ich nicht über die seelenheilende Gartenarbeit meine bürgerlich-demokratische Pflicht vergessen, hätte ich nicht die SPD gewählt. So, fünfzig Euro in die Kaffeekasse.

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Maestro Cab,
so ähnlich hätte ich das auch formuliert und entdecke entsetzlich viele piratenhafte Parallelen zwischen uns beiden.
Es ist vielleicht auch mal erwähnenswert, dass von allen Wahlberechtigten am Sonntag grade mal noch 8 (!!!) Prozent ein Kreuz hinter die SPD gemacht haben. Darüber sollte man sich vielleicht mal Gedanken machen. Von 62 Mio, die zur Wahl hätten gehen dürfen, wurden grade mal 5,4 überzeugt. Die taz hats gestern ziemlich treffend auf den Punkt gebracht: Zitat "Würde die SPD nicht trotz sondern wegen ihrer Politik gewählt: Die 5%-Klausel wäre eine ernsthafte Hürde." Zitat Ende.
Ich würde behaupten wollen: Eine Wahlpflicht ändert da auch nix. Und vielleicht sollte man Herrn Thießen noch sagen, dass die Wahlbeteiligung nicht über das Funktionieren einer Demokratie aussagt. Nullkommanull.

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Bei den Ballons vielleicht auch vollmüntig?

Davon ab, als ich das mit den 50,- Euro las, wollte ich auch protestbloggen. Kam aber nicht dazu. Arbeit, Sie wissen schon...

Sonntag haben Frau N. und ich auch philosophiert, was man mit Nichtwählern anstellen könnte (im Spaß selbstredend und hauptsächlich, weil ich sah, dass man nach abgegebener Stimme einen Haken hinter den Namen bekam, somit auch alle Nichtwähler namentlich erfassbar sind).

Mein Vorschlag war: Wahlhelfer zur nächsten Wahl... dann hätten sie es auch nicht mehr so aufwendig weit, um die Stimme abzugeben...

Aber mal im Ernst, Nichtwählen ist OK, nur ist es irgendwie unsinnig, wenn man selber nichts zur Konstellation beigetragen hat, hinterher über diese zu jammern oder zu schimpfen. Und wenn man gar nix findet, was einem zusagt, kann man ja auch immer noch selber politisch aktiv werden, nech.

Trotzdem ist eine Wahlpflicht mit Bestrafung für Nichtwähler natürlich völliger Kappes!

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ich bin ja freiwilligwaehler (da ich herrn jammernich zustimme: wer immer jammert, sollte waehlen, oder eben nicht jammern), aber ich weiss genau, was ich taete, wenn mich jemand zwingen wuerde: ich wuerde protestwaehlen. und zwar die violetten. oder was mit tieren. oder vielleicht sogar die esperanto-partei, fuer eine gemeinsame sprache in europa.

kleiner exkurs: im studium habe ich esperanto gemacht, semifreiwillig. esperantokurse werden ja immer von alten maennern mit bart angeboten, deren kinder zweisprachig esperanto-deutsch, in der reihenfolge, aufgewachsen sind. jedenfalls freute der sich in der ersten sitzung, dass wir so zahlreich erschienen waren und fuegte an, dass wir demnaechst auf der ganzen welt im taxi sagen koennten, wo wir hinwollen. anm. 1: nur sehr selten sitze ich im taxi mit einem schild um den hals, auf dem steht "der kleine herzbruch moechte gerne in die schadowstr. 1". und anm. 2: der durchschnittliche internationale taxifahrer wuerde mich stark ueberraschen, wuerde er esperanto sprechen.

aber um den bogen wieder zu kriegen: stellen se sich mal vor, nun wuerden alle protestwaehlen. dann haetten wir vielleicht bald einen violetten bundeskanzlerIn.

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ich glaube ja, demokratie funktioniert fast überall gleich schlecht. beschlussverzögerung, gelangweilte wähler, ein paar darunter auch doof (aber sicher weniger als allgemeinhin geglaubt), selbst in absolut hoden- und eierstockkitzelnden krisen verliert sich politische debatte im sandkastenniveau.

ich würde nen könig wählen wollen. nichts mehr anderes. weil: dann hätten die leute, die zur wahl gehen sollen, wenigstens was zu glotzen. glamour zieht immer. besonders glamour&skandal.

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Dann will ich aber Vorschläge hören! Wer hat denn noch in D Glamour und wäre ein passender Kandidat?
Wir könnten ja zum Königscasting aufrufen :)

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Bitteschön: Glamourcheck
Ernst August Albert Paul Otto Rupprecht Oskar Berthold Friedrich-Ferdinand Christian-Ludwig Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg

+ Der Name
+ Verwandt mit dem Holzhacker WilliZwo (Nebenberuf: Kaiser)
+ Verwandt mit der Queen
+ Eingeheiratet in dieses kleine, aber stinkereiche, Seeräubernest
+ medien- und schlagzeilenträchtiges Auftreten


- schwammiges, aufgedunsenes Gesicht

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ich wollte soeben anfangen, nachzudenken, aber das wird nicht noetig sein. besser als der pruegelprinz wird's nimmer.

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Wassen mit Verona Pooth?

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Wie jetzt - Queen Verona?

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Klar! Warum nicht?

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Als Motivation funktioniert Belohnung aber viel besser als Strafe.

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Sie können doch nicht erwarten, im Bundestag mit pädagogisch versierten Leuten zu tun zu haben.

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Dabei heißt es doch immer, da säßen so viele Lehrer drin. ;-)

Dass man bei uns die Wahlzettel in umfunktionierte Mülltonnen wirft, wirkt natürlich auch etwas abschreckend. Am Wahlabend sah man im Fernsehen, dass die in anderen Ländern Wahlurnen aus Holz, Metall oder Plexiglas benutzen. Nicht nur im Hinblick auf die Kandidaten fehlt es hierzulande an Charme.

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