Sonntag, 28. Juni 2009
Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität
Die Überschrift des heutigen volksnahen Aufsatzes ist der Wahlspruch Deutschlands ältester Partei, nämlich der SPD. Traurig daran ist, dass er, obwohl wunderhübsche Schlagworte, für deren Umsetzung ich sofort und begeistert Meiniges beisteuern würde, nicht mit Leben gefüllt wird und selbst von den Partei-Oberen scheinbar schier vergessen wurde.

Gestern, so im Vorbeilesen, die herzerfrischende Meldung von meiner neuen Verantwortungslosigkeit aufgeschnappt. Man möchte sich wundern und ich persönlich frage mich auch, ob die alte Socke Münte ihren roten Schal zu eng gebunden hatte, weswegen eine ausreichende Belüftung des Lobus frontali nicht gegeben war und es daher zu diesen Auslassungen kam, oder ist das einfach nur das Nachkatern eines beleidigten Kindes, das nicht genug Beachtung auf dem Spielplatz Europawahl bekam? Man weiß es nicht.

Lieber Müntefering, nochmal:

Es ist nicht so, dass ich mich nicht für die Politik in diesem Land interessiere. Ganz das Gegenteil ist der Fall. Man stelle sich vor, ich beteiligte mich an der Petition gegen diesen unsäglichen Müll wie eine Stop-Seite im Internet.
Das ist gelebte Demokratie und ich weiß, einige in Berlin fanden das nicht so toll, auch aus deiner Mannschaft (aufrechte Genossen wie Ihr seid, knicktet ihr dann ja doch ein, obwohl dies endlich mal eine Chance für euch gewesen wäre, als bürgernahe Partei zu agieren, die ihr so gerne sein wollt).

Aber wenn ich den Artikel im SPON richtig verstehe, ist es das, was du von uns willst, oder? Insofern könntet ihr ja auch mal lobende Worte finden, ihr da in Berlin, zeigt diese Petitionsgeschichte doch, dass die Demokratie funktioniert und den Menschen ihre Belange nicht egal sind. Das Traurige ist nur: die SPD gehört bei mir und vielen meiner Bekannten und Freunde nicht länge zu den Dingen von Belang, weil die SPD die Dinge, die bei den Menschen von Belang sind, nicht ausreichend vertritt, verstehste? Aber tröste dich! Diese Aussage gilt für euch alle, die ihr da meint, ihr wäret Volksvertreter. Wie könnt ihr das eigentlich allen Ernstes behaupten?

Solange ihr Vorangegangenes noch immer nicht begriffen habt und stattdessen in 50,-€ Strafgebühr für Nichtwahl (fraglich wie das überhaupt mit dem GG zu vereinbaren ist) eure Rettung seht und daneben die eigentliche Problemstellung nicht analysiert, sehe ich für euch zukünftig schwarz, egal bei welcher Wahl.

Lass und mal aus marketingtechnischer Sicht betrachten:
Der Markenkern SPD ist total verwaschen bzw. überhaupt nicht mehr existent. Kann jemand in einem Satz sagen wofür die SPD steht?

Eure Zielgruppe, die neue Mitte(?), gab es mal, aber wenn ihr die GfK-Zahlen lesen würdet, wüsstet ihr, die mittlere Gesellschaftschicht erodiert lustig vor sich lang hin und damit auch eurer potentiellen Wähler. Dabei wäre es so einfach die Wählerschaft zu clustern: Was ist mit Familien? Die allerwichtigste Zielgruppe, denn die bestimmen auch über eurer zukünftigen Geschicke.

Einen charismatischen, polarisierenden Werbeträger wie seinerzeit Schmidt oder auch Schröder, den habt ihr nicht. Wer bitte ist Steinmeier?
Wundert sich niemand darüber, dass 100.000 Leute in Berlin dem Präsidenten-Kandidaten der USA zu jubeln, während ein deutscher Kanzlerkandidat vielleicht 5.000 motivieren kann, aber auch nur, wenn das Wetter mitspielt und nicht grade Bundesliga ist.

Und jetzt verrate ich euch ein Marketinggeheimnis:
Der wichtigste aller Erfolgsfaktoren ist? Genau! Vertrauen! Ist wie in einer Partnerschaft: Wenn ihr die Fragen:
Wer seid ihr?
Wofür steht ihr?
Was wollt ihr?
Wie werdet ihr agieren?

schlüssig beantworten könnt (fängt übrigens bei der Bildung des Markenkerns an) und diese dann auch in letztendlicher Konsequenz umsetzt, denn

Das ganze Unternehmen muss glaubwürdig sein.
Es gibt nur einen Weg, sich Vertrauen zu erwerben: mit allen Aktivitäten konsistent die Identität leben.


dann ist die SPD auch wählbar. Nehmt also euern schönen Wahlspruch, macht daraus ein Versprechen bzw. Claim und lebt ihn! Auch und gerade wenn es stürmisch wird. Seid integer!

Bis dahin wähle ich lieber gar nicht, nichtmal wenn ich 100,-€ Strafe zahlen müsste, denn zwingen lasse ich mich schon gar nicht und ich kann derzeit nur einen Fehler machen, egal was oder wen ich wähle und damit handle ich sehr wohl sehr verantwortlich, wie demokratisch sind wir denn, wenn ihr meine Stimme kaufen wollt? Iranisch demokratisch?


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genau so ist es.
wer aus dem wahlrecht eine wahlpflicht macht, erodiert die demokratie noch weiter. denn ihre eigene ideologie haben die schmerbäuchigen flunschfressen (ich verwende diesen ausdruck hier, um herrn gorillaschnitzel nochmal zum schmunzeln zu bringen und auch, weil die beleidigten spd-leberwürste ihn total verdient haben) auch noch nicht kapiert. wie bescheuert muss man eigentlich sein?

die spd war in meinen jugendjahren eine wahl-notlösung, wo ich mir dachte, bevor ich die schwarzbraune suppe und denunzianten-stoiber wähle, treffe ich hier die bessere wahl, zumal einst schröder noch sowas wie charisma besaß, eher er sich als gasprom-kapitalist outete. aber mit münte und seinen äußerungen hat sich die spd heute dieses letzte vertrauen verspielt. wenn ich keine diktatur will, darf ich nun also auch keine roten mehr wählen. danke dafür, ihr satten schweine.

meinen wahlzettel könnt ihr haben. kreuze gibts darauf nicht, nur den satz "fickt euch ins knie, ihr diktatoren!"

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In der Bundesliga würde man sagen, laß die mal ruhig absteigen, dann lernen die wieder wie man richtig Fußball spielt...
Leider ist das ja mit allen Volksparteien so, aber die anderen schaffen das eben einfach noch irgendwie "erfolgreich" zu kaschieren.

Zeit wird es eigentlich mal für einen Generationswechsel, aber richtig viel Hoffnung habe ich trotzdem nicht, schließlich kommt ja danach nur noch die "Generation Golf" und die "Generation Doof".

ich würde wirklich mal interessieren, wie die politische Landschaft in 10, 20 und 30 Jahren in Deutschland aussehen wird.

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Na dann sind wir Kanzler, wie heute schon Papst. Nee, Quatsch mach mal Platz: Sie haben recht. Ein Generations- und Paradigmenwechsel muss her.

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Die SPD...
...wird eine riesige Klatsche erleben und das völlig zu Recht. Ein schöner Beitrag! Leider ist eine schwache SPD, gut für FDP und CDU... Man kann es ja auch mal mit den PIRATEN versuchen...

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Man kann auch daheim bleiben onanieren und Wahlsendungen schauen. Eines von beiden macht Spaß. ;-)

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Ich als Single kenne mich sehr gut damit aus... Politisch motivierter "Sex" ist doch super!!

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Sozuschreiben: Sex für die gute Sache? ;-) Finde ich auch gut. Rangiert bei mir gleich nach Singen für den Weltfrieden.

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Danke für den Text.

SPD wählen geht aktuell gar nicht. Und da ist wirklich nur zu allerletzt die KiPo- Sperre dran schuld.

Nein, der Münte, unser aller Heuschreckenfreund und Mitarchitekt der Agenda 2010, ist nicht wählbar, die ganze Generation die der SPD momentan vorsteht ist nicht wählbar, weil sie keine Politik haben die sie vertreten können.

Nur falls Du doch zur Wahl gehen solltest verrat ich Dir mal meine 'Strategie' der letzten Jahre. Die besteht vor Allem darin, nicht die zu erwischen, die am Ende das Ruder führen. Entweder indem ich meinen Wahlzettel ungültig mache, oder indem ich eine Partei nehme, die in der Opposition landen wird.
Denn eine knappe Mehrheit kann verhindern, daß sich die gewählten Volksvertreter über gemachte Versprechen hinwegsetzen - wie man bei der Ypsilanti- Geschichte in Hessen gesehen hat.

Und bei denen die aktuell das Sagen haben ist mir jeder Stillstand lieber als ein Fortschritt, der uns, grade noch am Abgrund stehend, einen großen Schritt nach vorne bringen würde...

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Sehr schön gesagt,
das trifft meine diesbezüglichen Empfindungen auch ziemlich genau. Steinmeier geht auch gar nicht, weil er einer von Schröders Top-Bürokraten beim Durchpeitschen der Agenda-Politik gewesen ist, von "dem Türken aus Bremen" (O-Ton Franz-Josef Wagner) will ich gar nicht erst anfangen. Steinmeier ist ein kalter und machtgeiler Bürokrat, dem ich nicht mal die Fußmatte eines Gebrauchtwagens abkaufen würde. Und sein ganzer Sozenverein, der kann von mir aus geschlossen kacken gehen bei der nächsten Wahl, bis man sich wieder auf das besinnt, was eigentlich den Kern sozialdemokratischer Politik ausmachen sollte. Schwarz kann man natürlich auch nicht wählen, für Gelb reicht mein Kontostand nicht, also werde ichs halten wie Erik und irgendeine wahrscheinliche Opposition wähle oder alles auf dem Zettel durchixe.

(Der Müntewurm ist sensationell gut getroffen, Herr Cabman, Chapeau!)

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Herr Mark, ich sach erstmal Danke und bin dann natürlich total erschüttert, dass Sie so harsche und offene Worte finden. So harsch, dass kenne ich ja gar nicht von Ihnen, es muß Ihnen also gehörig quer liegen! Mir auch und ich finde den Umstand unerträglich, dass es keine Alternativen gibt. Ericpps Vorschlag wäre doch Verschwendung? Was hätte man damit gewonnen, ausser der Tatsach, dass man sagen könnte: Ich war wählen?!

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Darauf
habe ich auch keine erschöpfende Antwort. Meine Frau, die im Unterschied zu mir immerhin einen Abschluss in Politikwissenschaft hat, sagt nicht ganz zu Unrecht, wenn man nicht wählen ginge, bestärke dies die Regierenden darin, einfach fortzufahren in ihrem schändlichen Tun. Von daher ist das Kreuzchen bei einer Splitterpartei ohne Chance auf Regierungsbildung vielleicht doch das deutlichere Signal, dass uns die ganze Richtung nicht passt.

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JA, da mag was dran sein, aber ich will ja gewinnen. Ich weiß,das ist ein Problem, sacht Püppie auch, aber trotzdem: Dieses Tun, das Wählen, soll ja auch Sinn haben, andernfalls wäre es Kunst und davon haben wir schon genug. Leider kann man dies nicht von fähigen PolitikernIn/Partein behaupten. Wenn soll man denn wählen im Herbst?

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Gute Frage.
Aber meine Antwort wird nicht unbedingt die Ihre sein, da ich ja mehr als taktischer Wähler unterwegs bin und das Gewinnen dabei nicht ganz so klar im Vordergrund steht (sonst könnte ich ja einfach die Partei wählen, die ich für den wahrscheinlichsten Wahlsieger halte). Nein, platt formuliert könnte man auch den Spruch eines bekannten Fussballtrainers recyceln, der mal sagte: "wenn wir hier schon nicht gewinnen, treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt." ;-))

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Ah! SIE! Sie sind hier der wahre Anarchist! Da mag ich Sie gleich noch viel mehr! ;-))

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Gewinnen
heißt für mich, daß meine Interessen vertreten werden, nicht daß ich die Zahl angekreuzt habe, die am Ende auch gezogen wird.
Letzteres wäre Lotto ;o)

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