Dienstag, 20. März 2007
Liebe Gesamtsituation, kommt da noch was?
Es ist ja so, man kann nicht immer nur gewinnen. Man kann viel dafür tun, Garantien gibt es aber keine. Ich dachte, ich wäre gut vorbereitet gewesen, hätte alles im Griff, doch wie immer, kam alles anders. Die Dinge, die ich selber steuere, laufen: Wohnung, Krankenkasse, Strom, Telefon, Lohnsteuerkarte, alles am Laufen. Die Dinge, bei denen ich von anderen abhängig bin, laufen natürlich nicht. Ist klar und auch ein Selbstgänger, ich werde nicht geliebt, passt schon.
So übe ich mich im Warten, etwas was ich nur schwer kann, eigentlich gar nicht, halte ich es doch für Zeitverschwendung. Der stete Unsicherheitsfaktor, die Frage, ob das noch mal was wird, fängt an mich zu nerven und allmählich läuft mir auch die Zeit davon. Termine stehen vor der Tür, wichtige Termine und man mag sich denken, zum Glück stehen sie da und sind nicht gleich mit der Tür ins Haus gefallen, denn in diesem Fall sähe es dramatischer aus, auch für die Tür, was das wieder kostet.
Schön ist es in der Wohnung, doch auch der schönste geschliffene Holzboden kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass irgendwie was fehlt. Möbel wären nicht schlecht, ich hätte gern meinen ökologisch nicht vertretbaren alten Schreibtisch und mein Bett. Ich hätte auch gern die Gewissheit, dass alles abgeschlossen ist. Ich würde mich gern in diesem Gefühl suhlen, nicht mehr an solche Dinge, wie einen Kühlschrank, denken zu müssen. Ich will diesen ganzen Umzugsmist abschließen, den Kopf frei bekommen. Will ich. Krieg ich aber nicht. Erstmal nicht. Wir arbeiten aber daran, sagt der schwedische Spediteur. Ich fragte ihn, ob er sich vorstellen könnte, wie schön es sich zwei Wochen mit 5 Hemden und 3 Hosen lebt, wie nett es ist, dass man immer als Bittsteller bei seinem Kumpel aufschlägt, kann ich mal waschen? Krieg ich nen Kaffee? Will ich nämlich eigentlich gar nicht.
Im Roxie´s begrüssen sich mich schon mit Vornamen und fragen: Wie immer? Man hängt lange im Büro rum, geht als Letzter, danach ins Roxie´s, Abendblatt lesen und was essen. Und dann, wenn es ganz schlimm kommt, finde ich mich draußen im Wagen wieder, Nieselregen schwebt über Hamburg, kalt ist es, doch ich kann Musik hören, ein bisschen Cure, Charlotte Sometimes. Schönes Lied, erstes Lied, welches ich jemals von denen hörte und ich denke mir, egal was kommt, ich lass mich nicht davon ficken. Schick Armeen und keine Hilfstruppen, du dummes Leben. Aber, und das ist ne Tatsache, angepisst bin ich doch. Man wird gereizter, es fehlt die Sicherheit, die innere Sicherheit, das Rückzugsrefugium und die Möglichkeit sich zu erholen. Heckenpennermatrazenschläfer bin ich und das ist etwas was ich nicht will. Es aktiviert dieses Unbehagen, dieses Gefühl wieder ganz unten zu sein. So wie damals im Auffanglager für Zonendödel. Zwei Monate BGS-Kaserene prägen. Zwei Monate zwecks Meldeerfassung, in denen ich mir so entwürdigt vorkam, immer musste man fragen, immer musst man sich an Essenzeiten halten, Gemeinschaftsduschen und Vierbettzimmer, ich habe mich so geschämt für manch Wechselwilligen, weil diese sich wie Assis benommen haben. Gesoffen wie die Löcher haben sie, jeden Abend, gegrölt und nicht begriffen, dass die Zeit der Bevormundung vorbei war, dass sie nun selber ihr Leben in die Hand nehmen müssen. Mancher von denen hat es dann auch nicht gepackt, ist wie ein geschlagener Hund wieder zurück und ich habe gelernt, dass Lagerkoller tatsächlich existiert.
Grausame Zeit, in der ich mich sehr unwohl fühlte und an die ich mich gerade sehr lebhaft erinnere und wenn man so will, ist es vielleicht nur ein Trauma, dass es zu verarbeiten gilt. Na dann, volle Fahrt Trauma, ich box dich nieder, denn die Vorzeichen sind andere. Es wird ein Leben nach dem Umzug geben, irgendwann werde ich mein Werkzeug haben, irgendwann werde ich die Küche fertig aufgebaut haben und mit der Einen im schicken Bett rumkullern. Irgendwann benutze ich wieder meine eigene Kaffeemaschine und höre auf meine Anlage meine Musik, in großer Auswahl und irgendwann bin ich online und blogge ich mich zu Tode und irgendwann wird dieses irgendwann einreffen, spätestens mir meinen Möbeln, denke ich mal. Bis dahin Lächle ich die Gesamtsituation genervt an, so wie bei einer Schlägerei, wenn man schon erledigt ist und den Gegner nur noch mal provozieren will: Mehr hast du nicht drauf? Schwach!


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Ich kenn dich nicht, Cabman, und trotzdem denk ich mir: der typ ist noch lange nicht erledigt. Der ist im moment bloss zu müde, um das hintertürchen ins paradies aufzustossen.
Ich reich dir mal ein vitamin-c-getränk rüber an stelle von kaffee. Oder doch lieber boxhandschuhe?

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Ich verneige mich tief, sage danke und nehme erst die Boxhandschuhe, dann das Vitamin-C-Getränk. Und müde bin ich tatsächlich. Sehr sogar.

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das kommt davon, wenn man 6.30 uhr auftsteht und am abend zuvor bis ein uhr telefoniert. ;) ach, ich bin schon wieder cool. dabei hab ich noch lauter scheiß to do. am donnerstags gibt´s die streicheleinheiten, versprochen. vielleicht schon im kuschelbett.

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Wie immer, alles deine Schuld. Ich mach jetzt mal nen Zeichen, dass das lustig gemeint ist, sonst gibts wieder Zündstoff, also;-))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))
Und PS. Ich bin kein ja kein Student mehr, nicht?

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ach?! kein student oder penner, das hatten wir doch gestern so in der art in einem atemzug?!
aber ich will ja nicht so sein: :))))))))))))))))))))))))))))))))
ich freu mich auf donnerstag. du wirst furchtbar leiden.

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Geht alles vorüber, sag ich mal. Und wenn nicht, warum nicht auch mal "Immer mitten in die Fresse rein", um mal bei den Ärzten zu bleiben. Also du der Gesamtsituation, nicht umgekehrt, aber da mach ich mir keine Sorgen.

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Wünsch ick mir. Dich lade ich dann ein, mit Aalsuppe und Labskaus und so. Minibüffel kannste auch mitbringen;-)

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Bin gerade aus der Dunkelheit reingestolpert und wenn ich mich so umsehe, muss ich schon sagen: Wow. Kompliment. Wenn so was dabei rauskommt, will ich jetzt auch sofort umziehn, wenigsens das aschgraue flat renovieren. Schön hell hier!

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Einfach machen, oder? Du schaffst das!

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Wenn sie Hilfe brauchen, bei der Renovierung, Umzug oder einfach nur mal `nen Kaffee zum aufwärmen, ich würde ihnen gerne zu Seite stehen.

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Da bedanke ich mich und komme mit Sicherheit darauf zurück.

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Häßliche Zeiten sind das. Als ich in meine Wohnung zog, hauste ich dort erstmal ein paar Wochen auf einer Luftmatratze, mit einem alten Kochtopf in der Küche (immerhin: es gab eine) und einem kleinen Radio. Irgendwann, denkt man sich ja, ist Schluß mit den ewigen Provisiorien. So Dinge wie "Heim" und vertraute Gegenstände bringen erst wirklich Ruhe. Tapfer bleiben!

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Vielen Dank, ich werde es bleiben.

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