Sonntag, 3. Juni 2007
Heute im Datenmüll gefunden:
Diese Geschichte ist tatsachenbasiert und entstand vor Jahren.

Sarah


Es bläst ein stürmischer Wind in Hamburg, wir haben Herbstwetter. Sie steht ein Stück von mir entfernt auf dem U-Bahnsteig, als eine Durchsage den kompletten Ausfall dieser Strecke verkündet. Sofort setzt mürrisches Murmeln ein und all die anderen Fahrgäste sind wirklich erbost. Nur sie nicht.
Erhaben und schön wie eine Göttin steht sie da, schlägt den Kragen Ihres Mantels hoch und kuschelt sich in ihm ein. Als eine weitere Durchsage mitteilt, dass der Schienenersatzverkehr ca. eine Stunde braucht, gelingt es mir, einen kurzen Blick in Ihre Augen zu erhaschen. Ich versinke sofort in ihnen und denke nur, dass ich sie jetzt nicht verlieren darf. Ich muss sie kennen lernen!
So nehme ich all meinen Mut zusammen, gehe ich auf sie zu und sage: „Die Stunde, in der du hier rumstehen sollst, würde ich dir gerne abkaufen. Ich zahle in heißer Schokolade - haben wir einen Deal?“ Sie schmunzelt. Nach kurzem Überlegen nickt sie und sagt, sie heiße Sarah und dass ihr eh kalt sei. So gehen wir los, lassen all die anderen mürrisch und verregnet stehen und begeben uns zum Café.
Die Stunde vergeht viel zu schnell, als das wir uns alles erzählen könnten und als der Abschied naht, tauschen wir unsere Adressen und Handynummern aus. Sie gibt mir die Hand zum Abschied, lächelt und sagt: „Danke fürs Aufwärmen.“ Dann geht sie in die Dämmerung des Spätnachmittags hinaus. Ich folge Ihr nicht, sehe Ihr nur nach.

Abends sitze ich am PC, lese mein mails und ein paar blogs, als es klingelt. Ich öffne und bin freudig überrascht, sie zu sehen.
Sie steht da in ihrem Mantel und sagt: „Zwei Dinge haben sich seit heute Nachmittag nicht geändert, ich heiße noch immer Sarah und mir ist noch immer kalt. Ich denke, mir hilft nur eine erwärmende Unterhaltung.“ Noch ehe Sarah den Satz ganz zu Ende gesprochen hat, kommt sie auf mich zu und gibt mir einen Kuss.
Halb drängt sie und halb ziehe ich sie. Wir taumeln, taumeln Richtung Bett. Gefangen in inniger Umarmung küssen wir uns immer intensiver. Mit schnellen Griffen befreien wir uns von all den unnützen Kleidern und sinken endlich auf das Bett nieder. Unsere Bewegungen verlangsamen sich und ich halte kurz inne, um ihre perfekte Schönheit zu betrachten. Dieser herrliche Körper, ihr Lächeln, das mein Herz stehen bleiben lässt. Mit zittrigen Fingern entblöße ich sie ganz. Nackt, wie Gott sie schuf, liegt sie vor mir und ich kann nicht anders; wir lieben uns kurz und heftig.
Danach liegt Sarah in meinem Arm und ich kraule ihr den Nacken. Sie drängelt sich an mich wie ein kleines Kätzchen.
”Das war wirklich schön.”
”Ja, das war es, heftig und unerwartet.” pflichte ich ihr bei.
”Wieso und wo kommst Du jetzt eigentlich her?”
”Psst! Nicht reden, nicht den Zauber des Augenblicks zerstören!” Aber wahrscheinlich hatte ich bereits genau das getan, denn sie entwindet sich mir und krabbelt aus dem Bett.
”Wo ist denn das Bad?” fragt sie und als ich es ihr sage, ist sie auch schon entschwunden. Als Sarah wieder zurückkommt, bleibt sie an der Musikanlage stehen. Mit dem Rücken zu mir gewandt und im Widerschein der Straßenbeleuchtung wirkt ihr nackter Körper wie aus Marmor gestochen.
Mit den Fingern folgt sie den CDs im Regal. Aus der Mitte zieht sie eine heraus und legt sie ein. Bevor Sarah auf Play drückt, dreht sie sich zu mir:
“Ein Cure Fan? Nun, mein finsterer Geselle, ich hoffe, das hier muntert dich ein bisschen auf.“ Mit diesen Worten startet sie die CD und kommt mit gespielt aufreizendem Hüftschwung zurück ins Bett. Und während Robert leise sein klagendes Lied anstimmt, fängt sie an, mich zu liebkosen und als er vom Last Day of Summer singt, tut sie dies noch immer und als die letzten Töne der CD verklingen, erfüllt nur unser schwerer Atem das Zimmer mit Geräuschen.
Am nächsten Morgen wache ich allein auf. Nichts erinnert daran, dass Sarah hier gewesen ist. Gar nichts. Ich stehe auf und während ich noch zweifle, ob das alles geschehen ist, rieche ich den Duft von frischem Kaffee. Es war also doch keine Einbildung. In der Küche stelle ich fest, dass es zwar Kaffee, aber keine Sarah gibt. Vermutlich im Bad, denke ich und nehme mir einen Pott Kaffee. Es dauert nur ein-zwei Minuten, bis ich merke, dass kein einziges Geräusch aus dem Bad kommt. Keine Dusche, kein Wasserhahn, keine WC-Spülung und kein Gurgeln. Nichts. Mit leichter Verwunderung gehe ich zur Tür und klopfe an. Keine Antwort; also öffne ich sie und trete ein. Gewohnte Leere. Alles was ich finde, ist eine Botschaft, in schön geschwungener Handschrift geschrieben, auf der Ablage des Spiegels hinterlassen:

Letzte Nacht war wundervoll, leider kann ich Dich nicht wieder sehen. Die Angaben, die ich Dir gab, sind falsch. Suche mich nicht, ich heiße nicht Sarah und ich werde die Stadt heute verlassen. Sarah


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Oh verdammt. Du bist unmöglich. Ja, das bist du.

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Was denn nun schon wieder?

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Mag ich nicht sagen. Du bist unmöglich. Und ich sage Danke für diesen Text. So. Mehr nicht.

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Dann sag ich auch Danke! Ehrlich!

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