Donnerstag, 8. Juni 2006
Anstoss
Entgegen der hier häufig geäußerten Meinungen, find icke die WM ja nicht schlecht. Kommerz hin, Kommerz her, man kann sich aussuchen, wie weit man das an sich ranlässt.
So wundert’s dann auch nicht, dass ich mir schon so meine Gedanken machte, wo ich es denn sehe, das Eröffnungsspiel mit dem ganzen Vorlaufbrimborium. Hier in Schweden ist das ja sehr beschwerlich mit dem Fernsehen, weil es oft langweilig präsentiert wird. Langweilig, oder wie man in Szenekreisen sagt: nordisch kühl.
Aber manche Dinge lösen sich ja bekanntlich von selbst und so war die Freude groß, als ich gestern, nach dem ich die Elektropost durch hatte, in der stinknormalen traditionellen Papiergeschichte neben Rechnungen und noch mehr Rechnungen und Anwaltschreiben und wieder Rechnungen eine hässliche Einladung zu einem schönen Event erhielt. WM-Anpfiff in der schwedischen Botschaft! Na, denk ich mir, so schlecht wird das nicht sein, alte Säcke, junges Gemüse und knackige Kräcker, große Großleinwand mit Networking. Kenn ich schon, war ich doch schon mal eingeladen zum Spargelabend mit der amtierenden deutschen Weinkönigin, der nach dem offiziellen Teil auch noch sehr lustig und die Weinkönigin immer schöner wurde, denn so ne Weinprobe, wenn man sie richtig gestaltet, kann durchaus berauschend sein.
So sah ich mich dann auch schon im Smoking durch die parkettbebodeten historischen Hallen schweben, mit fein gekämmtem Haar, Tätzchen geschleckt und Ohren gespitzt, Grüsse hier, Bussi da, sag so Dinge wie: „Guten Abend Herr Botschafter.“ oder „Sie sehen ganz entzückend aus, meine Liebe. Lassen Sie schneidern?“
Ich schwebe zur Bar, eine Hand lässig im Kummerbund, mit der anderen eine Gläschen Dom Pèrignon jonglierend, trete an die liebreizende Dame, die dort mit zwei Gläschen Martini wartend steht: „Guten Abend meine Teure, Cabman mein Name, James Cabman. Ihr Oliven scheinen mir prächtig gewachsen, wo lassen sie pflücken?“
„Oh James, ich habe viel von Ihnen gehört. Sie sind ein ganz verwegener Rabauke? Mögen Sie tanzen?“
„Gern, die Freude ist ganz meinerseits.“
Wir swingen hier, wir swingen da, von allen, unseres Könnens bestaunt…

Ich sehe gerade, da unten steht: dresscode: casual. Jut, lass ich den Smoking zu Hause und nehme ein Sacko. Ich wollt auch nur anbieten, in Ermangelung eines Partners, denn diese Einladung gilt wie immer für Zwei und meine lieben Kollegen wollen allesamt nicht, Maria, mit der ich sonst hingehen würde, ist in Österreich, also kurz und bündig: Sollte jemand am Freitag in Sthlm sein und Lust verspüren mich zu begleiten, bitte schön…


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