Sonntag, 20. April 2008
Wo sind all die Häuptlinge hin?

Heute nun, mit finsterem Blick, aber deswegen nicht weniger liebenswert, wieder ein kurzer Abriss.

Hoffentlich erreicht er Sie, wie er mich verlässt, nämlich kraftvoll, was so leicht nun auch nicht ist, gemessen an dem gefühlten Alter, welches sich seit Tagen meiner bemächtigt. Sacrement! Ich hoffe, jemand weiß es zu schätzen.

Also, um es kurz zu machen, weil lange Einträge nicht en vogue sind, beginne ich gleich mit dem Ende.

Anfang vom Ende:

Da wundern sich schlauere Menschen als ich es bin, darüber, dass es ein Silvio Berlusconi wieder geschafft hat. Das kann nur bedeuten, ich bin klüger als selber erwartet, oder die anderen sind dümmer als ich dachte, was zumindest wieder für meine eigene Dummheit spräche und somit sehr stringent und schlüssig argumentiert wäre, wenn Sie verstehen was ich meine.

Ich halte diese Wahl für wenig überraschend, sondern sehe geschichtliche Parallelen. Scheu und schüchtern, wie ich nun mal bin, wage ich auch eine zarte Prognose für Deutschland: Auch wir werden, wenn wir die italienische Phase der kunterbunten Parlamente, Senate und Landtage mit einem stattlich statischem Chaos hinter uns gebracht haben, eine gewisse Sehnsucht entwickeln, dass es eine Person gibt, die Zuversicht und Hoffnung verspricht und die Stärke hat, Neuerungen durchzusetzen.

Es ist nur eine mögliche Verästelung, denn wie wir alle wissen, wächst der Baum der Geschichte immer irgendwie schief, doch ich habe die Worte meines alten Professors im Ohr, der da sagte:

„Das Käsebrötchen können Sie nach dem Kurs essen [….] und Geschichte wiederholt sich, es ist nur nicht leicht zu erkennen.“

Und so beklage ich in Zeiten, wo deutsche Großkonzerne in Bestechungsaffären und Puff-Geschichten untergehen, wo ein Gesetz nach einem verurteilten Ex-Manager benannt wird, wo Gewerkschaften plötzlich erkennen, dass sie auch nicht ganz frei von Schuld sind, wo Gier und kurzfristige Gewinnmitnahmen das oberste Ziel sind, wo Politiker so wenig Charisma haben wie Spreewälder Gurken, wo parteitaktische Spielchen wichtiger sind als das Wohl und die Stimme des Volkes und wo es im Endeffekt nur darum geht, dass jeder mit dem Arsch an die Wand kommt, da also, da beklage ich das Fehlen von Häuptlingen, oder auch, politisch korrekt: Häuptlinginnen.

In meiner Idealvorstellung sind dies Personen, die mit wenig Rücksichtnahme auf ihrer eigenen Interessen zum Wohle des ihnen anvertrauten Volkes, oder eben Unternehmens agieren. Personen, gütig, milde und weiße. Sie müssen nicht von allen geliebt werden, doch sie müssen es verstehen, für alle eine Integrationsfigur darzustellen, die sachlich erklärt und einem gemeinsamen und übergeordnetem Ziel nachstrebt. Kurz gesagt: Menschen mit genug Arsch in der Hose Verantwortung zu tragen und für Entscheidungen auch gerade zu stehen. Mir fehlt also so eine Art „Sitting Bull Deutschlands“ und zwar auf allen neuralgischen Positionen.

Abschluss des Endes

Bevor nun wieder die Gedankenpolizei zuschlägt: Nein, ich will keinen Führer und auch keinen Kaiser. Ich würde auch keinen Berlusconi in Deutschland haben wollen. Aber ich will, dass die Manager und Politiker, Menschen also, die Verantwortung tragen sollten, diese auch mit Anstand und einem geraden Rücken wahrnehmen. Sie sollten mehr Häuptling sein. Wir werden es auch bitter nötig haben, denn die Zukunft wird nicht so rosig sein, wie man uns heute erzählt.

So gesehen ist die Wahlentscheidung der Italiener nicht weiter verwunderlich, wenngleich der Silvio kein Häuptling ist. Er war nur die beste der schlechten Alternativen.

Deo volente werden auch wir eine solche Alternative haben, wenn es soweit ist, dann andernfalls hätten wir den Salat und zwar mit zu befürchtendem katholischen oder braunen oder tiefrotem Dressing. Fraglich ob wir das wirklich wollen, in wirtschaftlich schlimmen Zeiten?

Aber das ist ein ganz anderes Thema, dem wir uns vielleicht nächste Woche widmen. Nur soviel:

Beobachten Sie bitte im Laufe der nächsten Woche die Milchpreise. Besonders die bei Aldi.


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