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Montag, 12. Februar 2007
Kiss me goodby
cabman, 16:53h
Die letzten Tage, ja Wochen, fühlte ich mich schlapp, orientierungslos und daraus resultierend regungslos. Mechanisch-automatisch spulte sich das gleiche Schema ab. Kreativität, Lebenswitz und alles andere hatten sich versteckt und ich hatte keine Kraft danach zu suchen. Wir kennen es wohl alle, das Gefühl, wenn so Unebenheiten einen aus der Kurve tragen, wenn gerade keine geistige Leitplanke da ist, dich auf der Bahn zu halten. Der Bueffel schrieb mir in einer mail: „Höre auf dein Bauchgefühl.“ Doch auch das war weg. Gedanken trieben überall hin, ziellos. Springen oder nicht war die große Frage und nachdem ich es mir wirklich nicht einfach gemacht habe, steht mein Entschluss fest. Ein business case, etwas das rechenbar ist, etwas, dessen Risiken sich minimieren lassen, so etwas kann ich relativ schnell entscheiden. Aber das hier ist kein business, das hier berührt mein Leben und genau da musste ich auch ansetzen: Mein Leben. Ich würde es mit niemand tauschen wollen, es ist meins, selbst erarbeitet und eigentlich ist es genau das, was ich immer wollte, es ist das, was ich kann. Dennoch, oder gerade deshalb, stellt sich aber die Frage, nach dem Mehr, nach etwas Anderem. Diese Frage gab es schon immer, ich kann sogar sagen, sie ist schon immer Antrieb gewesen: Meine erste Freundin hieß Maria. Ein bildhübsches Mädchen, klug, witzig und wohnte leider für einen 15jährigen viel zu weit weg. Halle an der Saale war damals so weit, dass uns niemand eine Chance gab. Aber was man will, muss man sich holen, so war es und so wird es immer sein. Niemand kommt und schenkt dir was und wenn doch, dann freu dich über dieses Geschenk, aber erwarte es nicht. Auf diesem Wege wird man nicht enttäuscht.
Maria und ich schrieben Briefe. Damals ging das noch mit der Post und jedes Mal, wenn so ein zerknittertes Ding ankam, freute ich mich diebisch, war aufgeregt und schloss mich auf dem Klo ein. Irgendwann fuhr ich sie besuchen. Gemeinsam gingen wir in einen Jugendclub, in dem ich mich nicht sehr wohlfühlte, denn meine Tasche war über und über mit Cure-Buttons gespickt, eine Band, die die dort verkehrenden Glatzen nicht mochten. Die Stimmung wurde dann auch etwas aggressiv, so dass Maria mich wegzog und wir gemeinsam zum Hufeisensee gingen. Dort lagen wir am Ufer im Gras, schauten in den sternenklaren Himmel und ich fragte sie, ob sie auch gern wissen wolle, was dahinter liegt, ob sie sich vorstellen könnte, das es ein Paralleluniversum gibt, ob sie mit mir dahin reisen würde. Sie sagte zu allem nein. Sie sagte, diese Vorstellung mache ihr Angst und weil es keine Antwort gibt, macht es sie auch verrückt. Sie wollte nicht darüber nachdenken, lieber knutschen und das haben wir dann auch gemacht. Mich beschäftigen diese Fragen aber noch bis heute. Es muss doch noch was Anderes geben und bist du bereit, danach zu forschen? Ja und immer wieder ja lautet meine Antwort, denn nur wer losgeht, kommt irgendwo an.
Im Augenblick sitze ich hier warm und trocken. Seid letzter Woche ist es hochoffiziell, die Gesamtverantwortung Europa liegt bei mir und außer mehr Arbeit und weniger Zeit, hat sich eigentlich nichts geändert. Ich bin stolz auf mich, ich habe erreicht worauf ich hingearbeitet habe und es stellt sich wie immer die Frage: Und nun? Und nun? Gab es schon, als ich in Schweden ankam, Und nun? Gab es, als die Antike und ich das Haus fertig renoviert hatten, Und nun? Gab es, als das Haus in Stockholm einigermaßen fertig war. Und nun? Wird es wohl immer geben. Und nun? Ich könnte diese Position ausfüllen, sie mit meiner Handschrift versehen und darauf hinarbeiten, dass alles alles gut wird. Was anderes bleibt auch nicht, denn viel höher geht es in dieser Firma nicht. Und nun? Und nun schaue ich auf mein kleines, persönliches Universum und versuche mir vorzustellen, was dahinter liegt. Es muss doch noch was anderes geben?
Letzte Woche wartete ich in München auf den ICE. Es war dieser Tag, der sich so richtig anfühlte. Ich fuhr zum Termin und hatte die Gewissheit, sie abends wieder zu sehen. Ein tolles Gefühl! Wie immer, wenn Zeit übrig ist, ging ich in den Zeitschrifthandel, um mir den neuesten Auswurf journalistischer Einbildung anzusehen und entdeckte dabei ein Magazin, nein, es war nicht nur ein Magazin, es war sogar Magazin des Monats. „Player“ heisst es und es fand sich darin eine Reportage über junge Männer, alle so in meinem Alter, die ihre Jobs weggeworfen hatten, um etwas ganz anderes zu tun. Da ist dieser 33jährige Bahnmanager, der auf die Schauspielschule wechselte, der Tchibo-Produktmanager, der Bankangestellte, alle mitten im Leben, alle erfolgreich und alle unzufrieden.
Ja, ich bin es auch. Nicht grundsätzlich, nicht so rigoros, aber doch ein bisschen. „Midelife crises mit 33?“ fragte ich Morphinchen und sie hatte wieder eine schlaue Antwort parat. Alles richtig, doch mir stellt sich die Frage, wo bleib ich? Mit erschrecken habe ich festgestellt, ich war vor 4 Jahren das letzte Mal im Kino. Das letzte Mal Schwimmen war ich mit Zig, auch so 5 Jahre her. „Du liest erstaunlich viele Bücher.“ sagte Frau Morphine. Stimmt, aber es ist mehr ein durchpflügen der Seiten. Früher war dies anders, heute kann ich mich nicht an Einzelheiten erinnern, so werde ich nie intellektuell.
Und dann düsten wir durch den Schnee. Gott liebt mich nicht, macht nichts, ich kann ihn auch nicht leiden. Termine bestimmen, Termine drücken und ich gebe Gas. Schnee hin, Schnee her, wir haben keine Zeit. Nie haben wir Zeit und das, wo ich so gern welche hätte. Zig hat mir vorletztes Jahr einen Schachcomputer geschenkt. Der hat 72 Level. Bis Ostern hatte ich ihn auf 53, im September auf 63 und seit dem steht er da. Keine Zeit etwas zu tun das mir gefällt. Keine Zeit, sie zu verbringen mit der Person, die mir gefällt. Das alles gefällt mir nicht, ich fühle mich unzulänglich, nicht teilhabend, ich kann nicht mal was Vernünftiges bloggen, selbst wenn du Zeit hättest, bekämst du das nicht hin, mögen spitzfindige Gesellen sagen und ich erinnere meine Maxime: Die Dinge die du willst, musst du dir holen. Wir holt man sich Zeit?
Heut habe ich gekündigt. Ich springe. Ich verlasse mein kleines Universum, um mal zu schauen, was dahinter liegt. Der eine sagt, du bist mutig, der andere sagt, du bist dumm. Ich sage: Ich bin ich, ich werde es immer sein und das alles ist auch nur der Anfang einer Reise. Wo sie hingeht? Das weiß man nie, aber man kann versuchen sich treu zu bleiben und dann bekommt man schon eine Ahnung. Am 28.02.2003 bin ich mit meinen Träumen, Wünschen und Hoffnungen in Schweden angekommen. Nun, knappe 4 Jahre später, kehre ich zurück. Nicht geschlagen, nur erfahrener, mit anderen Wünschen und Hoffnungen und es wird sowieso alles anders kommen, tut es immer.
Der letzte ausschlaggebende Grund für diese Entscheidung war natürlich sie. Sie ist die Schönste, sie hat viel zu geben und sie fordert auch, mit ihr lässt sich gut feiern und von ihr will ich so schnell nicht mehr weichen: Hamburg, die einzige Stadt.
Und nie wieder will ich in Morphines Augen schauen und die Frage, „Wann sehen wir uns wieder?“ mit einem: „Ich weiß es nicht.“ beantworten. Nie wieder! Nie wieder 2. Beziehungsliga!
Dreieinhalb Wochen to go; ich habe meine Kündigungsfrist runtergehandelt, nächste Woche noch kurz nach Irland, Sachen eintüten, dann ist es noch eine Woche bis es heißt:
Maria und ich schrieben Briefe. Damals ging das noch mit der Post und jedes Mal, wenn so ein zerknittertes Ding ankam, freute ich mich diebisch, war aufgeregt und schloss mich auf dem Klo ein. Irgendwann fuhr ich sie besuchen. Gemeinsam gingen wir in einen Jugendclub, in dem ich mich nicht sehr wohlfühlte, denn meine Tasche war über und über mit Cure-Buttons gespickt, eine Band, die die dort verkehrenden Glatzen nicht mochten. Die Stimmung wurde dann auch etwas aggressiv, so dass Maria mich wegzog und wir gemeinsam zum Hufeisensee gingen. Dort lagen wir am Ufer im Gras, schauten in den sternenklaren Himmel und ich fragte sie, ob sie auch gern wissen wolle, was dahinter liegt, ob sie sich vorstellen könnte, das es ein Paralleluniversum gibt, ob sie mit mir dahin reisen würde. Sie sagte zu allem nein. Sie sagte, diese Vorstellung mache ihr Angst und weil es keine Antwort gibt, macht es sie auch verrückt. Sie wollte nicht darüber nachdenken, lieber knutschen und das haben wir dann auch gemacht. Mich beschäftigen diese Fragen aber noch bis heute. Es muss doch noch was Anderes geben und bist du bereit, danach zu forschen? Ja und immer wieder ja lautet meine Antwort, denn nur wer losgeht, kommt irgendwo an.
Im Augenblick sitze ich hier warm und trocken. Seid letzter Woche ist es hochoffiziell, die Gesamtverantwortung Europa liegt bei mir und außer mehr Arbeit und weniger Zeit, hat sich eigentlich nichts geändert. Ich bin stolz auf mich, ich habe erreicht worauf ich hingearbeitet habe und es stellt sich wie immer die Frage: Und nun? Und nun? Gab es schon, als ich in Schweden ankam, Und nun? Gab es, als die Antike und ich das Haus fertig renoviert hatten, Und nun? Gab es, als das Haus in Stockholm einigermaßen fertig war. Und nun? Wird es wohl immer geben. Und nun? Ich könnte diese Position ausfüllen, sie mit meiner Handschrift versehen und darauf hinarbeiten, dass alles alles gut wird. Was anderes bleibt auch nicht, denn viel höher geht es in dieser Firma nicht. Und nun? Und nun schaue ich auf mein kleines, persönliches Universum und versuche mir vorzustellen, was dahinter liegt. Es muss doch noch was anderes geben?
Letzte Woche wartete ich in München auf den ICE. Es war dieser Tag, der sich so richtig anfühlte. Ich fuhr zum Termin und hatte die Gewissheit, sie abends wieder zu sehen. Ein tolles Gefühl! Wie immer, wenn Zeit übrig ist, ging ich in den Zeitschrifthandel, um mir den neuesten Auswurf journalistischer Einbildung anzusehen und entdeckte dabei ein Magazin, nein, es war nicht nur ein Magazin, es war sogar Magazin des Monats. „Player“ heisst es und es fand sich darin eine Reportage über junge Männer, alle so in meinem Alter, die ihre Jobs weggeworfen hatten, um etwas ganz anderes zu tun. Da ist dieser 33jährige Bahnmanager, der auf die Schauspielschule wechselte, der Tchibo-Produktmanager, der Bankangestellte, alle mitten im Leben, alle erfolgreich und alle unzufrieden.
Ja, ich bin es auch. Nicht grundsätzlich, nicht so rigoros, aber doch ein bisschen. „Midelife crises mit 33?“ fragte ich Morphinchen und sie hatte wieder eine schlaue Antwort parat. Alles richtig, doch mir stellt sich die Frage, wo bleib ich? Mit erschrecken habe ich festgestellt, ich war vor 4 Jahren das letzte Mal im Kino. Das letzte Mal Schwimmen war ich mit Zig, auch so 5 Jahre her. „Du liest erstaunlich viele Bücher.“ sagte Frau Morphine. Stimmt, aber es ist mehr ein durchpflügen der Seiten. Früher war dies anders, heute kann ich mich nicht an Einzelheiten erinnern, so werde ich nie intellektuell.
Und dann düsten wir durch den Schnee. Gott liebt mich nicht, macht nichts, ich kann ihn auch nicht leiden. Termine bestimmen, Termine drücken und ich gebe Gas. Schnee hin, Schnee her, wir haben keine Zeit. Nie haben wir Zeit und das, wo ich so gern welche hätte. Zig hat mir vorletztes Jahr einen Schachcomputer geschenkt. Der hat 72 Level. Bis Ostern hatte ich ihn auf 53, im September auf 63 und seit dem steht er da. Keine Zeit etwas zu tun das mir gefällt. Keine Zeit, sie zu verbringen mit der Person, die mir gefällt. Das alles gefällt mir nicht, ich fühle mich unzulänglich, nicht teilhabend, ich kann nicht mal was Vernünftiges bloggen, selbst wenn du Zeit hättest, bekämst du das nicht hin, mögen spitzfindige Gesellen sagen und ich erinnere meine Maxime: Die Dinge die du willst, musst du dir holen. Wir holt man sich Zeit?
Heut habe ich gekündigt. Ich springe. Ich verlasse mein kleines Universum, um mal zu schauen, was dahinter liegt. Der eine sagt, du bist mutig, der andere sagt, du bist dumm. Ich sage: Ich bin ich, ich werde es immer sein und das alles ist auch nur der Anfang einer Reise. Wo sie hingeht? Das weiß man nie, aber man kann versuchen sich treu zu bleiben und dann bekommt man schon eine Ahnung. Am 28.02.2003 bin ich mit meinen Träumen, Wünschen und Hoffnungen in Schweden angekommen. Nun, knappe 4 Jahre später, kehre ich zurück. Nicht geschlagen, nur erfahrener, mit anderen Wünschen und Hoffnungen und es wird sowieso alles anders kommen, tut es immer.
Der letzte ausschlaggebende Grund für diese Entscheidung war natürlich sie. Sie ist die Schönste, sie hat viel zu geben und sie fordert auch, mit ihr lässt sich gut feiern und von ihr will ich so schnell nicht mehr weichen: Hamburg, die einzige Stadt.
Und nie wieder will ich in Morphines Augen schauen und die Frage, „Wann sehen wir uns wieder?“ mit einem: „Ich weiß es nicht.“ beantworten. Nie wieder! Nie wieder 2. Beziehungsliga!
Dreieinhalb Wochen to go; ich habe meine Kündigungsfrist runtergehandelt, nächste Woche noch kurz nach Irland, Sachen eintüten, dann ist es noch eine Woche bis es heißt:
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