Freitag, 4. September 2009
Zu Lande, zu Wasser und in der Luft

Miau, Miau, Miau, Miau, M M I I I I A A U U U U U U !!!.

Da bin ich und zwar wieder da. Achja, und wenn man voraussschauend lebt, wird man seltener überrascht. Jetzt tun wieder alle so, als wäre das mit den Glühlampen nicht schon lange bekannt gewesen. Ts. Sachen gibts.

Zur Sächlichkeit seid bereit! Immer bereit:





Letzte Woche bin ich an 4 Tagen sechsmal geflogen, was dreimal mehr ist, als so mancher in 30 Jahren Leben hinbekommt. Ich schreib das natürlich nicht, weil mir dabei einer abgeht, sondern vielmehr deswegen, weil ich mir überlegte:

Wenn ich für jeden Flug eine Stunde vorher anwesend sein muss, bedeutet dies, dass ich (bezogen auf den Betrachtungszeitraum) ca. 6,25% meiner Lebenszeit mit Warten verbringe. Rechne ich die unproduktive Zeit im Taxi (auf dem Weg zum/vom Flughafen) von durchschnittlich je 30min mit ein, erhöht sich diese Zahl dramatisch auf 12,5%. Ich finde das ist unnütz. Völlig bescheuert. Rechnet man diesen Faktor auf die durchschnittliche Lebenszeit eines mitteleuropäischen Mannes (78Jahre) um, erfährt man, dass man 9,75 Jahre seines Lebens mit Warten verbringt.

Folgendes bleibt dabei anzumerken:

Komische Gedanken habe ich, wenn ich so rumsitze und warte.

Sind wir ein Volk von Wartenden?

Ist das Warten eine neue Schlüsselqualifikation?

Hamburg in der Morgensonne von oben sieht einfach nur toll aus:





So. Wenn ich soviel unterwegs bin, was natürlich immer komprimiert kommt, bleibt das daily business liegen und dann kann so ein Freitag mal schnell zum Horror werden, insbesondere, wenn die Dinge der absoluthochwichtigensupereiligennichtaufzuschiebenden Dringlichkeit auf einen warten und man sich ständig fragt, wie hat man das früher gelöst?

Glücklicherweise rief der junge Mann aus dem Beitrag weiter unten an und verkündete stolz, dass er (nebst zukünftiger Mutter seiner Kinder) nun die größere Wohnung bekommen hat und er Werkzeug benötige und ob ich es ihm leihen wollen würde. Klar wollte ich. Selbstverständlich. Er ist einer der 3 Personen, die alles von mir haben können, weil sie mir auch alles geben. Geben und nehmen, richtig?

Waren Püppie und icke dann am Samstag in aller Herrgottsfrühe auf der Baustelle. Schicke Wohnung, wirklich, zwei Balkone, einer nach hinten raus, einer nach vorn und so schön groß und damit so herrlich viel zu renovieren und die beiden Tanzmäuse ganz alleine. Also sind Püppie und icke gleich dageblieben und haben bis abends Tapeten gekratzt, gespachtelt und Tapeten gekratzt. Sonntag dann gleich nochmal und in Ergänzung des Projektes Schöner unser Heim, habe ich auch gleich noch tapeziert. War wirklich gut, weil so real. Ein zielorientiertes Tun mit direkt messbarem Erfolg und jeder Schritt ein Teil zur Erfüllung eines höheren Ziels, welchem man sich dramatisch schnell nähert. Mag ich.

Achtung, jetzt kommt die bildungstechnisch von hoher Relevanz, zusätzlich selbständige und in sich geschlossene Abschweifung:

Liebe junge Männer, schleicht sich das nestbauwütige Weibchen auf euren Teil der Baustelle und fragt mit energischer Zellatmung: „Muss das so ordentlich gemacht werden? Und wieso dauert das so lange?“

Dann will es definitiv nicht hören, dass der molekulare Aufbau des Spachtelmassen-Wassergemisches aus langen instabilen Ketten besteht, was ja auch sein muss, da dadurch die geschmeidige Spachtelfähigkeit gegeben ist.
Es will auch nicht hören, dass bei Aggregatszustandswechsel (Erhärten) diese Ketten in sich zusammenfallen und damit verdichten und dadurch das „Nachsacken“ in besonders hochrandigen Vertiefungen (Schreib ich nur so, weil tiefe Vertiefungen blöd klingt und außerdem sollte Sprache lebendig sein. Es gibt genügend Fremdwortdesperados, die nichts zu sagen haben, dass aber schön verpackt.) entsteht.

Das Weibchen will auch gar nicht hören, dass Sie persönlich diesen Effekt faszinierend finden, weil Sie ja mindestens zwei Dinge benennen könnten, deren Erhärten gleichzeitig mit einer Ausdehnung ihres Körpervolumens einhergeht. Das eine wäre Wasser (deswegen platzen dessen Leitungen im Winter) und das andere wäre etwas „Biologisches“, was Sie aber nicht benennen könnten, weil Sie ja scheu und schüchtern sind.

Glauben Sie mir, so etwas will das Weibchen nicht hören, denn es lebt vorausschauend und will J E T Z T Bilder aufhängen und Kissen für die Couch kaufen.

Mein Tipp an dieser Stelle:

Fragen Sie, wo die Couch stehen soll und dann erklären Sie: Siehste, wenn die Couch dort steht, schaust du in diese Richtung und das Licht kommt von da (unterstreichen Sie Ihr Tun mit energischen Armbewegungen). Erklären Sie weiter: Jede kleine Unebenheit des Untergrundes wird sich in Form von Schatten wiederspiegeln und weil diese eher asynchron sein werden, wird es die Gesamtharmonie stören, was auf Dauer irritierend ist und euer Wohlbefinden beeinträchtigt und dann werdet ihr euch trennen und Scheidungskinder produziert haben. Die nehmen dann Drogen oder werden Journalisten oder A-Blogger und dann hast du erst richtig Sorgen. Willste das? Siehste! Und deswegen dauert es so lange wie es dauert und du wirst mir nach 20 Jahren glücklicher Partnerschaft dankbar sein. Nun muss ich schleifen und dann nochmal spachteln.

Kann alles so einfach sein und ich gebe bekannt: Am Spachtel bin ich ein Virtuose und an der Erfurt ein junger Gott, denn es ist alles eine Frage der guten Stöße, wie beim Sex, oder?

Damit soll die Einlassung hier ihren Ausgang nehmen und wir wenden uns noch einmal der pompösen Wichtigkeit beruflicher Dinge zu:



Diese Woche war ich Kopenhagen und das Schönste an Kopenhagen ist bekanntlich der Tag der Abreise. Jut. Davor hatten wir total wichtige Meetings und auch schönes Wetter, aber besonders hatte ich etwas im Magen quer liegen, weil nämlich der Rookie, den ich vor 8 Monaten eingestellt habe, kein Wort(!)überhaupt kein Wort Englisch gelernt hat in der Zwischenzeit.

Da ich ihn nicht bloßstellen wollte während des Meetings, habe ich im Auto mit ihm Manöverkritik geübt und ihm sehr, sehr deutlich gemacht, wenn er das nicht hinbekommt, kann er sich die Karrierepläne gepflegt ins Haar gelen. Er verfiel dann ins Lamentieren, von wegen keine Zeit und er hätte sich ja auch schon so ein Lernsystem gekauft… von Tchibo, aber das dauert. Aha. Tchibo?!

Was soll ich schreiben? Um ihm zu helfen, habe ich dann mit ihm und seinem tollen Lernsystem Vokabeln geübt. Die ganze Heimreise über, sozuschreiben von Kopenhagen bis Hamburg. Er hatte auch schon wahnsinnige 7 Worte drauf. Die durfte man aber nicht in einem Satzzusammenhang abfragen, sondern nur in der Grundform.

Das hat mich dann gleich noch viel pissiger gemacht und ich kam nicht umhin zu fragen, ob er denn wüsste wie Lernen funktioniert. Nö. Wusste er nicht. Also erklärte ich ihm diese Theorie vom Netz der Erfahrungen. Je mehr davon da sind, desto engmaschiger ist es, desto leichter bleibt neues Wissen hängen, also auch Worte. Um das Ganze gleich praktisch zu untermauern, traf es sich gut, dass das nächste Wort Enjoy war.

Ich fragte ihn, ob er sich erinnern könnte, was der Kellner am Abend zuvor sagte, als er die Teller mit den Gerichten auf den Tisch gestellt hatte. Nö. Konnte er nicht. Enjoy your meal? Kennen Sie diese Phrase? Nö.

Jut. Kennen Sie Depeche Mode? Ja. Die haben einen richtig guten Song. Der heißt Enjoy the Silence. Kennen Sie den? Und wissen Sie, was der Titel bedeutet? Nö und Nö.

Sehen Sie, liebe Leser, da war ich doch etwas erstaunt und demotiviert zugleich. Ich entwickle leider überhaupt kein Verständnis für so etwas und habe auch keine Geduld, Leuten etwas beizubringen. Die müssen das verstehen und basta. Eine Charakterschwäche, ganz bestimmt, ich weiß aber darum und bin deswegen ja auch nicht Lehrer, oder?
So. Ich habe dem guten Mann gesagt, dass mich das richtig annervt und dass er doch beginnen sollte, die Worte mit bestehendem Wissen zu verknüpfen, das würde die ganze Sache leichter machen.
Als er dann fragte, wie ich das meine, erklärte ich ihm, dass mein erster Englischlehrer Robert Smith war und ist.

Der Rookie hielt das für eine gute Idee und versprach, dass er bis zum Jahresende Fortschritte gemacht haben wird. Tja. Mir muss er gar nichts beweisen, nur sich selbst und das ist zumindest für mich, immer die größte Herausforderung.


Appendix
Ich entschuldige mich für die Länge des Textes und das völlige Fehlen von Relevanzen aller Art.

Darüber hinaus möchte ich noch kurz bekannt geben, dass außer einer nervenden Schnake keine Tiere oder andere Menschen bei der Erstellung des Textes verletzt oder gar getötet worden.

Der Verfasser wurde heute ausgestattet von:

Hugo Boss

Ben Sherman

kik-Textildiscount

Tchibo

Und den geklauten Wellness-Frottee-Badelatschen aussem Marriott




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