Donnerstag, 12. Februar 2009
Von Kläffern und Gefangenen
Isagögisch möchte der eiserne Grundsatz der Ingenieurswissenschaften heute niedergeschrieben werden und wenn nicht, dann interessiert es mich auch nicht. Also:
Unkontrollierbare Hohlräume sind konstruktiv zu vermeiden!


Dies kann leider aber nur als Ansatz verstanden werden, dessen Gelingen in den seltensten Fällen gegeben ist. Glauben Sie nicht? Schauen Sie sich um, auch hier. Die konstruktive Kontroverse ist das, was immer weniger geduldet wird und dabei gäbe es so viele Hohlköpfe, die davon profitieren könnten. Mich eingeschlossen, denn es wäre wohl vermessen, von sich zu behaupten, man hätte das Weisungs-, Meinungs- und Deutungsmonopol. Kommt aber auch vor, womit die Hohlheit derer, die dieses für sich beanspruchen, bewiesen wäre.

Ad Arma, Schätzgen:

In jedem Dorf gibt es einen Kläffer, der aus der Sicherheit des ihn umgebenden Zaunes heraus recht großkotzig alles und jeden anbellt. Das sind nicht zu selten Exemplare von edler Abstammung, deren Namen meist so etwas wie „…von Dreieichen“ beinhaltet. Auch die Ermangelung von körperlicher Größe ist signifikant für diese Geschöpfe sowie das völlige Fehlen von Erziehung, die ja auch nicht nötig ist, da man von ausgesuchter Herkunft ist. Das hebt sich –sozusagen- auf.

Einen generellen Vorwurf kann man diesen armen Wesen aber nicht wirklich machen, da ihr Verhalten oft aus Angst bis hin zu fehlendem Selbstwertgefühl resultiert. Das sag nicht ich, das sagt Eric Gustafsson, der schwedische Hundetrainer.

Eigentlich sind diese Kreaturen zu bedauern. Stehen da, bellen, um eigene Unzulänglichkeit zu kaschieren und trollen sich mit eingezogenem Schwanz, wenn man ihnen entgegentritt. Das muss bitter sein.

Nun könnte man das Ganze als nice to know abhaken wenn da nicht die erschütternde Tatsache wäre, dass es zu diesen kleinen Kläffern auch ein menschliches Pendant gibt. Das muss auch so sein, denn der Hund also solches ist ein Produkt des Menschen und wie so oft, hat dieser Eigenschaften, die ihm zu Eigen sind, einfließen lassen, gewollt oder ungewollt. Es ist egal.

Ich bin mir sicher, dass die letzten drei Lesenden hier auch solche Typen kennen, die mit fragwürdiger Erziehung und dementsprechender Attitüde anderen Menschen entgegentreten, oder?

Natürlich könnten wir (wie mir neulich von meiner Therapeutin aus Big B geraten) ein solches Verhalten ignorieren und solche Typen ihrer Lebensleere und Herzensödheit überlassen. Können wir ja nichts für, dass denen aufgrund fehlender milieuüberschreitender gesellschaftlicher Kontakte nicht nur Facetten des Lebens entgehen, sondern sie auch noch generell eine eingeschränkte Sichtweise entwickeln und somit eigentlich das Anrecht auf einen Behindertenparkplatz haben. Aber wie sang schon der von mir sehr geschätzte Clueso: Es wird nicht besser wenn mans lässt und es ist grundweg falsch nichts zu sagen.

Ich erklär auch mal warum:

Sie kennen vielleicht aus der VWL das Gefangenendilemma? Ja? Nein? Also, mal stark vereinfacht:

2 Gefangene sitzen in der Zelle und beiden wird Mord vorgeworfen, doch es kann ihnen nichts bewiesen werden.
Der Ankläger geht zu beiden einzeln in die Zelle und sagte jedem:

Wir haben 3 Möglichkeiten:

1.) Ihr sagt beide nichts und ich kann euch nicht wegen Mord anklagen, aber mir wird schon was einfallen, um euch mindestens ein Jahr hierzubehalten.

2.) Einer von euch gesteht, dann hänge ich den anderen und der Geständige darf nach Hause.

3.) Ihr beiden gesteht, dann bekommt ihr zwanzig Jahre Knast, weil ihr geständig seid und ich euch nicht hängen kann.

So. Ich gebe zu, das ist jetzt sehr plakativ und vereinfacht, aber es geht nur ums Prinzip.

Die beste Lösung für unsere beiden Protagonisten ist Numero Uno, denn BEIDE kommen glimpflich davon. Leider (und das bestätigt die Realität immer wieder) denken wir Menschen in den seltensten Fällen so.

Der Regelverlauf ist der: Der eine Gefangene denkt: Es gibt zwei Möglichkeiten, der andere gesteht oder nicht. Wenn er gesteht, dann hänge ich, also muss ich gestehen, denn egal wie der andere entscheidet, ich komme mit dem Leben davon, oder im besseren Fall frei. Das ist logisch richtig, aber der andere wird ähnlich denken und somit erreichen die Beiden eine mittelprächtige Lösung.

Genau darin liegt das Problem und das ist auch die Erklärung für Wettrüsten, oder Doping, oder Preiskrieg, oder Mobbing, oder andere Arschlöcher. Es geht immer um ein Gegeneinander und den eigenen Vorteil. Der eine senkt 500 Artikel im Preis und zwingt die anderen Marktakteure zu gleicher Handlung, der andere beschimpft Wau, Wau Mitmenschen auf persönlicher Ebene und forciert damit ähnliches. Wissen Sie wer bei dieser Art auf der Strecke bleibt?:

Vernunft:-> die, Denkvermögen, Verstand; einordnendes Denken.

Verbissen wird dagegen gehalten, ohne Sinn und Verstand. Das bedeutet dann meist Wertverlust, Jobabbau, Schlammschlacht, Abmahnungen, Krieg, Ausbeutung, Preisverfall, Börsencrash. Dem muss man sich entgegenstellen, aber vernünftig.

Nur mal ein Beispiel: Wenn ich mit Püppiee Mensch-Ärgere-Dich-Nicht spiele und wir die Abmachung haben, uns gegenseitig nicht hinauszuwerfen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir beide dem Ziel (Männchen in die Hütte) sehr nahe kommen ungleich höher, als würden wir gegeneinander spielen. Verstehen Sie? Das ist natürlich nicht Sinn und Zweck des Spiels, aber man kann die Zusammenhänge auf das reale Leben übertragen.

Das Leben ist ein Spiel sangen sie einst und ich ergänze: Sein Ausgang wird umso erfolgreicher sein, je mehr wir uns auf eine gemeinsame Strategie, eine Miteinander einlassen. Deswegen werde ich nie akzeptieren, dass mein Chef eine Rivalität unter uns Verantwortlichen forciert und deswegen finde ich die „Erstschlag-Kläffer“ so richtig daneben. Amen.

PS Es ist keine Schwäche oder Schleimen, sich der Dummheit vernünftig zu stellen

PPS Lieber anonymer Mailer: Vielen Dank für die netten Wort, ich würde sie höher einschätzen, hättest du dich zu erkennen gegeben.


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... und ich dachte schon, mein popcorn verdirbt.

inhaltlich...
isses eben schade um die energie, die es kostet, sie wahrzunehmen - denn das gekläffe ist dann schwer zu ignorieren.

ich sag mir ja immer bei so einem kläffer: er is nur ne laus, er is nur ne laus... er is... bona... einatmen... ausatmen.... ein-.... siehste... so ein kleiner blutsauger.... gibbet da nicht auch was von ratio... äh.... ich schweife ab. du hast ja recht. aber eigentlich isses doch auch sowas von egal. wen interessiert das? im ernst. die dinge sind nur dann von bedeutung, wenn man ihnen beachtung schenkt.

mir geht vor allem dieses destruktive auf den senkel. aber die verletzung grundsätzlicher regeln des miteinanders kickt sie doch eigentlich eh aus dem spiel.

p.s. püppi und du nehmt das mit dem mensch-ärgere-dich-nicht beim spiel aber wirklich ausgesprochen wörtlich. so als tipp: ich glaube, der erfinder meinte das ironisch. *feix

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Ach Du.

Jetzt weiß ich auch, warum unser Mensch-Ärger-Dich-Nicht immer so langweilig ist. ;-)

In den meisten Fällen bin ich doch leise, still und stumm.

Aber manchmal muss man auch seinen Standpunkt markieren. Machst du doch auch;-)

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ähem! ich wehre mich dagegen, mensch-ärgere-dich-nicht als win-win-situation wahrzunehmen! schmeißen, treten und puffen ist pflicht und damit ist das spiel ein schönes abbild der realität. gerechtigkeit ist so gestrickt, dass sie offenbar irgendwie im menschlichen denken den auslöse-knopf für den langeweile-alarm betätigt. bin ich ungerecht, am besten noch im stakkato kläffend wie ein ss-schwein, dann kann ich mir sicher sein, dass sich mitstreiter wie auch feinde versammeln werden und es einen krieg oder ein spiel gibt. das adrenalin rast und alles ist gut.
das ist auch das, was "masse und macht" lehrt: gruppen können sich nur zusammenschließen, indem sie sich von der masse abgrenzen. gruppen bilden dann bei entsprechender größe (2 mann aufwärts) wiederum eine masse, die aufgrund definitionsfragen in neue gruppen zerfällt. je nachdem, ob es sich um geschlossene oder offene gruppen handelt, erhält das spiel seine intensität und sein konsequenzenreichtum. das erklärt, warum zwei sich streiten oder warum die udssr untergehen musste oder warum die nato nur ein papier-artefakt ist oder wieso man menschenrechte auch auf klopapier drucken könnte.

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Erklärt auch, warum höhere Ziele unerreichbar bleiben. Denn wir sind ja mit der Bauchnabelshow beschäftigt.

Würde mich interessieren, wie hoch der Schaden zu beziffern ist, den wir jährlich durch innerbetriebliche Querelen verursachen, nur mal so als Beispiel.

Edit: Ob das mit Europa noch was wird?

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europa wird was, wenn amiland zukünftig keinen diplomatenkurs fährt und putin uns den gashahn zudreht. wie nennt man das so schön, synkretismus.

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Also doch Mensch-Ärger-Dich-Nicht ohne rauszuwerfen. Sag ich doch;-)

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nee. synkretismus wäre niemals ohne rauswerfen. das legt doch der begriff schon nahe. guck dir indien an.

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nee. synkretismus wäre niemals ohne rauswerfen. das legt doch der begriff schon nahe. guck dir indien an.

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Hab ich was falsch verstanden?:


Synkretismus bedeutet allgemein die Vermischung verschiedener Religionen, Konfessionen oder auch philosophischer Anschauungen.

Der Ausdruck geht auf die Kreter (griech.: syn gemeinsam; Krethi Kreter) zurück, die ihre gegenseitigen Streitigkeiten im Falle eines fremden Angriffes einstellten, um sich dem Feind mit vereinten Kräften entgegen zu stellen.

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Nun,
vielleicht sollte man, um das Gedankenexperiment des Gefangenendilemmas noch anschaulicher zu machen, auch erwähnen, dass die beiden Gefangenen in Einzelhaft sitzen und keine Möglichkeit haben, sich auf eine gemeinsame Strategie zu verständigen. Das ist bei Ihnen und Ihren Mitstreitern partiell anders. Sie könnten sich ja im Prinzip absprechen, um die divide-et-impera-Strategie Ihres Vorgesetzten mit kooperativer Strategie zu kontern. Wenn wir jetzt mal drüber nachdenken, warum das in der Regel dann doch anders läuft und dass selbst bei entsprechenden kooperativen Absichtserklärungen am Ende des Tages doch mindestens einer den Soloritt probiert, dann könnte uns das zum Beispiel lehren, dass die Evolution die Natur des Menschen nun mal nicht unbedingt dahingehend entwickelt hat, pareto-optimale Lösungen aus dem Theoretiker-Baumarkt anzustreben, sondern platt gesagt mehr dahingehend, die eigenen Gene weiterzugeben, den eigenen Vorteil zu suchen, das Ego zu füttern. Das mag man durch die moralische Brille betrachtet bedauern, aber nüchtern muss man einfach konstatieren, dass die Welt über weite Strecken noch von soundsovielen Menschen dominiert wird, bei denen das sogenannte Reptilienhirn noch vergleichsweise stark ausgeprägt ist. Und Erstschlag-Kläfferei ist bei dieser Spezies ein verbreitetes Verhalten. Man muss verstehen, dass die meisten aus Angst davor beißen, selber gebissen zu werden. Und unser Wirtschaftssystem - in diesen Tagen mehr denn je - gründet wie das politische System sehr stark auf Angst.

Es müssen noch viel mehr Leute ihre Angst abwerfen und besiegen, damit sich daran grundlegend etwas ändert.

Howgh!

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Sie haben recht, Herr Mark, ich vergaß zu erwähnen, dass die Gefangenen in Einzelhaft sitzen. Es ist mir eigen, Dinge nicht zu erwähnen, die ich voraussetze. Deswegen werde ich auch nie ein guter Lehrer. Entschuldigung.

Und die Sachverhalte, die Sie so wunderschön formulierten, sind ganz richtig zusammengefasst, aber ihr bloßes erkennen ist nichts wert, wenn man sich nicht im gleichen Atemzug darüber Gedanken macht, wie wir dem begegnen könnten.

Es gibt genügend Erstschlagkläffer und Altherrenrunden, die sich bei Maischberger und Konsorten darüber auslassen und uns die Dinge erklären, doch selten bis nie bekommt man einen Lösungsansatz. Das ist die wahre Krux an der Geschichte und etwas, dass mir Bauchschmerzen macht.

Als Kind des realexistierenden Sozialismus weiß ich um das Vorteilsdenken des Einzelnen. Sehr gut sogar. Dennoch glaube ich, nein, ich bin überzeugt, dass die Missstände dieser Welt nur gemeinschaftlich überwunden werden können.

Die Berliner Mauer fiel nicht weil ein Einziger dagegen aufbegehrte. Die Abrüstungsverträge zwischen der USA und der damaligen Sowjetunion beruhten auf Gegenseitigkeit.
Die jetzige Regierung der USA sucht die Nähe Europas auch nur aus dem Grund, weil erkannt wurde, dass die Misere der Finanzkrise und des Irak nicht allein gelöst werden kann.

Insofern (und da haben Sie auch recht) ist das Reptiliengehirn wohl mit schuld und gehört abgeschafft. Ich frage mich, wann wir diesen nächsten Entwicklungsschritt hinbekommen?

Ein Zitat aus einem Buch, welches ich neulich auf dem Flohmarkt kaufte:

Heinrich Hauser: Unser Schicksal, Die Deutsche Industrie, 1952

“Was kann unsereiner tun, um den Menschen aus dem Eisblock seiner Isolierung zu erlösen und aus dem Sumpf seiner Vermassung?
Da können wir mit unserer Kraft sehr wenig tun, ausgenommen, daß wir versuchen, uns selbst und unsere Mitarbeitern die Gesamtschau wieder zu eröffnen.
Im Grunde genommen ist das keine Angelegenheit des Verstandes, sondern des Gefühls: des Gefühls, daß wir alle miteinander Gottes Kinder sind.“


Das hört sich pathetisch an, trifft es aber.

PS Dieses Gedanken Ping Pong hier ist ein Anfang. ;-)

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Das ist kein Anfang,
sondern schon einige Schritte darüber hinaus. Und das wissen Sie auch ganz genau. Dieses Zitat haut mich ehrlich gesagt ziemlich aus den Socken, denn das ist nicht unbedingt die Ecke (und die Zeit), aus der ich eine so profunde und tiefgehende Einsicht erwartet hätte.

Ob es die christlichen Mystiker, die Sufis, die Zen-Mönche oder die Anhänger des "Kurs in Wundern" sind - zu allen Zeiten hat es Menschen gegeben, die versucht haben, uns aus der Vereinzelung und aus der Illusion der Trennung von Gott und der Welt herauszuholen. Aber da herauszukommen ist ein Prozess, der Mühe und Arbeit am Selbst erfordert, das Ego immer wieder in die Schranken zu weisen, auch mal nicht zurückzuschlagen, zu erkennen, dass der andere, der uns attackiert, eigentlich seinen Unfrieden mit sich selbst auslebt, den wir ihm nicht auch noch spiegeln sollten.

Und da ist wie gesagt die systemische Angst. Natürlich wird immer nur Alarm geblasen, aufgeregt diskutiert, O Gott, die Klimakatastrophe, die Finanzkrise, das iranische Atomprogramm, Peak Oil, you-name-it. Wenn man mal verstanden hat, dass es weder in der Politik noch in den Medien darum geht, wirkliche Lösungen zu suchen und zu präsentieren, sondern die Leute in einer permanten Aufregungsschleife zu stabilisieren und damit zu sedieren und vom Nachdenken abzuhalten, kann man anfangen, sich allmählich zu immunisieren gegen die allgegenwärtigen FNORDs, die uns jeden Tag brühwarm serviert werden.

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