Sonntag, 27. August 2006
Noch en Sonntach
Mein Kopf ist mülliger Brei. Gedankenmaden durchwühlen ihn. Tausend Sachen fliegen umher, keine kann ich festhalten.
Nachher fliege ich nach Wien. Eine junge Frau hat es sich gewünscht, mich zu sehen, mit mir die Nacht zu verbringen. Was soll ich tun, ich bin ein Kater, ich will es auch, ich mag diese Frau sehr. Sie nimmt sich was sie will, so etwas gefällt mir und dann gebe ich auch gern. Da fiel es mir leicht, die Stunden auszurechnen, die wir haben würden, da fiel es noch leichter, Inger zu beten, den Flug umzubuchen. Ich habe ihr dafür eine Schachtel Pralinen mitgebracht, denn kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Morgen dann werde ich in Athen hochwichtige Leute aus dem Außenhandelsministerium treffen. Ich bin gut vorbereitet, saß gestern lange im Büro. Anspannung gibt es keine, es ist kein Shootout, na ja, vielleicht ein kleines. Den Rest der Woche werde ich dann in Griechenland verbringen. Der Brei wird mit mir sein und wahrscheinlich solange, bis alles sein Ende gefunden hat. Ich mach mir nichts vor. Alles hat ein Ende, Liebe, Schmerz, das Leben. Bis dahin machen wir aber unverdrossen weiter, denn wie Clueso so richtig sang:

Trotz all der Hektik und dem Stress, es wird nicht besser wenn man’s lässt.


Die junge Frau aus Wien fragte mich, ob das was geschähe, vielleicht Schicksal sei. Ich antwortete ihr, Schicksal gäbe es nicht. Es wird Schicksal, wenn man sich damit abfindet, ansonsten liegt es uns, die Dinge zu bewegen. Sie gibt mir Recht und einen Kuss. Ich versinke in ihm, in der Situation und fühle mich frei. Sie ist leidenschaftlich, fraulich, fordert alles, ich gebe es und stelle damit die Weichen in eine andere Richtung. Schicksal gibt es nicht. Entscheidungen, die wir treffen, sind, wenn man so will, unser Schicksal und somit bestimmen wir selbst. Wir sind was wir aus uns machen. Machen wir nichts, ist es vielleicht risikofrei, aber auch langweilig. Die junge Frau fährt offlimit und ich steige gerne bei ihr ein. Steuer Du für eine Weile, ich bleib hier und schau dir zu. Mach was dir gefällt, ich mach mit. Diese eine Nacht bin ich dein Passagier, was morgen ist kümmert mich heute wenig, denn ich brauch dich heute als Pilot, heute will ich nichts bestimmen, heute will ich nur aus dem Fenster das Leben beschauen. Sie tut was sie tut und wir rasen durch die Nacht, sie hat einen Freund, eigentlich, er ist ihr nicht genug, genügt nicht ihren Ansprüchen. Sie entschuldigt sich bei mir dafür. Hör auf deine innere Stimme, sag ich. Du machst es mir zu leicht, sagt sie. Nein, sag ich, du machst es dir zu schwer. Triff deine Entscheidung, schmiede dein Schicksal, ich werfe dir nichts vor, wie könnte ich. Und dann wird es einer dieser Nächte, die viel zu schnell zu Ende gehen. Und deswegen, weil sie Pilot sein kann, weil sie nimmt, weil sie gibt und weil sie so unheimlich süß ist, will ich heute mit ihr sein. Wie ich sie kennen lernte, schreib ich nachher.


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