Sonntag, 30. Juli 2006
Markengeheimnisse
So. Ich sag mal so und so zu sagen ist sozusagen, so einfach gar nicht zu sagen, dass es ja so einfach nicht ist, bestimmte Dinge so zu sagen, dass se auch jeder versteht. Oder? Aber ich übe. Und fang dann mal an:
Wo andere eine Frisur haben, habe ich ein Vogelnest. Schön, James! Manchmal zumindest. Böse Zungen behaupten gar, ich sehe aus wie ein Monchichi, sei’s drum, das ist allemal besser, als Dieter Bohlen zu ähneln. Der soll ja ein Genie sein. Dieses und Wahnsinn liegen dicht beieinander, sagen so Leute, die man nie fragt, aber immer was zu sagen haben. Ich halte mich ja auch bisweilen für sehr genial. Ist aus Gründen der Kausalität also auch schon wieder ne besorgniserregende Sache. Ich mach mir aber keine Sorgen und überhaupt Sachen:
Neulich habe ich mir ja wieder so eine gekauft, die ich eigentlich gar nicht brauchte. Sachen, die ich nicht brauche, habe ich reichlich, nicht mehr in der Hülle und Fülle wie einst, aber immer noch genug. Z.B. meine Kurzsichtigkeit. So etwas braucht nun wirklich kein Mensch, schön das es die umsonst gab. Ich ärger mich aber doch.
Wegen beschriebener Kurzsichtigkeit besuchte ich meinen Optiker, Kontaktlinsen abzuholen. Nun sollte man nicht erwarten, dass die Linsen, die einem vormittags am Telefon zugesagt wurden, auch am Abend abholbereit sind. Das nun wirklich nicht, schon mal gar nicht in Schweden. Jut, hatte ich Zeit, war eh schon mal im Einkaufszentrum, also bin ich ein bisschen rumschlawenzelt und in so einer feinen Boutique hängen geblieben. Da gab es neben schicker Sachen auch ne schicke Einzelhandelskauffrau. Die war aber verdammt schick. Sie hatte mittellanges blondes Haar, schlanke Fesseln, sehr schöne Augen und ein extrem offenes Wesen. Das Fräulein war mir sehr sympathisch. Ich ihr wohl auch, oder sie bekam Umsatzprovision. Wie auch immer, sorgte sie dafür, dass ich mir ne ungewollte Strickjacke kaufte. Nun mal nicht lachen, Strickwaren können sehr modisch und sportlich sein, ebenso stilvoll und elegant. Nennt man das ganze dann auch noch Cardigan, ist es sogar hip. Natürlich gibt es auch Opastrickjacken, aber das ist das Problem derer, die solche kaufen.
Eine neue Jacke habe ich gar nicht gebraucht, denn ich besitze ja schon etliche. Auch modische. Das liegt daran, dass ich mit Pullover nicht so kann. Hab ich schon mal probiert, mit so nem Exemplar aus reiner Schurwolle. Das hat gejuckt wie ne Intimrasur, war total unflexibel und dann die statische Aufladung. Aber ehrlich. Immer das Geknister und die Brusthaare erst. Standen immer so aufrecht, alle Drei. Ab und an finde ich Dinge, die sich aufrichten, gut. Aber eben nicht Haare.
So. Das Exemplar hier hat einen hellblauen, fast weißen Grundton, was schön meine Unschuld unterstreicht. Dann gibt es noch ein paar blaue Vierecke, die unterstreichen nichts, sind dafür aber farblichfroh, genau wie ich, deswegen passen wir so gut zueinander. Der Stoff ist anschmiegsam, umspielt sacht meinen muskulösen Oberkörper und lässt mich sehr lässig aussehen, oder auch nicht, da hängt davon ab, wie es ums Vogelnest bestellt ist.
Auch eine von mir sehr geschätzte Produkteigenschaft ist die, dass die Jacke bei Gehbewegungen nicht pfeift. Das ist schon allein deswegen gut, weil die Leute dann nicht glauben, ich hätte einen Vogel. So etwas glauben viele schon von allein, dass muss man nicht unterfüttern. Hat man allerdings einen Vogel, sollte man dies auf keinen Fall unterlassen, das ist Tierschutztechnisch unabdingbar.
Meine schicke Jacke hat sogar einen Namen. Sie hört auf Ben Sherman und ich will hier gern mal erklären, warum man Anziehsachen überhaupt Namen gibt:
Man steht dann also im Schlafzimmer vor seinem Schrank, überlegt was man wohl anziehen soll und weiß es nicht. Was macht Mann da? Genau. Ruft nach Spatzi, die gerade unten rumwerkelt. Mann ruft: „Spatz, welche Strickjacke soll ich denn nun anziehen?“ Sie flötet zurück: „Die Blaue.“ Mann denkt sich:“????“ Weil er hat ja eh irgendwie nur blaue Strickjacken, denn aus Gründen der Harmonie, der Ästhetik und Symmetrie muss doch alles zusammenpassen. Da Jeans nun mal das bevorzugte Beinkleid sind, diese sind oft blau, bleibt ja gar nichts anderes übrig, als blaue Sachen zu besitzen. Dann gibt es noch so Vertreter, denen ist so etwas völlig egal, aber denen verraten wir hier nicht, dass es so nie etwas mit den Mädels wird. Das wäre ja so, als würde man mit Schlittschuhen zur Rollschuhbahn fahren, irgendwie unpassend, aber das merkt man halt erst, wenn man nicht so richtig vorankommen will. Dann ist es zwar noch nicht zu spät, aber man hat Zeit verloren.
So. Mann steht nun oben, und ruft hilflos runter:
„Welche Blaue?“ Das ist dann der Punkt, wo Spatzi, von lautem Gefluche und Gezeter begleitet, die Treppe hoch gestapft kommt und dabei zur Krähe mutiert, was ja bemerkenswert aber nicht schön ist.
Sie grummelt dann vor sich lang hin, sagt so Dinge wie: „Das gibt es doch gar nicht! Ich bin doch nicht deine Mutter ect, ect…. “ Schlimm, oder? Das ganze ist vermeidbar!
Um wie viel stressfreier ist doch die Beziehung, ruft man stattdessen: „Die Levis, oder die Ben Sherman?“ Und Spatzi, bleibt Spatzi und säuselt zurück: „Welche Hose hat du denn an?“
„Die Lee.“
„Dann nimm doch die Chevignon, in der Kombination siehst du immer zum anbeißen aus.“ Toll, oder?
Das ist der Beweis, bei Markenklamotten geht es nicht darum, ungerechtfertig viel Kohle abzugreifen, sondern die Hersteller haben nur den Haussegen im Sinn, wenn sie uns in der Herstellung lächerlich billige Klamotten zu überhöhten Preisen verkaufen. Das musste mal gesacht werden, denn viele verstehen die wahre Intension der Markenartikler ja nicht.
So. Ben und ich gehen gleich zum Flughafen, meinen Kumpel abzuholen. Ich muss nur noch überlegen, welche Hose dazu passt, denn mein Spatz ist ja weggeflogen, da konnte auch kein Markenprodukt helfen. Man hat vielleicht Probleme eh, aber echt;-)


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