Sonntag, 27. August 2006
Wie ich ein Mädchen in Wien traf
Am Freitag letzter Woche fuhr ich mit dem Taxi zum Flughafen. Während dieser ganzen Zeit sprach ich mit Maria. Wir schmiedeten Pläne, sie fragte mich nach meiner Meinung; sie bekam sie zu hören, laut und ungeschminkt.
„Wir sollten darüber reden wenn du wieder hier bist.“ Sagte sie. „Machen wir, ich muss jetzt eh einchecken.“
Und dann rief DieDu an:
„Hi.“
„Hi, ich freu mich, dass du anrufst.“
„Wo bist du?“
„Auf dem Weg nach Wien. Ich lande gegen halb Elf.“
„Ich werde nicht da sein. Ich bin in Karlsruhe.“
„Was? Aber ich dachte wir würden uns treffen.“
„Ich kann dich nicht sehen.“
„Was ist los? Hab ich was verkehrt gemacht?“
„Nee, es bist nicht du. Ich müsste mir dir reden, ich trau mich aber nicht.“
„Na, da gibt es nur drei Möglichkeiten. Erstens du findest mich richtig Scheisse, Zweitens du hast einen anderen, oder Drittens, du bist lesbisch.“
„Eins und Drei definitiv nicht, aber ich habe jemand anderes kennen gelernt. Hör zu, es passierte nach unserem Treffen. Es tut mir leid. Du bist lieb, du siehst gut, du bist witzig und grosszügig. Das hat der andere auch alles, aber er reizt mich etwas mehr.“
„Oh. Na. Da kann mal wohl nichts machen. Man kann ja nicht immer gewinnen, Herzen schon gar nicht.“
„Wie du so etwas immer sagst. Es tut mir wirklich leid. Bist du böse mit mir?“
„Nee, wie könnte ich. Wie gesagt, da kann man nichts machen. Du musst tun was dir am Besten erscheint. Mach Dir keine Sorgen. Es wird keine Auswirkungen haben. Ich kann dir immer noch gerade in die Augen schauen und ich möchte immer noch mit dir reden. Also, ich muss jetzt. Lass es dir gut gehen und wenn du Lust hast, rufst mich einfach an. Ok?“
„Ja ja, ich fühl mich schlecht. Bist Du wirklich nicht böse? Bitte glaub mir, ich mag dich total gerne.“
„Schön zu wissen, aber es reicht ja leider nicht für mehr. Also, ich muss. Mach dir keine Sorgen, alles wird sich lösen.“
Eigentlich musste ich noch gar nicht los, aber ich hatte einfach keine Lust mit ihr zu reden. Ich brauchte Zwei Minuten für mich, dass alles in den Kopf zu schichten. Hab ich auch gemacht und bin apathisch in den Flieger gestiegen, habe aber vorher noch HG angerufen, er solle bitte das Hotel umbuchen. Wofür eine romantische Umgebung, wenn nichts romantisch ist? 28 Sekunden brauchte der Flieger, um abzuheben und Hux Flux war ich in Wien. HG hatte mir gleich neben dem Schwedenplatz ein Hotel besorgt. 2 Minuten Fußweg und man stand mitten drin im Bermudadreieck. Die Nacht war wunderschön, Wien zeigte sich von seiner besten Seite. So viele Menschen, so viele Sprachen, die umher surrten. Ich wollte mich nicht lange aufhalten. Ich wollte unter ihnen sein, wollte die Nacht. Ich checkte ein, lud die Klamotten ab, die Tätzchen waren doch schon längst geschleckt, allerfeinstes Beinkleid, Sakko, das volle Programm eben, um der DieDu zu gefallen. Nun gefiel ich nur mir selbst. Ich packte mir dir Taschen voll Kohle und dann ging ich zu der Bar, in der ich mit DieDu feierte. Keine Ahnung warum. Das erste Corona stürzte ich weg wie nichts, das zweite auch und begann mich zu wundern, warum ich so schnell bedröhnt war. Kurz darüber nachgedacht viel mir auf, ich hatte den ganzen Tag nichts gegessen. Gar nichts. Beschleunigt die Sache, dachte ich mir. Nach dem dritten Bier ging es mir gut. Ich wollte nun action. Also mit dem Taxi in den Club. Der war gerammelt voll, die Stimmung war wild, ausgelassen und alle tanzten. Ich tanzte mit und befüllte mich nebenbei. Als ich meine Augen öffnete, denn es ist so meine Art, mit geschlossenen Augen zu tanzen, nur der Bass und ich, da stand ein Mädchen neben mir. Sie grinste mich an und ich proste ihr zu. Wir kommen ins Gespräch und ich finde sie sehr nett. Sie erzählte mir, sie wäre mit ein paar Freundinnen da, die ein wenig Abwechslung brauchten. Ich fragte sie ob sie etwas trinken wolle, sie sagte Wodka und so kam alles ins Rollen. Wir trinken und reden, ich finde sie immer süßer, wir tanzen und es wird immer leidenschaftlicher und dann hält sie plötzlich inne und meinte, ich hörte mich wie ein Piefke an. Sie würde mir nicht glauben, dass ich Schwedisch könne, ich sollte ihr etwas sagen, auf Schwedisch, irgendwas. Ich ratterte die Strophe eines Liebesliedes runter, ihre Augen wurden immer grösser, ihr Grinsen immer breiter, sie kommt mir immer näher, näher und dann nimmt sie sich was sie will und küsst mich. Einfach so. Sie kann das gut, ich fühle mich gut, ich umarme sie, es fühlt sich so gut an. Einfach nur gut. Ich nehme sie an die Hand, sie lässt es sich gefallen, ein gutes Zeichen und wir ziehen uns in den Chill-Out Bereich zurück. Dort gibt es viel zu reden, viel zu lachen, noch mehr zu Knutschen und die Dinge, die sie mit ihren Fingern unter meinem Hemd auf meinem Rücken macht, von denen wusste ich nicht, dass ich sie so vermisst habe. Ich mag sie dafür und sage es ihr, was sie freut.
Irgendwann meinte sie, sie müsse nun gehen. Ich frage, ob ich sie begleiten solle. Ein Stück vielleicht? So gehen wir, sie ist dabei distanziert, abweisend.
„Was ist denn nun los mit dir?“ Will ich wissen.
„Du solltest zurückgehen Ich weiss sowieso nicht, was du an mir findest.“
„Häh? Was soll das denn?“
„Pass auf. Du bist für mich gefährlich. Schau dich an, Du riechst so gut, Du tanzt gut und bist witzig. Ich mag dich, aber ich habe einen Freund. Verstehst Du? Also geh zurück. Du kannst da jedes Mädchen haben und ich bekomme keine Probleme.“
„Oh. Das fällt dir aber ein bisschen früh ein. Na, wenn schon. Wir hatten eine gute Zeit, oder? So soll es bleiben und ich werde dich jetzt auch nicht bequatschen. Du musst wissen was du willst.“
„Ich will nach Hause.“
„Ok,. Ich ruf dir ein Taxi. Wo wohnst Du?“
„Im Siebten.“
So torkelte ich auf die Strasse und hielt ein Taxi an. Ich rief nach ihr, aber sie kam nicht. Der Taxifahrer grummelt etwas und ich rufe noch mal, aber sie kommt noch immer nicht. Und dann fährt das Taxi weg.
„Was machst du da?“
„Ich will nicht von Dir weg.“
„Also du solltest dich schon entscheiden.“
„Ich weiss, aber ich kann nicht.“
Tja. Da nahm ich ihrer Hand, ging mit ihr zur Strasse und hielt ein anderes Taxi an. In das hab ich sie reingestopft, fragte den Fahrer wieviel es kosten würde, er sagt so 15 Euro, ich gebe sie ihm und höre das Mädel hinten sagen, dass ich spinne und sie kann das Taxi selbst zahlen und dann war ich auch schon allein. Der Rest des Abends ist wie weggeblasen und am Samstag bin ich dann so gegen 18 Uhr aufgestanden. Ich war wohl sehr müde.


... comment

 
Wenn ich sowas les, wird mir klar, was mir die ganze Zeit fehlt.

Danke dafür :-)

... link  


... comment
 
... und das nächste mal, wenn sie in wien sind - melden sie sich.

ich geh zwar sicher in keinen club - aber die bierlokale hier können ja auch einiges.

... link  


... comment
 
schöne geschichte. noch immer. und ich drück dir die daumen, dass es gut ausgeht.

nur so nebenbei: der taxifahrer hat dich etwas übers ohr gehaun, wenn du wirklich in dem lokal warst, von dem du mir erzählt hast.

... link  


... comment
 
Autsch...

... link  

 
Das wollte ich auch gerade sagen.

... link  

 
ja, dann unterstreiche ich das doch auch einfach mal. davon ab, hat es bestimmt auch sein gutes. ja, super, toller spruch, alles hat seinen sinn im leben. bla, bla, bla. aber irgendwie ist es doch genau so, oder? kommt drauf an, was man draus macht. aber, fuer den moment durchaus ein großes AUTSCH! doch wie ich finde, die situation wunderbar gemeistert.auf zu neuen taten j.r.

... link  

 
Heißt "autsch" hier = wunderbar gemeistert? Ich hatte das anders gedeutet...

... link  

 
Also MEIN autsch war wertneutral.

... link  

 
Ein wertneutrales "Autsch"? Sie machen Sachen. ;)

... link  

 
mh, sagen wir wertneutral-sympathisierend...

... link  


... comment
 
Cab... wennst Dich nicht gäb, müsst man Dich erfinden.

... link  

 
Das nenne ich mal eine surreale Situation. Blöd gelaufen, aber irgendwie passiert's immer wieder, daß man an die Flaschen, äh, Falschen gerät.;)

... link  


... comment
 
Eine Person zu finden, die einem passt und der man dann auch noch passt und zwar so sehr, damit es in ein paar jahren immer noch passt..das ist eben nicht leicht.

Erich Fried kommt mir dann immer in den Sinn..

P.s.: tatsächlich, lieber J.r. Cabman, souverän gemeistert! ..bleibt da nur zu sagen

... link  

 
....eine Postkarte exakt mit "diesem Fried" hab ich vor nichmal 1 Woche gekauft...

... link  

 
oswald kolle hätte seine freude dran gehabt und ein neues fkk-filmchen gedreht: "deine bekannte - das unbekannte wesen". ;) ja, unschön irgendwie, kenne solche situationen ähnlich und anders... es hinterlässt einen schalen nachgeschmack und zweifel an der eigenen zurechnungs- und auswahlfähigkeit.

... link  

 
Oswald
könnte den Titel auch umdrehen. "Die Unbekannte - ein bekanntes Wesen". Aber das wär vllt schon zu anspruchsvoll für sein Publikum. Dr. Sommer in der Bravo hätte eine Frage zu beantworten gehabt, wie "Dauernd bin ich mit Taxifahrern allein. Wie weit darf ich beim Fahren gehen?" :o)
Und Kundera würde titeln "Zuverlässige Vorhersage von Unberechenbarkeit".
Wie auch immer. Eine schöne Geschichte. Die aber noch nicht vorbei ist. Oder?

... link  

 
Diese Geschichte KANN gar nicht zu Ende sein. Das wird noch eine dieser neverendingstories...

... link  

 
Wenn du wüsstest lieber Gorilla, wie Recht du hast. Beitrag dazu kommt.

... link  


... comment