Montag, 20. November 2006
Wir machen und schaffen Wissen
Wenn Sie das lesen, bin ich in London, Herr Olbertz (vielen Dank an dieser Stelle) wahrscheinlich genervt, Sie wohl eigentlich mit was Sinnvollerem beschäftigt, und bei mir zuhause könnte ein maskierter Herr gerade die Musikanlage abbauen. „Nimm aber vorher die CD raus, die Musik magst du eh nicht.“
So. Ich habe am Wochenende was gelernt und zwar das es so Leute gibt, die nennen sich Neologisten. Noch nicht gehört? Macht nichts. Ich erklär das mal schnell. Also, das sind so Leute, die neue Worte erfinden und das ganze als Beruf bezeichnen, dem se nen Namen gegeben haben, den es vorher nicht gab, was Sinn macht, denn es wäre ja eine denkbar schlechte Visitenkarte, wenn sich Worterfinder auch noch so profan nennen würden. Och nö, Mensch, geht ja gar nicht. Nun frage ich hier mal mit fragendem Blick in die Runde, was das wohl für Menschen sind? Ich antworte auch schnell selber: Das sind bestimmt ehemalige Soziologiestudenten, deren Traumstelle als Fahrrad- oder Gleichstellungsbeauftragte schon besetzt war. Und dann saßen die, zwei Jahre nach dem sie ihren Abschluss gemacht haben, gemeinsam im ASTA-Café und die oder der eine sagte so: „Da studiert man sich nun 16 Semester die Finger blutig beim Häkeln und alles was man raus bekommt ist ein Ringelpulli, der zu klein ist, bei all dem Kummerspeck.“ Ja, so ist das wohl gewesen und ich denk mir, dass ist so umwerfend nicht, damit habe ich täglich zu tun, jeder gute Einkäufer ist dann Neologist, oder weiß einer was ein Umsatzaktivierungsbonus sein soll? Eben. Ist im Sinne des Wortes Quatsch, gab der Einkäufer auch zu, aber irgendwie muss das Raubrittertum sich ja legalisieren, also erfinden wir was.
„Ja, Ja“ rufen die drei weisen Männer in ihrer Schüssel und weise sind die drei nur, weil se den vierten über Bord warfen. „Immer schreibste so nen selbstgefälligen Scheiss. Schreib doch mal was Intelligentes.“
Jut. Schreib ich mal ein Geheimnis. Und zwar von den Tagen, als die Welt sich langsamer drehte und ich in der Vorlesung Politische Soziologie saß. Irres Geheimnis, oder? JR Cabman und Soziologie, aber eh, das war ein Pflichtschein.
Vorne in der ersten Reihe, da wo wild gehäkelt und Tee getrunken wurde, entbrannte eine heiße Diskussion über Halbjuden und der Schirmherr der Veranstaltung war der Herr Prof. Dr. Tiername mit „T“, dessen Name ich hier nicht rein schreibe, denn dass war ein scharfer Hundt. Neben mir saß die bildhübsche Nina, mit der ich das Studium zusammen durchgezogen habe. Wir verstanden uns ausgesprochen gut, auch auf Englisch und besuchten alle Kurse gemeinsam; da ist nie was zwischen uns gewesen, außer vielleicht mal ne Rückenmassage, wenn die soziologische Verspannung zu groß wurde. Mann war die hübsch. Na, wir saßen also wie immer in der letzten Reihe und lösten das Kreutzworträtsel in der MoPo, denn zu der Zeit war es Dezember und die hatten in Kooperation mit Radio HH eine Aktion. Wort rausfinden (haben wir immer hinbekommen), auf den Song bei Radio HH warten, schnell anrufen (haben wir nie hinbekommen, weil fleißige Studenten) und 1000,-DM gewinnen. Jeden Tag nen Tausender mehr, bis zum Jackpot am 24. Tja, das haben wir gemacht. Und dann sagt Nina so ganz nebenbei, ohne den Kopf zu heben, „Mein Freund hat gestern ein Buch mitgebracht: Tipps zum Analsex.“ „Wahrscheinlich will er dir damit was sagen, “sagte ich und biss in meine Banane. „Oh Du Blödmann, natürlich will er mir was sagen. Er könnte aber auch einfach weniger subtil sein und einfach mal machen.“ Da ist mir die Banane abgebrochen; ich habe sie wirklich sehr gemocht.
Wir unterhielten uns also gerade so intensiv, da bellte der Hundt vorne los und fragte, ob die zwei Turteltäubchen in der letzten Reihe auch ne Meinung zum Thema hätten. Nina meinte, sie hätte gerade nicht zugehört. „Das war ja auch der Grund meiner Ansprache.“ Belferte der Hundt. „Und Sie? Sie haben auch nicht zugehört?“ Dies war an mich gerichtet. „Doch habe ich. Aber die ganze Diskussion ist hinfällig, weil es keine Halbjuden gibt. Wenn es so wäre, müsste man ja erst noch festlegen, welche Hälfte jüdisch ist.“ Da grinst der Hundt und meinte, das wäre der erste kluge Beitrag zur Diskussion. Nina und ich sind dann noch zum Türken ne türkische Pizza essen. „Aber vorher muss ich noch ins Antiquariat. Ich habe mir da ein Buch zurücklegen lassen.“ „Was über Analsex?“ Patsch, hatte sie mir wieder eine geknufft. Tolle Frau.
„Aha. Wieder so ein rührseliges Stück.“ Mosern die drei Eierköpfe.
„Seid ihr schon fertig?“
„Ja, je heißer es wird, desto härter werden wir.“
„ Mhm. Das kenn ich auch.“
„Quatsch nicht, wir sind gespannt wie das nun alles zusammen fügst. Ist ja auch bloß wieder ne wirre Aneinanderreihung von Bloggeschreibsel. Du musst dich noch bei den ehrenwerten Wissenschaftlern entschuldigen.“
„Kamen hier heute welche vor?“
„Die Neologisten und Soziologen.?“
„Jut. Recht habt ihr, wenngleich ich skeptisch bin.“
Also noch ne andere Anekdote, weil das Hotel ziemlich langweilig ist. Aber nicht das ihr euch nachher wieder beschwert, dass es so lang geworden ist.
Also. Zum Thema „Wissenschaft“ fällt mir nur eins ein: Wissen schafft man. Wie? Durch BEGREIFEN. Das wissen alle Hobbypädagogen und die, die sich durchs Studium gequält haben, um danach vielleicht Neologisten (Punkt 1) zu werden. Begreifen heißt, die heiße Herdplatte anfassen, Au, tut weh, aha, nicht mehr anfassen. Dann gibt es da noch so Menschen, wie mich, Au, tut weh, aha, mal sehen ob man das nicht anders anfassen kann und dabei Muttis Lieblingstopflappen kaputt machen. Lernen heißt begreifen. Einfach. Da heißt ja nicht, das man nicht was lesen soll, um an den Erfahrungen anderer zu partizipieren, denn das spart Zeit und freut die Mutti. Zeitungen z.B.. Die kaufe ich nicht, lese sie aber trotzdem, Querbeet, weil man sich ja nicht aussuchen kann, was sie einem schenken. So lese ich hier und da und finde das alles sehr praktisch, denn Zeitungen vertreiben Langeweile und Fliegen, man kann sie auch benutzen wenn man zu wenig Schuhspanner hat, wenn man Schuhe putzt, um sie darunter zu legen und auch um Fisch einzuwickeln. Alles in allem sind Zeitungen toll. Auch wenn ich feststelle, dass die Herren und Damen Journalisten irgendwie immer abschreiben. Jut, das ist zu hart. Ich revidiere das und sage, bei gewöhnlichen Kriminellen heißt es Klauen, bei der schreibenden Zunft Inspiration, bei den Studenten Quellennachweis. Zu Thema Quellennachweis hatte ich ja ne nette Diskussion mit dem Wau Wau (Punkt 2) denn der erklärte mir: schöne Hausarbeit, schöne These, gut durchdacht, „aber womit belegen Sie ihre Meinung?“ Gar nicht. Muss ich denn? Darf man keine eigene Meinung haben? Doch schon, aber sie müssen das doch untermauern. Nö. Muss ich nicht und dann bin ich aus dem Kurs mit ner 4 gekommen. Nina (Punkt3) lachte, sie hatte nämlich ne 3 und ich sagte zu ihr: „Los, lass uns einen Trinken gehen auf den Erfolg.“
Letzte Woche habe ich und jetzt muss ich fast lügen, entweder „DIE WELT“ oder „NZZ“ gelesen. Lag im Flieger rum. Auf jeden Fall stand da drin, so sinngemäss, dass je höher der Bildungsstand der befragten Menschen ist, desto mehr wird ein Rauchverbot befürwortet. Will heißen: Schlaue Leute rauchen nicht. Jut. Ich bin skeptisch und mach mal nen Test ganz im Sinne von Wissen schaffen. Also. Was sagt man über Blogger? Genau. Alles Studenten und andere, die sich für intelligent halten. Alle gut ausgebildet, mit einer gewissen Freude am geschriebenen Wort. Also genau die Zielgruppe, die man ja mal fragen könnte, denn wir glauben doch nicht alles, was uns die Meinungsmacher erzählen. Also, Freunde, Blogger, lasst uns Wissen schaffen und Hand aufs Herz: Raucher oder nicht?

Hand aufs Herz!
Jawoll, ich bin Blogger, Raucher und halte mich trotzdem für schlau!
Jawoll, ich bin Blogger, und noch schlauer, denn Rauchen find ich doof!

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Erstellt von cabman am 2006.11.20, 23:39.



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