Mittwoch, 15. November 2006
Einfach mal machen
Schweden ist dagegen und zwar gegen Brustkrebs! Das ist gut, das passt, da kann man sich engagieren ohne jemanden auf die Füße zu treten, wenn es mit der Brustkrebsendlösung nichts wird, hat auch keiner Schuld, es kostet verhältnismäßig wenig, schon gar nicht Zeit und wir bleiben weiter auf der Couch sitzen, essen Kekse und schauen in die bunte Fernsehwelt. Dabei haben wir das gute Wissen, etwas für eine bessere Welt zu tun, und weil wir so etwas ja immer schnell vergessen, pinnen wir uns ein lustiges Schleifchen ans Reverse, damit alle sehen, wir haben ne Meinung auch wenn die völlig uninteressant ist, wir schreien sie trotzdem raus, aber nur, wenn sie niemandem wehtut.
Mir fallen da gleich so mindestens 4 andere Dinge ein, gegen die man sein kann, ohne wirklich gegen was zu sein. Ich finde z.B. Haarausfall inakzeptabel, ich finde auch vorzeitiges Altern doof, ich finde verfrühtes Verfaulen von Obst tragisch und ich bin der Meinung, dass es zuviel regnet. Das sind schöne Meinungen, ich bin bestimmt nicht allein und weil ich auch träge bin, bleib ich hier sitzen und bin trotzdem engagiert und energisch dagegen.
Na, das geht so aber nicht, höre ich die schöne Kommunikationstrainerin sagen. Herr Cabman, versuchen sie doch mal eine harmonische Gesprächsatmosphäre zu schaffen.
Da fragte ich warum, weil es mich interessierte und die Schönheit sagte, weil es sich besser anfühlt, dem Gegenüber ein angenehmeres Gefühl verschafft. Jut, rief ich da, aber wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sollte man es auch sagen, denn nachher glaubt allewelt es badet da nur und dann ertrinkt es womöglich noch, oder schlimmeres. Sie sagte nein, ich sagte ja, ich blieb bei meiner Meinung, sie versuchte ne nette Gesprächsatmosphäre zu behalten, und so sind wir resultatlos verblieben. War aber nett, besonders das Rollenspiel einer typischen Berufssituation. Das ging völlig nach hinten los.
Aber! Ich bin wirklich lernwillig und versuche Erlerntes anzuwenden, daher bin ich ab sofort nur noch dafür, nämlich dafür, manchmal dagegen zu sein. Das ist so positiv, das lässt die Menschen in meinem Umfeld vor Freude weinen und ich fühle mich so gut dabei, dass ich gleich nen Apfel essen könnte, wenn der leider nicht schon angegammelt wäre, was ja gut ist, denn ich so kann ich wieder für etwas sein.
So. Und nur das wir uns nicht missverstehen, ich bin sehr wohl dafür, die Krebsforschung im Allgemeinen und die Brustkrebsforschung im Besonderen zu unterstützen. Habe ich auch gemacht. Genauso, wie ich für Green Peace spende; für Tiere in Not; für die AIDS-Forschung; ich bin Mitglied bei Food Watch; ich kaufe im Supermarkt Hundefutter, nur um es in den Tierheimcontainer zu werfen; ich habe nen Organspendeausweis; in Schweden kann man am Pfandautomaten wählen, ob man das Geld wiederhaben will oder für die Aufforstung der Regenwälder spendet. Ich spende hier immer, ich glaub mir sollten da schon ein paar Quadratmeter gehören; ich spendete für Blogger.de und werde es wieder tun, wenn es nötig sein sollte; alle unsere Hunde kamen aus Tierheimen, den letzten haben wir aus Spanien einfliegen lassen, der war teuerer als ein reinrassiger Schäferhund und ich spende auch für den WWF. Die haben mir auch so schicke Dinger dafür geschickt, wo ich gar nicht so richtig weiß, was das eigentlich sein soll. Und der ganze Umstand der mich so nervt ist die Tatsache, dass es so banal ist. Einfach mal machen, weniger darüber reden, schon gar nicht über Dinge, die so besonders nun auch nicht sind, oder hat irgendjemand einen „Ich habe für die Tsunamiopfer gespendet!“ Pin? Den will ich dann auch.


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das klingt als wärst du mit mir letzte woche auf einem kommunikationsseminar gewesen... bei uns ist die typ. berufsituation auch in die hose gegangen.

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Kommt wohl öfter vor als man glaubt.

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